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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wieder die Führung übernommen und hielt eine möglichst gerade Richtung ein, während Hasseltime gewissenhaft jede Abzweigung, die sie passierten, mit einem Pfeil markierte, der zum Ausgang hinwies. Das Licht der Scheinwerfer brach sich an Kanten und Vorsprüngen, ließ Schatten über die Stollenwand tanzen und schien so unheimliches Leben zu erschaffen, wo keines war. Und der Lichtschein reichte nicht annähernd so weit, wie er sollte. Obwohl der schwarze Stein dort, wo ihn die Scheinwerferstrahlen direkt trafen, wie lackiert glänzte, schien er die Helligkeit auch weiterhin gleichsam aufzusaugen und dafür etwas Anderes, Düsteres auszuatmen.
    Blossom verlor schon bald jegliche Orientierung, nicht nur räumlich, sondern auch und vielleicht noch viel mehr in der Zeit. Er vermochte nicht mehr zu sagen, ob sie fünf Minuten oder fünf Stunden hier unten waren, ob sie hundert Schritte oder hundert Meilen zurückgelegt hatten. Zugleich wurde er immer nervöser. Er hatte gehofft, dass sich das Gefühl der Beklemmung legte, wenn sie erst einmal eine Weile hier unten waren und er sich an diese veränderte, fremdartige Umgebung gewöhnt hatte, aber das Gegenteil war der Fall – seine Nervosität wuchs stetig und er musste sich nicht einmal zu den Männern herumdrehen, um zu spüren, dass es ihnen ebenso erging. Mit Ausnahme von Hasseltime vielleicht.
    Plötzlich blieb er stehen. »Schauen Sie nur«, sagte er, hielt Hasseltime zugleich zurück und richtete den Strahl der Lampe gegen eine Wand. Sie war nicht glatt wie die, die ihren Weg bisher flankiert hatten, sondern ganz eindeutig von Menschenhand berührt und bearbeitet. Doch Blossom konnte beim besten Willen nicht sagen, was er da eigentlich sah. Symbole aus unheimlichen, ineinander verschlungenen Linien und Formen waren in die Lava hineingraviert. Blossom glaubte vage etwas wie ein grob dreieckiges Grundmuster zu erkennen, doch sobald er versuchte sich genauer auf das Bild zu konzentrieren, verschwammen die Linien vor seinen Augen, verschoben sich und schienen sich wie kleine lebende Wesen zu winden.
    Vielleicht lag es am Licht, überlegte Blossom. So, wie der unheimliche schwarze Stein das Licht weiter hinten aufzusaugen schien, mochte er es hier reflektieren, vielleicht auf eine Art und Weise, die einfach seine Augen narrte, sodass er Dinge sah, die gar nicht existierten.
    Aber das war nicht alles. Da war … noch etwas. Seine Hände begannen zu zittern. Das Bild war … unheimlich. Da waren Winkel, die es nicht geben durfte; Geraden, die sich kreuzten und auf unmögliche Art umeinander wanden. Formen, die der euklidischen Geometrie ins Gesicht spuckten und die nicht nur unangenehm, sondern geradezu schmerzhaft anzusehen waren. Ein heftiges Schwindelgefühl breitete sich hinter Blossoms Stirn aus, das nach einigen Sekunden zu einem rasenden Schmerz wurde. Er musste den Blick abwenden.
    »Unglaublich«, flüsterte der Erste Offizier. »Wer mag das gemacht haben?«
    »Ich … weiß es nicht.« Selbst das Sprechen fiel Blossom schwer. Er sah die Wand nicht mehr an. Er hatte fast Angst davor, es zu tun. Dieses Relief anzublicken, war wie in einen Abgrund zu stürzen, an dessen Grund der Wahnsinn oder Schlimmeres lauerte. »Und ich frage mich, ob ich es überhaupt noch herausfinden will«, fügte er sehr viel leiser hinzu.
    Hasseltime sah ihn erneut auf diese sehr sonderbare Art an, sagte aber auch jetzt nichts.
    Am Fuße der Wand lagen einige wie glasiert aussehende Gesteinsbrocken. Blossom bückte sich danach, hob einen flachen, knapp handtellergroßen Stein auf und betrachtete ihn. Ohne besondere Überraschung stellte er fest, dass in die schwarze Glasur die gleichen den Verstand verdrehenden Linien und Symbole eingraviert waren, wie in die Wand, und dass sie auch die gleiche Wirkung hatten: Sein Schädel begann beinahe augenblicklich zu schmerzen und ihm wurde wieder schwindelig.
    Hastig senkte er die Hand wieder, um den Stein fallen zu lassen, überlegte es sich aber dann anders und steckte ihn ein. Auch Hasseltime bückte sich nach einem der Brocken, betrachtete ihn einen Moment lang unschlüssig und steckte ihn dann ebenfalls ein. Sein Gesicht blieb dabei vollkommen unbewegt. Entweder, dachte Blossom, er hatte sich absolut perfekt in der Gewalt, oder er war gegen den unheimlichen Einfluss der Bilder immun. Er vermochte selbst nicht zu sagen, welche Erklärung ihm lieber gewesen wäre.
    Sie gingen weiter, bis sie schließlich eine große, vollkommen leere Kammer

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