Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London
Wiederaufbau meines Hauses länger dauern und viel teurer werden würde als veranschlagt, aber das …
Hinzu kam, dass es gerade erst zehn Uhr vormittags war, nach meiner eigenen Zeitrechnung also noch mitten in der Nacht, vor allem, da nach dem unbegreiflichen Erlebnis mit dem verwandelten Schrank für mich nicht mehr an Schlaf zu denken gewesen war. Erst in den frühen Morgenstunden war ich schließlich in einen leichten Schlummer gefallen, nur um nach nicht einmal drei Stunden schon wieder geweckt zu werden. Entsprechend gut war meine Laune. Wer sich für eine solche Zeit mit mir verabredete, musste entweder wirklich außergewöhnlich gute Nachrichten oder ziemlich viel Mut haben. Es gibt Menschen, die bezeichnen mich als Morgenmuffel, aber das ist eine glatte Verleumdung. Die Wahrheit ist, dass der Großteil der menschlichen Spezies einfach nicht begreifen will, dass der Mensch ein Nachtgeschöpf ist. Wären wir für das Leben im hellen Sonnenlicht geschaffen, wozu bitteschön hätte uns die Natur dann Augenlider gegeben?
Nun, was das Haus betraf, so war offensichtlich ganz und gar nichts gut. Entsprechend scharf musste wohl auch meine Frage geklungen haben, denn Storm zuckte zusammen und trat unwillkürlich einen Schritt zurück, bis er fast gegen Rowlf prallte, der sich mit verschränkten Armen hinter ihm aufgebaut hatte. Er würde eine ausgesprochen gute Ausrede parat haben müssen, um meinen Ärger zu besänftigen, doch danach sah es seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen nicht aus.
»Nun, ich … Sehen Sie, Mister Craven, es hat … Verzögerungen gegeben.« Er schluckte ein paar Mal, um seine Nervosität zu überspielen und blickte aus den Augenwinkeln immer wieder verstohlen in Rowlfs Richtung. Mein hünenhafter Begleiter hatte kein Wort gesagt, seit wir gemeinsam die Baustelle betreten hatten, aber allein sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Ich wusste ja, welche Wirkung Rowlfs bloßer Anblick auf manche Menschen hatte. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Im Moment genoss ich es, Storm angesichts eines Hünen schwitzen zu sehen, dessen rechter Oberarm mehr wog als der ganze Storm und der einen Gesichtsausdruck zur Schau trug, als wäre er der Erfinder der Zahnschmerzen.
»Solche Verzögerungen können immer auftreten, vor allem bei einem so ungewöhnlichen Bauvorhaben.«
»Und ich dachte, Sie und Ihre Firma wären auf ungewöhnliche Bauvorhaben spezialisiert«, sagte ich kühl. Immerhin war das eines der Argumente, mit denen mich Storm letzten Endes überzeugt hatte, meine Unterschrift unter das Auftragsformular zu setzen. Wie gesagt: offenbar in einem Augenblick totaler geistiger Umnachtung …
»Ja, sicher, selbstverständlich«, beeilte sich Storm zu versichern. Er lächelte auf seine unterwürfige, aalglatte Art, die ich am meisten an ihm verabscheute und wartete ganz offensichtlich darauf, dass ich irgendetwas zu seiner Entlastung sagte.
Ich tat ihm den Gefallen nicht. Storm war mir trotz Howards Empfehlung von Anfang an unsympathisch gewesen und ich hätte ihm den Auftrag mit Sicherheit nicht erteilt, wenn sein Angebot nicht so außergewöhnlich günstig gewesen wäre, dass mir im Grunde kaum eine andere Wahl blieb. Wenigstens konnte ich seine bei meinen bisherigen Besuchen stets unvermeidlichen Begleiter Lickus und Will nirgendwo entdecken. Wahrscheinlich wäre ich Amok gelaufen, wenn sie mir noch ein einziges Mal versichert hätten, dass sie nur mein Bestes wollten und alles ganz schnell ginge.
»Und?«
»Nun, sehen Sie, gewisse Verzögerungen lassen sich nun einmal nicht immer voraussehen«, behauptete Storm. »In Anbetracht der Umstände kommen wir sogar ganz gut voran, muss ich sagen.«
»Verzögerungen«, wiederholte ich gedehnt. »Das Haus hätte bereits vor einem Monat fertig sein sollen, wie Sie im Vertrag zugesichert haben. Ich habe Ihnen weitere zwei Wochen zugestanden, aber ich habe nicht den Eindruck, dass Ihre Leute seither merklich weitergekommen wären. Auch meine Geduld hat Grenzen. Wenn Sie nicht genügend Männer haben, um ein Bauvorhaben dieser Größe termingerecht zu vollenden, dann hätten Sie sich das vorher überlegen sollen.«
»Daran liegt es ganz bestimmt nicht«, versicherte Storm hastig. »Aber die Unterlagen und Konstruktionspläne, die Ihr Bruder hinterlassen hat, waren teilweise sehr vage und unvollständig. Wir mussten improvisieren. Ich habe Ihnen die Skizzen ja gezeigt und Sie waren mit den vorgeschlagenen Änderungen einverstanden.«
Ich schluckte
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