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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die zornige Antwort, die mir auf den Lippen lag, im letzten Moment herunter. Ich hatte mich noch immer nicht daran gewöhnt, als mein eigener Zwillingsbruder aufzutreten, obwohl ich im Laufe des letzten halben Jahres nun wirklich genug mitgemacht hatte, um diese Identität anzunehmen. Bereits vorher hatte ich gewusst, dass britische Behörden stur und äußerst bürokratisch sein konnten, aber zu welcher Sturheit und welcher Bürokratie sie wirklich imstande waren, hatte ich erst in den vergangenen Monaten erfahren. Allein für die Unmengen von Formularen und eidesstattlichen Versicherungen, die ich unterzeichnet hatte, war vermutlich eigens ein Baum gefällt worden. Außerdem hatte ich schätzungsweise eine Million dummer Fragen beantworten müssen, die meisten davon mindestens ein Dutzend Mal und viele so dämlich, dass mir schließlich der Kragen geplatzt war – auch wenn ich mittlerweile bezweifelte, ob es wirklich so geschickt gewesen war, den verantwortlichen Beamten zu fragen, ob Dummheit Voraussetzung für seine Einstellung gewesen wäre. Die Antwort war ein Schwall weiterer Fragen sowie mehrere Wagenladungen zusätzlicher Formulare, die ich in den folgenden Wochen ebenfalls auszufüllen hatte.
    Inzwischen jedoch lag das alles weit hinter mir. Vor allem, nachdem mein Anwalt Dr. Gray vor knapp einem Monat von einer längeren Reise zurückgekehrt war und alles in die Hand genommen hatte, war das Verfahren relativ schnell zum Abschluss gekommen. Wie ich von Howard erfahren hatte, war die Reise in Wahrheit eine Zeitreise um die Kleinigkeit von mehreren hundert Millionen Jahren in die Zukunft gewesen, von der Gray durch einen Fehler der Zeitmaschine ins Jahr achtzehnhundertdreiundneunzig zurückgekehrt war – glücklicherweise nur vier und nicht, wie von Howard ursprünglich geglaubt, zehn Monate später, als er aufgebrochen war.
    Wichtig aber war vor allem, dass ich jetzt ganz offiziell als Robert Craven der Zweite anerkannt wurde, mein eigener Zwillingsbruder. Die geringfügigen Änderungen, die Viktor bei der Rekonstruktion meines verbrannten Gesichts hatte vornehmen müssen, erwiesen sich nun als Vorteil. Niemand kam auf den Gedanken, in mir den gleichen Robert Craven zu sehen, um den sich zahlreiche seltsame Geschichten rankten und der in mehrere niemals vollständig aufgeklärte Mordfälle verwickelt gewesen war.
    »Und?«, fragte ich noch einmal und ließ meinen Blick dabei zur Straße wandern. Wo zum Teufel blieb Howard? Er war bereits seit fast einer halben Stunde überfällig. Gab es denn überhaupt niemanden mehr, der sich altmodischen Tugenden wie der Pünktlichkeit verpflichtet fühlte? »Wir waren uns einig, dass die meisten dieser Änderungen Ihren Männern die Arbeit sogar erleichtern würden. Also führen Sie diese jetzt nicht als Entschuldigung für Ihre Schlamperei an.«
    Storms Augen wurden groß. »Schlamperei?«, vergewisserte er sich.
    »Schlamperei«, bestätigte ich, wobei ich das Wort so genüsslich auf der Zunge zergehen ließ, dass Storm noch um einige Grade blasser wurde. »Ich will jetzt keine Entschuldigung mehr hören.«
    »Es geht nicht um Entschuldigungen«, entgegnete Storm. Er versuchte energisch zu klingen oder wenigstens gebührend beleidigt, aber es gelang ihm nicht. »Es ist nur … Ich fürchte, es hat wenig Sinn, wenn ich es Ihnen zu erklären versuche. Am besten sehen Sie es sich selbst an.«
    Das Klappern von Pferdehufen und das Geräusch von Rädern war zu hören, dann hielt eine Kutsche vor dem Grundstück. Howard stieg aus dem Wagenschlag und eilte auf mich zu. Die unvermeidliche Zigarre qualmte in seinem Mundwinkel.
    »Tut mir Leid – ich wurde aufgehalten«, erklärte er, nickte Storm flüchtig zu und runzelte dann die Stirn, während er seinen Blick über die Baustelle wandern ließ. »Wie es aussieht, bin ich aber wohl nicht der Einzige, der sich verspätet.« Ein flüchtiges Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Wann wolltest du doch gleich einziehen? Vor zwei Wochen?«
    Ich enthielt mich einer Antwort, spießte Storm aber regelrecht mit Blicken auf, der es allerdings vorzog, dem unliebsamen Thema auszuweichen, indem er zu einer Gruppe von Bauarbeitern hinübereilte und ihnen irgendwelche völlig blödsinnigen Anweisungen zurief. Ich starrte Howard verärgert an. »Hauptsache, du hast deinen Humor nicht verloren.«
    Howard antwortete nicht laut, grinste aber wie ein Schuljunge und spie eine übel riechende Qualmwolke in meine Richtung. Nein, er hatte seinen

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