Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
als eine Stunde nachdem wir Blossom verlassen hatten, näherten wir uns endlich der Polizeisperre, die den zusammengebrochenen Hansom-Komplex noch immer abschirmte. Howard hatte sich geirrt: Nach Meilen gerechnet mochte der Abstecher hierher keinen großen Umweg bedeuten, zeitlich aber sehr wohl. Schon seit einer geraumen Weile waren wir immer langsamer geworden; jetzt bewegte die Kutsche sich nur mehr im Schritttempo voran, sodass wir wahrscheinlich schneller gewesen wären, wenn wir ausgestiegen und das letzte Stück zu Fuß gegangen wären.
    Was dagegen sprach, war der Umstand, dass die Straße, selbst hier, noch mehr als einen halben Block von dem zusammengestürzten Haus entfernt, bereits hoffnungslos verstopft war. Die Menschenmenge war seit dem vergangenen Tag kein bisschen kleiner geworden, sondern schien mir eher noch gewachsen zu sein. Offenbar waren nun auch von weiter her Gaffer angereist, sodass wir vermutlich hoffnungslos stecken geblieben wären, wären wir tatsächlich zu Fuß gegangen. Der zweispännigen Droschke, deren Zugtiere äußerst nervös auf die Menschenmenge und vor allem die gereizte Stimmung reagierten, die von ihr Besitz ergriffen hatte, wichen die Gaffer – wenn auch widerwillig – aus. Howard und mich hätte die Menge wahrscheinlich einfach verschluckt.
    Wie Howard gesagt hatte, waren wir zunächst zur Pension WESTMINSTER gefahren und mittlerweile wusste ich, was er unbedingt hatte holen wollen, auch wenn ich gerne darauf verzichtet hätte. Voller Abscheu ließ ich meinen Blick immer wieder zu dem Tuch gleiten, in das das Glas mit den Würmern gehüllt war, die wir aus den Stollen unter Andara-House mitgebracht hatten. Viktors Untersuchung an ihnen hatte keine Ergebnisse gebracht, aber er hatte eindeutig mit ihnen experimentiert und die Art dieser Experimente beunruhigte mich noch zusätzlich, denn es befanden sich nun fast doppelt so viele Würmer in dem Glas, wie am gestrigen Abend.
    Als ich das nächste Mal aus dem Fenster blickte, stellte ich fest, dass wir die Absperrung beinahe erreicht hatten. Nachdem ich Howard mit einer Kopfbewegung darauf aufmerksam gemacht hatte, ergriff er das Glas vorsichtig, verbarg es unter seinem Mantel und blickte ebenfalls aus dem Fenster.
    Die Kutsche hielt an und wir stiegen aus und drängelten und schoben uns das letzte Stück des Weges ziemlich rücksichtslos durch die Menge. Ich versuchte dabei, mich schützend vor Howard zu halten. Unvorstellbar, wenn das Glas unter seinem Mantel zerbrochen wäre und die Würmer frei kämen!
    Endlich hatten wir die Polizeisperre erreicht und ich setzte zu einer umständlichen Erklärung an, wurde aber zu meinem eigenen Erstaunen sofort durchgelassen. Erst dann erkannte ich den Bobby, dem ich schon gestern begegnet war. Er hatte sich mein Gesicht offensichtlich besser gemerkt als ich mir das seine.
    »Mister Craven«, begann er. »Wo bleiben Sie denn nur? Inspektor Cohen wartet schon seit fast zwei Stunden auf Sie.«
    »Wir wurden … aufgehalten«, antwortete ich ausweichend. Die Worte des Polizisten erschreckten mich. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass Cohen mich sehen wollte, doch wenn er nach mir geschickt hatte, konnte das nur bedeuten, dass erneut etwas passiert war.
    »Wo ist er?«
    »Wieder unten.« Der Polizeibeamte machte eine entsprechende Handbewegung und verzog das Gesicht. »Was gibt es in diesem Loch eigentlich zu sehen?«
    »Wieso?«, fragte ich, wohlweislich ohne auf seine Frage zu antworten.
    »Weil alle ganz aus dem Häuschen sind. Seit einer Stunde kommen ununterbrochen irgendwelche Leute und klettern nach unten. Aber keiner kommt wieder raus. Das ist ja fast, als hätten sie da unten das achte Weltwunder entdeckt.«
    »Ich … habe keine Ahnung«, sagte ich – was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Ich hatte eine Ahnung. Eine ganze Menge Ahnungen sogar. Aber keine davon war besonders angenehm. So beließ ich es dabei, einen besorgten Blick mit Howard zu tauschen, und beeilte mich, hinter dem diensteifrigen Bobby die Leiter hinabzuklettern, die in das unterirdische Labyrinth unter dem Hansom-Haus hinabführte.
    Zumindest der erste Eindruck, der sich uns bot, bestätigte die Behauptung des Polizisten. Im Vergleich zu gestern wimmelte es jetzt geradezu von Menschen. Überall brannten Fackeln oder hastig herbeigeschaffte Karbid- und Petroleumlampen und wir wurden trotz unserer uniformierten Begleitung zwei oder drei Mal aufgehalten und barsch gefragt, was wir hier unten zu suchen hätten.

Weitere Kostenlose Bücher