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Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume

Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume

Titel: Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gegangen, und das in weitaus stärkerem und bizarrerem Maße, als ich bislang geglaubt hatte.
    Ich war nicht allein!
    Mein Körper beherbergte noch ein zweites, mir gänzlich fremdes Bewusstsein!
    Ich kam nicht mehr dazu, weiter über diese Entdeckung nachzudenken. Die nächsten Minuten waren ein einziger, nicht enden wollender Albtraum. Wie aus weiter Ferne hörte ich, wie sich die Tiefen Wesen in einer mir fremden, hauptsächlich aus disharmonischen Kehllauten und einem schrecklichen Blubbern bestehenden Sprache miteinander unterhielten, dann streckte eines von ihnen seine Hand aus, presste sie auf mein Gesicht und gleich darauf …
    Schmerz.
    Feuer.
    Ein stählerner Besen fegte durch meinen Geist, eine unsichtbare Pranke griff nach meinem magischen Erbe. Es war kein vorsichtiges Tasten oder Sondieren, sondern ein unbarmherziges Zupacken, eine grauenvolle Vergewaltigung auf geistiger Ebene, der gegenüber selbst Joshua noch behutsam vorgegangen war. Hilflos war ich dem Angriff ausgeliefert, hatte nicht die geringste Chance, mich zu wehren.
    Der Schmerz wurde übermächtig. Das Letzte, was ich wahrnahm, war das plötzlich in meinem Geist auftauchende Bild eines entsetzlich vertrauten, mit sinnverwirrenden Linien bedeckten Felsreliefs, dann verschlang mich erneut eine gnädige Dunkelheit.
     
    »Toood«, murmelte Clarissa. Sie sprach das Wort lang gezogen und gedehnt aus; es klang, als ob ihre Stimme um ein Mehrfaches verlangsamt wäre.
    Jennifer Garnett zuckte zusammen. Sie ließ den Mörser sinken, in dem sie getrocknete Kräuter zerstampfte, und blickte zu ihrer Tochter hinüber. Clarissa saß in unnatürlich verkrampfter Haltung über den Tisch gebeugt, auf dessen Platte sie eine Hand voll Vogelknochen ausgebreitet hatte. Ihr Gesicht war ausdruckslos, ihre Augen weit geöffnet und schienen ins Leere zu starren.
    »Was?«
    »Tod«, murmelte Clarissa noch einmal. »Sie kommen. Die Finsternis kommt und sie bringt den Tod.«
    Sie begann zu zittern. Schweiß perlte auf ihrer Stirn und ihre Finger hielten die Kante des Tisches so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
    Hastig stellte Jennifer den Mörser zur Seite, trat auf ihre Tochter zu und schlang die Arme um sie.
    »Ganz ruhig, mein Kind«, sagte sie beruhigend und presste sie an sich, doch Clarissa schien es nicht einmal wahrzunehmen. Ihr Zittern verstärkte sich noch. Sie war in Trance versunken.
    Solche Anfälle waren nichts Neues für Jennifer. Es gab eine Menge Leute in Gorlwingham, die sie und ihre Tochter hinter vorgehaltener Hand als Hexen bezeichneten und sie deshalb mieden, aber während sie selbst sich nur auf die Kräuterkunde verstand und einige Kenntnisse im Handlesen, der Deutung des Vogelfluges und dergleichen mehr besaß, verfügte Clarissa über ein echtes mediales Talent, das sich schon in früher Kindheit offenbart hatte. Mittlerweile war sie zu einer jungen Frau herangewachsen und ihre Fähigkeiten hatten sich noch verstärkt, wenn es ihr auch nie gelungen war, sie zu kontrollieren und gezielt einzusetzen. In begrenztem Maße vermochte sie einige Aspekte der Zukunft mit Hilfsmitteln wie Karten, Knochen oder dem Lesen aus dem Kaffeesatz zu deuten, doch wenn sie wirkliche Visionen empfing, überfielen diese sie meist warnungslos und krampfartig.
    So wie jetzt.
    Jennifer schauderte. Die Worte ihrer Tochter jagten ihr kalte Schauer über den Rücken. »Was meinst du, mein Kind?«, drängte sie und strich ihr über das lange, dunkle Haar. »Wovon sprichst du?«
    »Die Finsternis«, stieß Clarissa hervor. »Ich sehe sie vor mir. Die Mauern der Zeit sind niedergerissen. Die Finsternis wurde befreit und streift über das Land. Jene in der Tiefe suchen nach mir. Die Finsternis wird kommen und mich verschlingen. Sie ist schon ganz nah.«
    Ihr Körper verfiel in unkontrollierte Krämpfe. Dann, von einer Sekunde auf die andere, war es vorbei. Die Zuckungen hörten auf und Clarissa erschlaffte. Sie hatte das Bewusstsein verloren.
    Voller Schrecken hielt Jennifer ihre ohnmächtige Tochter weiterhin an sich gepresst. Die Visionen, die Clarissa empfing, waren selten klar und eindeutig, ließen sich auf verschiedene Arten auslegen, doch die unheilvollen Worte, die sie gerade ausgesprochen hatte, ließen kaum mehr als eine einzige schreckliche Deutung zu.
    Und Clarissa hatte sich noch nie geirrt.
     
    Der Schmerz überdauerte meine Ohnmacht und begleitete mich auch während des Erwachens, wuchs sogar zu noch schlimmerer Agonie an. Stöhnend

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