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Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume

Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume

Titel: Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vielen Jahren, schon seit sie David geheiratet hatte, lebte sie in Furcht vor diesem Tag. Jeden Morgen, wenn er aufbrach, hatte sie dafür gebetet, dass er unbeschadet zurückkehren würde. Wie die meisten anderen Familien in Gorlwingham lebten sie vom Meer, aber trotzdem hasste sie es zugleich auch. Die See war ein Monster, das sich weder durch Gebete noch durch Flüche beeindrucken ließ, und wie alle Ungeheuer war sie unberechenbar. Manchmal zeigte sie sich über Jahre hinweg gnädig, aber irgendwann schlug sie wieder zu und forderte ihren Blutzoll.
    Aber Stunden nach dem Unwetter, als Mary bereits sämtliche Hoffnung verloren hatte, waren David und Jack im Gegensatz zur Besatzung eines anderen vermissten Bootes zurückgekehrt und hatten berichtet, dass sie sich nach dem Kentern ihres Schiffes in eine der Höhlen in den Klippen hatten flüchten können. Marys anfangs unbändige Freude über diese Rettung war jedoch schnell wieder verflogen und während sie zuvor Angst um ihren Mann gehabt hatte, so fürchtete sie sich jetzt vor ihm.
    David hatte sich verändert. Irgendetwas war während des Unwetters mit ihm geschehen und es waren nicht der Schock und die Erfahrung, dem Tod so nah wie niemals zuvor ins Gesicht geblickt zu haben, wie sie zunächst vermutet hatte.
    Wie die meisten Menschen, die hier lebten, war auch David von dem rauen Klima dieses Küstenstriches und dem täglichen Kampf mit den Elementen geprägt. Selbst ihr gegenüber war er oftmals verschlossen und wortkarg, hatte Schwierigkeiten damit, ihr seine Gefühle zu zeigen. Das änderte jedoch nichts daran, dass sich unter seiner harten Schale eine herzensgute Seele verbarg.
    Nun jedoch …
    Mary hatte das Gefühl, neben einem Fremden zu gehen, als sie Seite an Seite mit ihm durch die engen Straßen des Fischerdorfes schritt. Es war eine Veränderung, die sie nicht beschreiben, dafür aber umso deutlicher spüren konnte. Er hatte versucht, trotz des schrecklichen Erlebnisses so normal wie möglich zu wirken, aber es war ihm nicht gelungen. Auf eine bizarre, beunruhigende Art hatte sie das Gefühl, es mit jemandem zu tun zu haben, der aussah wie der David Conelly, den sie kannte, und sich mit aller Kraft bemühte, sich so wie dieser zu verhalten, es aber nicht war. Die Vertrautheit, die nach Jahren des Zusammenlebens zwischen ihnen herrschte, war verschwunden.
    Sie hatte David in den vergangenen Stunden aufmerksam beobachtet. Die kleinen, meist unbewussten Gesten, die er beim Reden, beim Essen und sonstigen Tätigkeiten ausübte, fehlten plötzlich bei ihm. Er machte keine Bewegung zu viel, fast als wäre er eine Maschine. Gleiches galt für seine Art zu reden. Wenn sie ihn angesprochen hatte, hatte er geantwortet; klar und präzise, ohne einen Fluch dazwischen (wofür sie unter anderen Umständen äußerst dankbar gewesen wäre), ohne eine Floskel oder irgendeine Art von Gefühl.
    Er wirkte kalt, beinahe seelenlos, und das ängstigte sie. Es war fast, als hätte er seine Rettung mit dem Verlust eines Teils seiner Menschlichkeit bezahlen müssen.
    Das Einzige, woran er immerhin etwas Interesse gezeigt hatte, war der Gottesdienst an diesem Abend, und auch das war merkwürdig. David war nie ein besonders gläubiger Mensch gewesen, wenn überhaupt, dann besuchte er die Heilige Messe nur an wenigen Feiertagen im Jahr – und bei Anlässen wie diesem. Immer, wenn die See wieder einmal ihre Opfer gefordert hatte, war es Tradition, dass die Einwohner Gorlwinghams an der Messe teilnahmen, die ihnen zu Ehren gelesen wurde, um für die Verstorbenen zu beten, den Angehörigen Trost zu spenden und für ihre eigene Rettung zu danken. Und wenn es jemanden gab, der mehr als alle anderen Grund für solchen Dank hatte, dann waren es an diesem Tag wohl Jack Crampton und David.
    Mary und er waren ziemlich früh dran und als sie die Kirche erreichten, hatten sich erst wenige Menschen dort eingefunden, was sich während der nächsten Minuten jedoch änderte. Schon bald waren alle Plätze in dem kleinen Gotteshaus besetzt, einige der Trauergäste mussten sogar stehen bleiben, dabei waren längst nicht alle Einwohner erschienen. Vor allem viele Frauen waren zu Hause geblieben, weil sie ihre Kinder oder kranke Familienangehörige nicht allein lassen wollten.
    Schließlich wurde das Eingangsportal geschlossen. Orgelmusik erklang und der greise Pater McKinley trat aus der kleinen Tür zur Sakristei heraus hinter den Altar.
    Im gleichen Moment stand David auf. Mary war so

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