Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume
gleichzeitig mit magischen Fingern vorsichtig weiter vortastete.
Es war anders als alles, was ich bisher erlebt hatte. Trotz seiner schrecklichen Taten war Joshua immer noch ein Kind und sein Bewusstsein funktionierte anders als das eines Erwachsenen, irgendwie intensiver. Ich spürte -
- Chaos.
Von einem Moment auf den anderen wurde ich von einem Sog erfasst und in einen Mahlstrom aus unglaublich grellen, wild durcheinander wirbelnden Empfindungen, Bildern, Farben und Erinnerungen gerissen. Joshuas Zustand war noch weitaus schlimmer, als ich geglaubt hatte. Ich spürte den Irrsinn, der bereits von Teilen seines Verstandes Besitz ergriffen hatte und auch mich zu verschlingen drohte, und stemmte mich mit aller Kraft dagegen.
Es war schwer, unglaublich schwer, mich gegen den wirbelnden Wahnsinn aus Bildern voller Schrecken und Gefühlen, die hauptsächlich von Verzweiflung, Enttäuschung und Verwirrung geprägt waren, zu behaupten, aber irgendwie gelang es mir, den in der Seele des Jungen tobenden Taifun wenigstens ein bisschen zu beruhigen.
Und ich hatte Erfolg.
Als ich mich aus seinem Geist zurückzog, stieß Joshua einen gellenden Schrei aus und schlug die Augen auf. Entsetzen und Panik spiegelten sich darin, aber wenigstens war die gähnende Leere aus seinem Blick verschwunden. Er bäumte sich auf, aber die Fesseln hielten ihn auf seinem Stuhl und in diesem Moment war ich Howard und Rowlf sogar dankbar für ihre Vorsicht.
»Ich töte euch!«, kreischte Joshua mit überschnappender Stimme. »Ihr Verräter, ihr habt alles zerstört. Ich bringe euch um, ich zertrete euch wie …«
Seine weiteren Worte gingen in ein ersticktes Schluchzen über. In den Schrecken auf seinem Gesicht mischte sich Verzweiflung, aber wenigstens war sein Blick nun völlig klar. »Sie … sie haben mich betrogen«, stammelte er. »Sie wollten mich sogar umbringen, dabei war ich es, der sie befreit hat.« Tränen der Wut und Enttäuschung traten in seine Augen und er zerrte wild an seinen Fesseln. »Aber dafür werden sie büßen, das schwöre -«
»Joshua!«, fiel ich ihm in Wort. »Hör mir zu, Joshua. Du willst, dass sie für ihren Verrat büßen, das verstehe ich. Auch wir wollen sie aufhalten. Wir sind keine Feinde, sondern stehen auf derselben Seite. Begreifst du das?«
Einige Sekunden lang starrte er mich noch hasserfüllt an, dann senkte er den Blick.
»Ich … ich weiß nicht mehr, was ich noch denken soll«, murmelte er. »Ich weiß überhaupt nichts mehr. Lass mich doch einfach in Ruhe, Vater.«
»Das kann ich nicht«, widersprach ich und holte tief Luft. Es war das erste Mal, dass Joshua mich ohne jeden Hohn Vater genannt hatte, auch wenn es ihm vermutlich selbst nicht einmal bewusst war. Vielleicht konnte ich darauf aufbauen. »Seit ich dich zum ersten Mal traf, haben wir auf verschiedenen Seiten gestanden, aber jetzt geht es nicht um die Vergangenheit. Wir müssen die Thul Saduun aufhalten oder wir sind alle verloren. Du weißt inzwischen, dass du von ihnen ebenfalls keine Gnade zu erwarten hast, aber gemeinsam gelingt es uns vielleicht, sie zu besiegen.«
»Das ist unmöglich!«, widersprach Joshua impulsiv. »Sie sind Götter! Sie haben sogar den GROSSEN ALTEN getrotzt. Was sollen wir dann gegen sie ausrichten?«
»Wir haben einen Vorteil auf unserer Seite«, mischte sich Howard ein. »Die Welt ist heute eine völlig andere, als die Thul Saduun sie kennen. Außerdem sind sie extrem geschwächt und dadurch verwundbar.«
»Aber dieser Vorteil schwindet mit jeder Minute, die wir nichts unternehmen«, ergänzte ich. »Und wir haben nur dann eine kleine Chance, wenn wir gemeinsam gegen sie vorgehen.«
Zweifelnd ließ Joshua seinen Blick zwischen mir und Howard hin und her wandern. »Es … wäre möglich«, sagte er schließlich zögernd. »Ich weiß viel über die Thul Saduun, wahrscheinlich mehr, als sie ahnen. Sie können in dieser Welt nicht ohne weiteres existieren, zumindest nicht in ihrem geschwächten Zustand. Sie hassen das Licht der Sonne und ihr Element ist das Feuer. Deshalb werden sie versuchen, so schnell wie möglich eine Schattenwerkstatt zu errichten, nachdem der Versuch mit der THUNDERCHILD gescheitert ist. Doch dazu benötigen sie …«
»Was?«, hakte ich aufgeregt nach, als er nicht weitersprach.
»Woher weiß ich, dass ich euch trauen kann?«, fragte er und musterte mich misstrauisch. »Jeder, dem ich bislang geholfen habe, hat mich verraten. Woher soll ich wissen, dass ihr euch nicht auch
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