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Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume

Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume

Titel: Hexer-Edition 24: Das Haus der bösen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Anscheinend handelte es sich um einen reinen Zufall oder einen Streich meines Unterbewusstseins. Es gab Wichtigeres, um das ich mich jetzt kümmern musste.
    »Gehen wir«, sagte ich und streifte meinen Hausrock über. »Ich muss mit Joshua sprechen. Vielleicht besitzt er Informationen, die uns weiterhelfen können.«
    Howard musterte mich noch einen Moment skeptisch, aber ich beachtete ihn nicht weiter, sondern wandte mich um und ging mit vorsichtigen Schritten zur Tür, sodass ihm nichts anderes übrig blieb, als mir zu folgen.
    Von Rowlf bewacht befand Joshua sich direkt im Nebenzimmer, einem völlig kahlen Raum bis auf einen aus meinem Zimmer herübergeschafften Stuhl, auf dem Joshua saß und an den er an Händen und Füßen gefesselt war, wie ich ärgerlich bemerkte. Der für sein Alter viel zu alt und erwachsen aussehende Junge vor mir war für zahllose Tote verantwortlich, angefangen von den Männern der HMS THUNDERCHILD, die in dem unterirdischen Labyrinth ums Leben gekommen waren, bis hin zu den von ihm zu willenlosen Marionetten gemachten Bauarbeitern, von denen nur noch Brandflecke auf dem Boden der Bibliothek kündeten. Er hatte die Thul Saduun befreit und dadurch womöglich noch unendlich größeres Leid über die Menschheit gebracht, und er hatte versucht mich zu töten, aber dennoch gelang es mir nicht, ihn zu hassen. Es lag nicht allein daran, dass er trotz allem mein Sohn war und das Kind, für das Shadow ihr unsterbliches Leben geopfert hatte, sondern weil auch er selbst nur ein Opfer war. Von Kindheit an hatte er unter dem Bann der GROSSEN ALTEN gestanden, anschließend unter dem der Thul Saduun; Zeit seines Lebens war er nur ein Spielball dämonischer Mächte gewesen. Er hatte sich gar nicht anders als zu dem Monster entwickeln können, das Howard und Rowlf vermutlich in ihm sahen.
    »Was soll der Unsinn?«, fragte ich unwillig. »Warum habt ihr ihn gefesselt?«
    »Zum Beispiel deshalb, damit er nicht noch mal versucht uns umzubringen«, antwortete Howard scharf. »Robert, ich weiß, er ist dein Sohn, aber vergiss nicht, was er -«
    »Ich weiß selbst, was er getan hat«, fiel ich ihm nicht minder scharf ins Wort. »Aber vergiss du nicht, dass er mindestens ebenso große Kräfte besitzt wie ich. Glaubst du wirklich, diese Fesseln könnten ihn aufhalten, wenn er euch etwas antun wollte?« Ich musterte Joshua genauer. Er hatte in keiner Weise auf mein Eintreten reagiert. Seine Gesichtszüge waren schlaff, sein Blick scheinbar in weite Ferne gerichtet. Auch als ich auf ihn zutrat und mehrmals direkt vor seinem Gesicht mit den Fingern schnipste, blinzelte er nicht einmal. Die Erkenntnis, nun auch von den Thul Saduun ebenso wie zuvor von den GROSSEN ALTEN verraten worden zu sein, hatte ihm einen schweren Schock versetzt; ihn wie Dr. Gray gesagt hatte, in einen katatonischen Zustand geschleudert, in dem er sich völlig von seiner Umwelt abgekapselt hatte.
    »Ich weiß, im Moment macht er keinen gefährlichen Eindruck«, sagte Howard. »Aber das kann sich schnell ändern, und vielleicht nutzen die Fesseln doch etwas. Ist dir aufgefallen, dass er stets Gesten benutzt, um seine Kräfte einzusetzen? Vielleicht ist es nur eine kleine Konzentrationshilfe, vielleicht aber hat er gelernt, seine Magie nur auf diese Weise zu kontrollieren.«
    »Ich glaube nicht, dass er noch eine Gefahr für uns darstellt«, entgegnete ich. »Er hat alles verloren. Die Thul Saduun kennen keine Dankbarkeit; sie haben ihn missbraucht und dann genauso wie uns zu töten versucht – und sie werden es nachholen, sobald sie mächtig genug dafür sind. Seine einzige Chance ist, mit uns zusammenzuarbeiten. Mit seinem Wissen könnte er eine unschätzbare Hilfe sein, aber dafür muss er erst einmal wieder zu Sinnen kommen.«
    »Was hast du vor?«, keuchte Howard erschrocken, als ich direkt vor Joshua in die Hocke ging und die Hände nach ihm ausstreckte.
    Ich antwortete nicht, sondern berührte sanft Joshuas Gesicht, wobei ich mit den Daumen seine Augenlider schloss und mit Zeige- und Mittelfinger sanften Druck auf seine Schläfen ausübte.
    Ich hasste es, in den Geist eines anderen Menschen einzudringen. Selbst wenn es in bester Absicht geschah, hatte es etwas von einer Vergewaltigung, aber mir blieb keine andere Wahl. Es konnte Tage oder gar Wochen dauern, vielleicht sogar Jahre, bis Joshua seinen Schock aus eigener Kraft überwand, und diese Zeit blieb uns nicht. Ich sandte beruhigende Impulse in seinen Geist, während ich mich

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