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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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lebhaften Augen. Jetzt sitzt er an einem Konferenztisch in den Räumen, die id Software gerade neu bezogen hat, hoch oben in einem Bürohaus in Richardson, einem Vorort von Dallas. Hinter ihm kann man meilenweit über die Stadt schauen, den Blick schweifen lassen bis zum Horizont. Carmack interessiert sich nicht für die Aussicht. Er wirkt konzentriert, denkt nach, bevor er spricht, und antwortet dann gleichzeitig ausschweifend und präzise. Er ist ironisch, charmant und hat eine leicht irritierende Art, hinter jeden Satz ein roboterhaftes »Mmh« zu setzen, wie ein Schlusspunkt am Ende des Satzes. Gerade eben hat er gemeinsam mit Tim Willits, dem kreativen Kopf von id Software, eine große Papptafel betrachtet. Darauf sind Disketten aufgeklebt, organisiert in einer Art Ahnentafel. Disketten der ersten Spiele von Carmack, teilweise noch aus der Zeit vor der Gründung von id Software, mehr als zwanzig Jahre alt. Während Willits den Kopf schüttelt, weil einige dieser Spiele die letzten Exemplare sind und man sie niemals unversehrt von der Pappe lösen können
wird, sie also unwiederbringlich verloren sind, zuckt Carmack nur mit den Schultern. »Mich interessiert das nächste Problem, mich auf etwas zu stürzen und eine Lösung zu finden.« Was vorbei ist, ist vorbei.
    John Carmack wird am 20. August 1970 in Shawnee Mission in Kansas geboren, einer Vorstadt von Kansas City, wo er auch aufwächst. Seine prägendste Erfahrung, so wird er später sagen, ist ein einjähriger Jugendarrest. Er hatte anderen Jugendlichen geholfen, einen Apple-II-Computer aus einer Schule zu stehlen, wurde dabei gestellt und von einem Psychologen als Wiederholungstäter eingestuft. Wie es sich für einen jugendlichen Tüftler gehört, hatte er zuvor einen ausgefeilten Plan entwickelt: Er benutzt eine Chemikalie, um ein Fenster zu entfernen und so keinen Alarm auszulösen. Dumm nur, dass seine Mittäter nicht so schlau sind und aus Bequemlichkeit eine Tür öffnen … Carmack verkriecht sich in Büchern und Computern, lernt zu programmieren und entdeckt vor allem die Welt der Videospiele. Er beginnt, Spiele zu programmieren, bringt sich selbst bei, wie sie funktionieren. Mit dem Selbstvertrauen eines Jugendlichen ausgestattet, schreibt er Zeitungen an, verschickt seine Programme. Und hat Erfolg. Immer wieder wollen Zeitungen seinen Programmcode drucken oder auf Diskette beilegen. Erstmals verdient Carmack mit seinem Hobby Geld. Das ist zumindest die Sichtweise seiner Eltern. Für ihn ist längst klar, dass Programmieren seine Berufung ist, am liebsten allein, am liebsten so, dass er sich seine Zeit selbst einteilen kann, am liebsten umgeben von Diet Coke und Pizza. Ein praktisches Essen: »Warm und mit vielen verschiedenen Zutaten.« Alles, was man braucht, um zu überleben. Carmack wohnt immer noch in der Nähe von Kansas City – bis er einen Anruf aus Shreveport in Louisiana bekommt, sich ins Auto setzt und John Romero trifft.

    John Romero
    John Romero ist drei Jahre älter als Carmack, hat lange dunkle Haare wie ein Rockstar und ist schon länger als Programmierer tätig. Aus Kalifornien, wo er geboren wurde und aufgewachsen ist, hat er sich an die Ostküste ins kalte New Hampshire locken lassen, um dort zunächst beim Rollenspiel-Studio Origin zu arbeiten. Danach zieht es ihn gemeinsam mit einem anderen Origin-Mitarbeiter in ein neu gegründetes Studio, das bald wieder dichtmacht. Jetzt geht er in den Süden, nach Shreveport in Louisiana, und fängt bei einer Zeitschrift namens Gamer’s Edge an. Romero ist verheiratet, hat ein Kind und ist hin- und hergerissen zwischen Berufung und Familie. Die Berufung siegt. Auch weil die Arbeitsbelastung
hoch ist: Er muss ein Spiel pro Monat entwerfen und programmieren, und das fast im Alleingang. Anfang der Neunzigerjahre ist so etwas noch möglich. Die Welten sind zweidimensional, man hüpft durch Labyrinthe, löst Rätsel, um sich durch absurde Geschichten zu kämpfen, oder schießt mit einem Raumschiff Außerirdische ab. Nach dem großen Videospielecrash von 1983 befindet sich die Industrie wieder auf dem aufsteigenden Ast. Es gibt viel Platz für neue Entwickler, für neue Ideen, mit den ersten Heimcomputern entsteht bald ein neuer Absatzmarkt, der versorgt werden will. Doch für die Programmierung von PCs braucht man Tricks, denn sie sind lange nicht so schnell wie Spielkonsolen. Vieles, was man dort machen kann, klappt hier nicht. Eines aber ist klar: Je günstiger und leistungsfähiger die

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