Heyne Galaxy 05
gereinigt und frisch gebügelt. So schnell er konnte, entledigte er sich des Schlafanzuges und schlüpfte in seine Hose. Das Hemd fand er in einer Schublade, ebenso Strümpfe und Schuhe. Ihm blieb nicht mehr die Zeit, sie ordentlich zu verschnüren.
Der Oberst hämmerte gegen die Tür. Noch brüllte er nicht. Das würde er erst später tun. Noch versuchte er, seine Blamage zu vertuschen. Es würde unangenehm für ihn sein, zuzugeben, daß ihm sein Gefangener entwischt war.
Peter untersuchte seine Taschen. Keine Brieftasche, kein Taschenmesser, keine Uhr und keine Schlüssel. Wahrscheinlich lag alles in irgendeinem Safe. Aber das war auch nicht so wichtig jetzt. Die Hauptsache war, er kam hier heraus.
Er verließ das Zimmer, schloß die Tür hinter sich und ging den Korridor hinab, vorbei an anderen Türen und vorbei an einer Krankenschwester, die ihn nicht einmal beachtete.
Er fand die Treppen. Da niemand in der Nähe war, beeilte er sich. Er nahm immer drei Stufen zugleich. Das Hämmern seiner Füße auf dem Steinboden klang hohl durch das Treppenhaus.
Hier werde ich kaum jemand begegnen, dachte er. Sie benutzen alle den Aufzug. Er blieb stehen und verschnürte endlich die Schuhe.
Auf jedem Treppenabsatz stand die Zahl des Stockwerks weiß angemalt, so wußte er immer, wo er sich befand. Als er unten angelangt war, geriet er wieder auf den Hauptkorridor. Seine Flucht schien bisher noch nicht bemerkt worden zu sein, aber jeden Augenblick konnte der Oberst Alarm geben.
Was war mit dem Ausgang? Würde er bewacht sein und würde man ihn dort anhalten, um ihm Fragen zu stellen?
Neben einer Tür stand eine große Vase mit Blumen. Peter zog kurz entschlossen einen Strauß aus dem Gefäß, nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß niemand in der Nähe war, der ihn beobachten konnte.
Neben dem Ausgang saß hinter einer Barriere eine Krankenschwester an einem Tisch. Sie sah auf und lächelte.
»Habe die falschen Blumen erwischt«, sagte Peter und lächelte zurück.
Ihr Lächeln wurde etwas sauer, aber sie machte keine Anstalten, ihn nicht passieren zu lassen.
Draußen legte Peter die Blumen auf die Treppenstufen und beschleunigte seine Schritte. Nach einer Stunde wußte er, daß ihm niemand folgte. Er wußte aber auch, daß er fünfzig Kilometer von seinem Wohnort entfernt war, ohne Geld in der Tasche. Die Füße schmerzten bereits vom ungewohnten Gehen auf Pflaster und Beton.
Er kam in einen Park und setzte sich auf eine freie Bank. Auf der Nachbarbank saßen einige alte Männer und spielten Schach. Daneben eine Mutter mit ihrem Kinderwagen. Auf der nächsten Bank links hatte sich ein junger Mann mit einem Kofferradio niedergelassen …
Die Stimme im Radio sagte:
»… sieht es ganz so aus, als wäre das Gebäude nun vollendet. In den vergangenen achtzehn Stunden ist es weder größer noch höher geworden. Es bedeckt nun eine Fläche von einhundert Morgen und ist mehr als tausend Stockwerke hoch. Die Bombe, die man vor zwei Tagen abwarf, schwebt noch immer, von unbekannten Kräften gehalten, über dem Gebäude. Mehrere Batterien Atomgeschütze stehen bereit und warten auf den Feuerbefehl, der bisher nicht kam. Man vertritt allgemein die Auffassung, daß ein Beschuß zwecklos ist. Was eine Atombombe nicht schafft, schaffen Geschütze erst recht nicht.
Ein militärischer Sprecher behauptet, die Geschütze seien nur eine Vorsichtsmaßnahme. Damit ist jedoch nicht erklärt, warum überhaupt eine Bombe abgeworfen wurde. Nicht nur der Kongreß hat gegen den Abwarf protestiert, sondern in der ganzen Welt wird diese Maßnahme scharf verurteilt. Von dem Gebäude aus erfolgte bisher noch kein als feindlich anzusehender Akt. Der einzige Schaden, der bisher verursacht wurde, entstand durch das ständige Wachsen des Gebäudes. Die ehemalige Farm des Peter Chaye – das ist der Mann, der die Maschine fand – steht nicht mehr.
Seit Peter Chaye vor drei Tagen einen Anfall erlitt und ins Hospital gebracht wurde, fehlt jede Spur von ihm. Man nimmt an, daß er vom Militär in Gewahrsam genommen wurde. Alle Gerüchte, ob Chaye etwas weiß oder nicht, wurden bisher nicht bestätigt. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, daß er der einzige Mensch auf der Erde ist, der Licht in die dunkle Angelegenheit bringen könnte, denn die geheimnisvollen Vorgänge begannen auf seinem Grund und Boden.
Das Gebäude wurde inzwischen vom Militär völlig eingeschlossen. Eine Zone von zwanzig Kilometer Tiefe wurde evakuiert. Wie bekannt wurde,
Weitere Kostenlose Bücher