Heyne Galaxy 05
wolle n ur alles über uns erfahren. Ein merkwürdiges Gefühl, diese Stimme aus dem Nichts. Sehr lange Zeit sprach die Stimme zu mir, und ich spürte, wie etwas in meinem Gehirn Nachforschungen anstellte und Informationen herauszog. Ja, ich konnte es richtig spüren.«
»Was für Informationen?« wollte ich wissen.
Sie sah mich an, etwas nachdenklich und als sei sie sich ihrer Sache nicht ganz sicher.
»Alles, was ich gelernt habe. Wissenschaft, unsere Sprache, Geschichte. Informationen über unser Leben auf der Erde, unsere Gewohnheiten…«
Kane kam in das Observatorium. Sein Gesicht war vor Ärger gerötet.
»Wißt ihr, wo wir sind?« brach es aus ihm heraus. »Als ich in das Zimmer gezerrt wurde, haben mir die Fremden alles erklärt. Wir sind Versuchskaninchen.«
»Wie habt ihr euch verständigt?« fragte Verana interessiert. »Telepathisch?«
Kein Wunder, daß Verana danach fragte. Sie hielt viel von jener Parawissenschaft, die man als außersinnliche Wahrnehmungen bezeichnete, was meiner Meinung nach falsch ist. Telepathie gehört genauso zu den Sinnen des Menschen wie das Gehör oder das Gefühl. Ich wußte, daß es Verana leid tat, nicht selbst Kontakt mit den Fremden erhalten zu haben.
»Ja«, bestätigte Kane. »Ich sah mentale Bilder, die mir alles erklärten. Die Fremden wollen uns in einen Zoo stecken.«
»Berichte der Reihe nach«, schlug ich vor.
Er warf mir einen wütenden Blick zu, beruhigte sich aber sofort.
»Dieses Schiff wurde von einer Rasse erbaut, die aus einer fremden Galaxis stammt. Vor Tausenden von Jahren, als die Menschen noch in Höhlen hausten, fanden sie unsere Sonne und unseren Planeten. Sie wollten wissen, welchen Stand unsere Zivilisation erreicht haben würde, wenn wir die Raumfahrt entwickelten. Sie stellten also dieses Schiff auf den Mond – eine Falle für uns. Früher oder später mußten wir das Schiff entdecken und es betreten. So wie die Maus in die Falle geht.«
»Und nun ist die Falle auf dem Weg nach Hause«, vermutete ich.
»Genau. Das Schiff bringt uns zu dem Heimatplaneten der Fremden. Dort wird man uns studieren.«
»Wie lange wird der Flug beanspruchen?«
»Sechs Monate. Sechs verdammte Monate werden wir hier eingesperrt sein. Und wenn wir am Ziel anlangen, werden wir erst recht Gefangene sein.«
Auf Maries Gesicht zeigte sich allmählich wieder Angst.
»Beruhige dich, Harry«, sagte ich. »Es könnte schlimmer sein. Wäre es nicht interessant, den Angehörigen einer außerirdischen Rasse zu begegnen? Unsere Frauen sind bei uns …«
»Vielleicht werden sie uns sezieren?« schluchzte Marie.
Verana schnaubte verächtlich.
»Eine Rasse, die intelligent genug ist, ein solches Schiff zu bauen? Eine Rasse, die von Stern zu Stern flog, als wir noch in Höhlen lebten? Nein, Marie, die hat bessere Methoden, uns zu untersuchen und alles über uns zu erfahren.«
»Vielleicht gelingt es uns, den Kontrollraum zu finden«, sagte Kane mit neuer Hoffnung. »Wir werden den Kurs des Schiffes ändern und versuchen, zum Mond zurückzukehren.«
»Das ist unmöglich. Verschwendet nicht eure Zeit.«
Die Stimme schien den ganzen Raum auszufüllen, aber wir konnten nicht erkennen, woher sie kam. Sie war zweifellos nicht telepathisch.
»Aha«, meinte Verana und schnippte mit den Fingern. »Darum also haben die Fremden in Maries Gehirn herumgestöbert. Sie wollten unsere Sprache lernen, damit sie sich mit uns unterhalten können.«
Kane drehte sich nach allen Seiten um und betrachtete die Wände.
»Wo bist du? Wer bist du?«
»Ich bin ein Teil des Schiffes, und niemand kann mich finden. Ich bin eine Maschine.«
»Bist du allein an Bord, oder gibt es noch andere?«
»Ich bin allein. Ich kontrolliere das Schiff.«
Die Stimme war sehr deutlich, sehr unpersönlich und sehr mechanisch.
»Was werden deine … deine Herren mit uns machen?« fragte Marie.
»Euch wird nichts geschehen. Meine Herren wünschen nur, euch kennenzulernen und zu befragen. Vor Tausenden von Jahren wollten sie wissen, wie ihr euch entwickeln würdet. Sie ließen dieses Schiff auf dem Mond zurück, um ihren Wissensdurst zu stillen. Meine Herren hegen keine feindlichen Gefühle gegen eure Rasse, aber sie sind neugierig.«
Plötzlich fiel mir ein, wie etwas Miller daran gehindert hatte, das Schiff zu betreten.
»Warum durfte das fünfte Mitglied unserer Gruppe nicht mitkommen?«
»Der Flug wird sechs Monate eurer Zeit beanspruchen. Lebensmittel und Luft reichen nur für vier Lebewesen. Ich
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