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Heyne Galaxy 07

Heyne Galaxy 07

Titel: Heyne Galaxy 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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zuzuhören. Immer wieder waren meine Antworten auf seine Fragen gleich. Immer wieder akzeptierte er das, was ich sagte. Aber ich wurde niemals das Gefühl los, daß er mir nicht ganz glaubte.
    Seine nächste Frage ahnte ich schon.
    »Und auf der Venus ist es dasselbe«, sagte ich. »Die Bedingungen dort gleichen denen auf dem Mars. Man lebt in einer Ansiedlung – oder man lebt überhaupt nicht.«
    »Und Merkur?«
    »Keine Chance.«
    Wir hatten das Ende des Korridors und die Tür zu meiner Wohnkabine erreicht. Es war ein kleiner Raum, der nichts enthielt als ein Bett, einen Stuhl und einen Schrank. Er erinnerte mehr an eine Zelle als an ein Wohnzimmer, aber er kostete nicht viel. Ich warf das wenige Gepäck aufs Bett und wandte mich an den alten Mann.
    »Sie verschwenden Ihre Zeit, Thorne. Warum wollen Sie das nicht einsehen?«
    »Ich kann es nicht.« Er setzte sich auf den Stuhl und faltete die Hände. »Sie verstehen das nicht – niemand versteht es. Aber ich muß Tony wiedersehen.«
    »Warum?«
    »Es gibt etwas, das ich ihm sagen möchte.«
    »Das ist alles?«
    Meine Stimme mußte ihm meinen Unglauben verraten haben, denn er sah auf.
    »Nein«, sagte er ruhig. »Das ist nicht alles. Er ist doch mein Sohn.«
    Es war weniger das, was er sagte, sondern vielmehr die Art, wie er es sagte, was mich beeindruckte. Es war die Stimme eines entschlossenen Mannes, mit dem man nicht argumentieren konnte.
    Ich öffnete meinen Koffer, nahm die Toilettenartikel, frische Unterwäsche und einige persönliche Dinge, die ich immer mit mir herumschleppte. Ich vermied es, den alten Mann anzusehen.
    »Sechzehn Jahre«, sagte er. »Eine lange Zeit.«
    »Zu lange«, entgegnete ich. »Wahrscheinlich ist er schon seit Jahren tot.«
    »Nein!«
    »Warum nicht?« Allmählich verlor ich die Geduld. »Viele Männer sind in jenen Tagen gestorben. Wie können Sie sicher sein, daß er nicht dabei war?«
    »Ich habe Einsicht in die Listen bekommen. Ich kenne den Namen eines jeden Mannes, der im Weltraum starb.«
    Er lächelte, als er mich ansah.
    »Das hat viel Geld gekostet, Frank. Ich habe jeden Penny dafür ausgegeben, meinen Jungen noch einmal zu sehen.«
    Ich sagte nichts. Es gab auch nichts, was ich hätte sagen können, und doch wünschte ich, daß der alte Mann jetzt gehen würde. Aber er ging nicht. Er erzählte mir alles. Ich wollte, er hätte es nicht getan.
    Es war die Geschichte seines Sohnes.
    Tony Thorne war jung, wild und voller Romantik gewesen. Er hatte nur einen einzigen Wunsch. Das Leuchten in seinen Augen verriet, welcher Art dieser Wunsch war. Seine Mutter war früh gestorben; sein Vater verweigerte ihm die Einwilligung, auf die Weltraumakademie zu gehen. So kam es, daß Tony Geld stahl und von zu Hause weglief. Es war eine bereits sechzehn Jahre alte Geschichte. Sie war nicht besonders einzigartig – bis auf den Schluß.
    »Ich möchte ihm sagen, daß ich ihm verziehen habe. Zuerst habe ich versucht, ihn zu vergessen. Aber das ist mir nicht gelungen. Ich muß immer an ihn denken. Irgendwo dort draußen ist er, auf irgendeinem Planeten. Vielleicht hat er geheiratet und hat Kinder – meine Enkel. Ich möchte ihn finden und ihm sagen, daß ich alles verstehe und ihm alles vergebe.« Der alte Mann sah mich mit seinen sanften und geduldigen Augen an. »Können Sie das verstehen?«
    »Ich verstehe Ihre Gefühle«, sagte ich vorsichtig. »Aber verstehen Sie auch, welche Gefühle er vielleicht hat? Vor sechzehn Jahren ist er von zu Hause fortgelaufen und hat nie wieder etwas von sich hören lassen. Haben Sie schon daran gedacht, daß er Sie vielleicht gar nicht mehr wiedersehen möchte?«
    »Er könnte Angst vor mir haben, das wäre ein Grund. Ich war damals sehr streng mit ihm.«
    »Sechzehn Jahre sind eine lange Zeit«, versicherte ich. »In einer solchen Zeit kann man viel vergessen.«
    »Aber nicht seinen Vater.«
    »Sie sind der Mann, der ihn zum Verbrecher machte, weil Sie Ihre eigenen Pläne mit ihm hatten. Jetzt, wo Sie alt sind, werden Sie sentimental. Nun möchten Sie ihn finden und ihm sagen, wie leid Ihnen alles tut. Soll ich Ihnen einmal sagen, was ich darüber denke? Ich denke, daß Sie einfach nichts anderes als egoistisch sind.«
    »Vielleicht bin ich das«, sagte er langsam. »Ich glaube, alle Eltern sind das, wenn sie alt werden.«
    Er sah mich an.
    »Wie alt sind Sie eigentlich, Frank?«
    »Dreiunddreißig. Warum?«
    »Tony ist im gleichen Alter. Ich glaube, daß er Ihnen sogar ähnlich sieht – dieselbe

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