Heyne Galaxy 09
ständigen Elektrolyse gleichkommen, durch die wir Jahr um Jahr, wenn auch nur um ein kleines Stück, weiter vordringen könnten. Und eines Tages hätten wir dann endgültig gesiegt.«
Berrere sagte: »Kümmern wir uns zur Abwechslung einmal um den ammoniakverseuchten Boden. Wir werden ihn von den gefährlichen Salzen säubern und unsere Pflanzen in einem ammoniakfreien Beet anbauen.«
»Und was ist mit der Atmosphäre?« fragte Chou.
»Bei giftfreiem Boden besteht die Möglichkeit, daß die Pflanzen trotz der Atmosphäre am Leben bleiben. Sie schaffen es ja beinahe jetzt schon.«
Die Männer arbeiteten wie die Viehtreiber, doch es fehlte ihnen die rechte Grundlage. Niemand glaubte wirklich an einen Erfolg, und die ganze Sache hatte sowieso keine rechte Zukunft – weder für sie noch für diesen Planeten. Aber über der Arbeit verging wenigstens die Zeit.
Als die nächste Wachstumsperiode begann, hatten sie das ammoniakfreie Beet fertig, doch die Erdpflanzen wollten sich noch immer nicht so recht entwickeln. Die Männer machten sich sogar die Mühe, einen Teil der Pflanzen abzudecken und mit Erdluft zu versorgen. Diese Maßnahme half, aber das Ergebnis war kaum nennenswert. Sie experimentierten mit der chemischen Zusammensetzung des Bodens, bis sie alle denkbaren Möglichkeiten erschöpft hatten, doch das alles nützte nichts.
Die schwachen Schößlinge brachten ihre winzigen Sauerstoffmengen hervor, die nicht ausreichten, um das Gleichgewicht der Atmosphäre zu erschüttern.
»Nur noch ein kleiner Schubs«, sagte Sandropoulos, »nur noch ein ganz kleiner Stoß. Wir rütteln bereits an den Grundfesten der Atmosphäre, aber es genügt noch nicht …«
Mit der Zeit machten sich bei den Werkzeugen und der sonstigen Ausrüstung unliebsame Abnutzungserscheinungen bemerkbar, und die ungewisse Zukunft türmte sich drohend vor den fünf Männern auf. Mit jedem Monat, der verging, blieb ihnen weniger Handlungsfreiheit.
Als schließlich das Ende über sie hereinbrach, geschah es mit einer fast barmherzigen Plötzlichkeit. Sie hatten keinen Namen für das Schwäche- und Schwindelgefühl, von dem sie auf einmal befallen wurden. Niemand dachte zuerst an die Symptome einer direkten Ammoniakvergiftung. Aber immerhin lebten sie von den Pflanzen der ehemaligen hydroponischen Anlage des Raumschiffes, in der sich durchaus Ammoniakstoffe gebildet haben konnten.
Drei Männer starben, und sie starben zum Glück ohne Schmerzen. Sie waren im Grunde froh, daß sie von der Bühne abtreten und diesen nutzlosen Kampf aufgeben konnten.
Chou flüsterte stimmlos: »Es ist einfach närrisch, auf diese Weise zu verlieren!«
Petersen, der sich als einziger noch auf den Beinen halten konnte (war er immun?), wandte sich mit schmerzlich verzogenem Gesicht an seinen letzten Kameraden.
»Du darfst nicht sterben«, sagte er. »Laß mich nicht allein!«
Chou versuchte zu lächeln. »Ich habe keine andere Wahl. Aber du kannst uns bald folgen, alter Freund. Warum noch kämpfen? Die Ausrüstung hilft dir auch nicht mehr, und du hast nicht die geringste Chance – wenn wir überhaupt je eine gehabt haben.«
Doch selbst in dieser aussichtslosen Lage setzte sich Petersen gegen seine Verzweiflung zur Wehr, indem er weiter gegen die Atmosphäre kämpfte. Doch er war nicht bei der Sache, das Feuer seines Herzens war erloschen, und als Chou eine Stunde später starb, war er mit den vier Toten allein.
Er starrte auf die Leichen hinab und hing seinen Erinnerungen nach. Er dachte an Dinge, die er seit langem aus seinem Gedächtnis gestrichen hatte. Nun er allein war, konnte er es auch wagen, wieder an die Erde zu denken, die er bei einem Besuch vor elf Jahren zum letztenmal gesehen hatte.
Er mußte jetzt die Leichen begraben. Er würde einige der bläulichen Äste abbrechen und Kreuze daraus machen, er würde die nutzlosen Raumhelme der Männer über diese Kreuze stülpen und ihre Sauerstoffflaschen darunter legen. Leere Sauerstoffzylinder, die das Symbol des verlorenen Kampfes sein sollten.
Eine närrische Geste gegenüber den Toten, die sich für solche Dinge nicht mehr interessierten, eine närrische Geste für fremde Augen, die dieses Bild vielleicht niemals sehen würden.
Aber er tat es letzten Endes für sich, tat es, um seinen Freunden und auch sich selbst Respekt zu erweisen, denn er war nicht der Mann, der sich im Tode nicht mehr um seine Freunde kümmerte, solange er noch stehen konnte.
Außerdem …
Außerdem – was?
Einen Augenblick
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