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Heyne Galaxy 11

Heyne Galaxy 11

Titel: Heyne Galaxy 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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waren, hatten diese Laute als die Äußerungen eines kleinen spielenden Kindes zu erklären versucht. Doch das war vor dem Blut-Tag gewesen.
    »Zapzerap-tam-tam!« sagte einer der vierzig.
    »Zapzerap-tam-tam!« wiederholte jemand.
    »Zapzerap-tam-tam!« brüllte die Gruppe im Chor.
    Einige der wenigen Angewohnheiten, die sich aus den Jahren der elterlichen Herrschaft bewahrt hatten, war der regelmäßige Besuch im Zahnbehandlungsraum. Hier bemühten sich Spezialroboter mit zarten Händen um die Zähne der jungen Menschen. Vielleicht lag es gerade an der pseudo-elterlichen Sanftheit der Behandlung, daß der Raum noch immer benutzt wurde; andererseits waren hierdurch ernsthafte Zahnerkrankungen von jeher vermieden worden.
    Anschließend begab sich die Gruppe in den Verhütungsraum. Eine der Grundlagen ihres Denkens war die Philosophie: »Wozu ein Kind in diese lausige Welt setzen?« In den Geburtsräumen warteten Hebammenroboter auf den Augenblick, da jemand die richtigen Knöpfe drücken würde und sie mit unbestechlicher Genauigkeit ihre Funktion erfüllen konnten. Doch seit der Ankunft der Gruppe waren sie nicht in Benutzung gewesen.
    Nach der Behandlung eilten sie an den Waffenschrank und statteten sich für ihren Ausflug mit rasiermesserscharfen Äxten aus, die mit zusätzlichen Federklingen versehen waren. Die Waffen hatten sich insbesondere am Blut-Tag als nützlich erwiesen, und die Gruppe ging niemals aus, ohne sie mitzunehmen. Das geschah nicht so sehr aus Furcht vor wilden Tieren oder einem fremden Überlebenden – denn derartige Begegnungen hatte es seit einiger Zeit nicht mehr gegeben –, sondern eher aus einem Gefühl des Stolzes heraus: Sie trugen die Äxte als eine realistische Erinnerung an den Tag, da sie all das vernichtet hatten, was ihnen widerwärtig gewesen war.
    Sie eilten durch einen leuchtend weißen Flur und betraten die Schleusenkammer, durch die sie das Adytum verlassen konnten, ohne die Temperatur in den Innenräumen zu beeinflussen. Sie standen dicht beieinander und warteten, aufrecht und wohlgenährt, und ließen das Zischen der Schleuse in aller Ruhe über sich ergehen. Als sie die Kammer auf gemeinsamen Beschluß zum erstenmal betreten hatten, waren ihnen die geheimnisvollen Geräusche noch sehr in die Glieder gefahren, und sie hatten sich furchtsam aneinandergeklammert. Sie wußten sehr wohl, daß in dieser Höhenlage noch eine gefährliche Strahlung herrschen konnte. Aber der Wind war ihnen gnädig gewesen; das Tal war strahlungsfrei. Als sich die große Tür jetzt öffnete, drängten sie ungestüm ins Freie. Sie wußten, daß ihnen vor Einbruch des Winters nur wenig Zeit blieb. Wenn sich die große Kälte wieder über das Tal senkte, mußten sie ihre Freizeit wieder im Innern des Adytums verbringen.
    Roger, Debra, Sonny, Billy, Sue, Ellie, Howie – die vierzig jungen Menschen folgten dem mit trockenen Piniennadeln bedeckten Pfad, tobten ausgelassen herum.
    »Juhuu!« kreischten die Mädchen.
    »Hohoo!« riefen die Jungen.
    Die Jungen trugen untereinander Ringkämpfe aus, und die Mädchen spornten die Kämpfer an. Die allgegenwärtigen Berge waren felsig-braun und schneebemützt. Die Sonne schien warm an einem nur leicht bewölkten Himmel. Ein blauer See, von einem gelben Sandstrand umgeben, schimmerte freundlich. Von wilden Tieren keine Spur. Die Jungen und Mädchen kümmerten sich auch nicht darum. Die Jungen kämpften, die Mädchen kreischten.
    Dann stürzten sich die Jungen auf die Mädchen, und eine wilde Jagd setzte ein.
    Als dann auch dieses Spiel vorüber war, begann erneut ein wildes Rennen – über Felsen, umgestürzte Baumstämme und Bodenspalten, und dabei lachten und sangen sie sorglos. »Zap-zerap-tam-tam!«
    Sie waren die Überlebenden einer ursprünglich achtzigköpfigen Gruppe, die – dem Notruf folgend – das Adytum 199 bezogen hatte und aus den Bewohnern, Eltern und Kinder, eines nahegelegenen Ferienlagers bestand.
    Dieses Lager war insofern eine völlige Neuheit für die damalige Zeit, als hier ein recht ungewöhnliches, wenn auch einem gewissen Zivilisationsbedürfnis entsprechendes Programm verwirklicht wurde. Sobald sich die Familien im Lager eingerichtet hatten, ging die Befehlsgewalt auf die Kinder über, wobei ihnen lediglich der Lagerleiter vorstand – ein Mann mit ausgesprochen ästhetischen Neigungen namens Arthur Pomroy. Die Kinder, die etwa der Altersgruppe der Zwölf- bis Vierzehnjährigen angehörten, durften den ganzen Tag im Freizeitraum vor

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