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Heyne Galaxy 13

Heyne Galaxy 13

Titel: Heyne Galaxy 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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wird.«
    »He!« sagte Nancy protestierend, doch ihr triumphierender Blick war nicht zu übersehen. Mit hochgezogenen Augenbrauen zog sich Jean zurück, um die Botschaft auszurichten, und die Hotelbuchungen vorzunehmen, wie es ihre Intuition gebot. Lowris, der sich plötzlich sehr erfrischt und tatendurstig fühlte, schickte Nancy nach Hause und machte sich an die Arbeit. Unter den ersten Briefen befand sich eine Anfrage Kandles nach den Bedingungen, zu denen ihm Lowris ein zweites Gerät zur Verfügung stellen würde.
     
    4
    Lowris Entscheidung, Nancy einzustellen, fußte auf einer tiefgreifenden psychologischen Einsicht. Als introvertierter Mensch lebte er ständig mit dem Damoklesschwert des Versagens über seinem Haupte – in einem Angstgefühl, das seinem Programmiertalent ebenso Grenzen setzte wie seiner Fähigkeit, ungezwungen vor größeren Gesellschaften zu sprechen. Nancys ganze Lebenseinstellung war von solchen Hindernissen frei. Sie fürchtete sich nicht vor dem Versagen, das für sie keine Bedeutung hatte.
    Die Tatsache, daß sich ihre kulinarischen Fähigkeiten auf die Zubereitung eines entsetzlichen Kaffees beschränkten, kümmerte sie nicht. Neunzehnmal folgte sie dem Beispiel des Kochs und bereitete Souffle, und brach jedesmal in lautes Gelächter aus, wenn auf ihrer Pfanne unansehnliche und ungenießbare Gebilde in die Höhe wuchsen. Beim zwanzigstenmal erreichte sie jedoch eine Vollkommenheit, die einer Madame Poulard Ehre gemacht hätte. Lowris ließ das Band sofort noch einmal durchspielen, und das von den künstlichen Händen zubereitete Gericht ließ an Qualität nichts zu wünschen übrig.
    Langsam begannen sich die Dinge einzuspielen, und der Speisezettel der Lowris-Harting-Robotküche wurde nicht nur länger, sondern erreichte auch einen Standard, vor dem die normale Hausfrau hoffnungslos resignieren mußte. Lowris' Optimismus wuchs derart, daß er seine Werbekampagne verstärkte und Nancys Gehalt erhöhte.
    Die Briefe Madelains kümmerten ihn nicht mehr, und wenn er sie überhaupt noch las, akzeptierte er ihre Bitterkeit in der Haltung eines toleranten Märtyrers. Sie war ihm immer eine gute Frau gewesen – nach ihren eigenen Maßstäben und auf ihre eigene Art. Lowris wußte, daß es auf seine eigene fast pathologische Aversion gegen das Beherrschtwerden zurückzuführen war, wenn sie sich auseinandergelebt hatten. Es lag ihm fern, mit irgend jemandem eine ständige Bindung einzugehen – ganz bestimmt nicht mit Nancy. Das augenblickliche Arrangement gefiel ihm sehr gut.
    Die meisten Bänder, die für den Verkauf der Roboterküche benötigt wurden, waren schon nach vier Wochen fertig; und im zweiten Monat schuf Nancy einen Bestand an Sonderbändern, die die Möglichkeiten der Robotküche weit über das hinaus erweiterten, was Lowris und Harting ursprünglich beabsichtigt hatten. Am Erfolg der Nahrungsmittelausstellung konnte kein Zweifel mehr bestehen. Zum erstenmal schien Lowris das Glück zuzulächeln.
    Und dann war es eines Tages geschehen. Das Pendel schwang zurück, und das unausgeglichene Etwas, das Lowris' Leben war, raste in die Tiefe.
    Die Nachricht der Polizei erreichte ihn gegen Mittag, und er nahm den nächsten Zug, beherrscht von einem überwältigenden Gefühl des Verlustes, der Reue und der Schuld. Madelain war mit dem Jaguar auf der Autobahn gefahren und an einem Brückenpfeiler zerschellt. Ihre Geschwindigkeit im Augenblick des Aufpralls wurde von der Polizei auf über hundertundsechzig Stundenkilometer geschätzt. Alle waren sehr freundlich zu ihm. Niemand machte auch nur die leiseste Andeutung, daß sie vielleicht freiwillig in den Tod gegangen war. Sie hatte auf einer nassen Straße die Gewalt über den Wagen verloren …
    Er schüttelte die wohlmeinenden Freunde ab und spürte, wie sich ihm die Last der Verantwortung schwer auf die Schultern legte. In solchen Augenblicken war er am liebsten allein – in irgendeiner kaum erleuchteten Bar, wo ihn niemand kannte.
    Die Frage, die ihm nach langem Nachdenken schließlich am meisten Sorge machte, war die Frage nach Madelains Motiv. Tief im Innern hatte er keinen Zweifel, daß sie das Steuer absichtlich herumgerissen und den Wagen gegen den Brückenpfeiler gesteuert hatte. Die überraschende Folge dieser Handlung war jedoch, daß er sein Leben jetzt nach seinen eigenen Vorstellungen ausrichten konnte. Da er Madelains Herrschsucht kannte, vermochte er nicht recht daran zu glauben, daß sie in den Tod gegangen war, um ihm

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