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HHhH

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Titel: HHhH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Binet Laurent
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wundert’s, Churchill. Neben ihm weitere englische und ausländische Politiker, darunter Beneš und Masaryk, die Repräsentanten der tschechischen Exilregierung. Bis dahin erscheint alles logisch. Doch außerdem tauchen auf der Liste Schriftsteller auf wie H. G. Wells, Virginia Woolf, Aldous Huxley, Rebecca West … Selbst Freud steht darauf, obwohl er bereits 1939 verstarb … Außerdem Baden-Powell, der Vater aller Pfadfinder. Rückblickend gesehen lässt sich die Exekution der jungen Pfadfinder in Polen nur mit Übereifer erklären; ein Fehler, weil die Pfadfinder den deutschen Sicherheitsdiensten als potenzielle Informationsquellen erster Güte gelten. Zusammengenommen bilden diese Namen ein äußerst barockes Ensemble. Wie es scheint, hat nicht Heydrich, sondern Schellenberg die Liste erstellt. Zweifellos war er sehr damit beschäftigt, in Lissabon die Entführung des Herzogs von Windsor vorzubereiten, und hat seine Arbeit dementsprechend etwas dahingeschludert.
    Die Liste entpuppt sich als ziemlich eigenwillig, die Entführung des Herzogs geht in die Hose, die Luftwaffe verliert die Schlacht gegen England und die Operation «Seelöwe» wird niemals stattfinden. Einige versprengte Kiesel im sonst so geordneten Garten deutscher Effizienz.

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    Ich bin mir nie ganz sicher, ob die Anekdoten, die ich über Heydrich sammle, der Wahrheit entsprechen, doch im folgenden Fall ist es sogar noch schlimmer: Der Zeuge und Protagonist der Szene, die ich erzählen möchte, ist selbst nicht sicher, was ihm passiert ist. Schellenberg ist Heydrichs rechte Hand beim SD. Er ist ein eiserner Bürokrat ohne jeden Skrupel, aber auch ein bestechender junger Mann, kultiviert und elegant. Ab und an lädt Heydrich ihn – als Abwechslung zu ihren gemeinsamen Ausflügen ins Bordell – ein, ihn und Lina ins Theater oder in die Oper zu begleiten. Der junge Mann steht dem Paar also sehr nahe. Als Heydrich eines Tages an einer Besprechung teilnehmen muss, die weit entfernt stattfindet, ruft Lina Schellenberg an und schlägt ihm einen beschaulichen Bummel am See vor. Die beiden jungen Leute trinken Kaffee, unterhalten sich über Literatur und Musik. Mehr weiß ich nicht. Vier Tage später nimmt Heydrich Schellenberg und «Gestapo-Müller» mit auf einen Kneipenbummel. Sie beginnen den Abend in einem schicken Restaurant am Alexanderplatz. Müller schenkt den Aperitif ein. Die Stimmung ist gelöst, alles wirkt normal, bis Müller Schellenberg unvermittelt fragt, ob er sich neulich am See gut amüsiert habe. Schellenberg versteht sofort. Heydrich sieht extrem blass aus und schweigt vor sich hin. Ob er über den Ablauf des Ausflugs informiert werden wolle, bringt Schellenberg in geschäftsmäßigem Ton hervor. Mit einem Mal kippt die Stimmung. Mit schneidender Stimme verkündet Heydrich, Schellenberg habe soeben Gift getrunken, das ihn in den nächsten sechs Stunden töten werde. Wenn er ihm die vollständige und absolute Wahrheit sage, werde er ihm das Gegengift verabreichen. Aber er wolle die Wahrheit wissen. Schellenbergs Herz beginnt zu rasen. Er setzt zu einer Zusammenfassung des Nachmittags an und bemüht sich, seine Stimme nicht zu sehr zittern zu lassen. Müller fällt ihm ins Wort: Er habe also nach dem Kaffeetrinken einen Spaziergang mit der Frau des Chefs gemacht. Wozu die Heimlichtuerei? Ihm dürfte doch klar sein, dass er unter Beobachtung stehe, oder etwa nicht? Schon, doch wenn Heydrich wirklich bereits alles wüsste, wozu dann dieses Theater? Schellenberg gibt zu, eine Viertelstunde mit Lina spazieren gegangen zu sein, und erzählt, worüber sie sich unterhielten. Heydrich hüllt sich mehrere endlose Minuten lang in nachdenkliches Schweigen. Dann verkündet er sein Urteil: Er schätze, er könne ihm glauben. Doch er verlange sein Ehrenwort, dass er derartige Eskapaden in Zukunft unterlassen werde. Schellenberg spürt, dass die größte Gefahr vorüber ist, und bekommt seine Angst in den Griff. Angriffslustig verkündet er, er werde ihm sein Wort geben, doch erst, nachdem er das Gegengift getrunken habe, denn ein unter derartigen Umständen abgelegter Eid sei wertlos. Als ehemaliger Marineoffizier halte Heydrich es doch sicher auch nicht für ehrenwert, anders zu verfahren, fügt er hinzu. Wer weiß, wie Heydrichs Karriere bei der Marine ausgegangen ist, kommt nicht umhin, diese Frage für ganz schön unverfroren zu halten. Heydrich fasst Schellenberg scharf ins Auge. Dann schenkt er ihm einen trockenen Martini ein.

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