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Vermutlich habe ihm seine Phantasie einen Streich gespielt, bemerkt Schellenberg in seinen Memoiren; jedenfalls erschien ihm der Martini ungewöhnlich bitter. Er trinkt, gibt Heydrich sein Ehrenwort und möchte sich verabschieden. Doch Heydrich besteht darauf, den Abend frohgemut fortzusetzen.
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Seine zahlreichen Bordellbesuche bringen Heydrich auf eine geniale Idee: sein eigenes zu eröffnen.
Er mobilisiert seine engsten Mitarbeiter, Schellenberg, Nebe und Naujocks, um seinen Plan in die Tat umzusetzen. Schellenberg findet ein Haus in einem schicken Berliner Vorort. Nebe, der jahrelang bei der Kriminalpolizei gearbeitet und aus dieser Zeit noch Kontakte hat, besorgt die Mädchen. Naujocks kümmert sich um die Einrichtung der Räumlichkeiten: Jedes Zimmer wird mit Mikrophonen und Kameras gespickt. Hinter Bildern, in den Lampen, unter den Sesseln, auf den Schränken. Im Keller wird ein Abhörzentrum eingerichtet.
Die Idee ist einfach, aber genial: Anstatt die Leute bei sich zu Hause auszuspionieren, lässt man sie herkommen. Es gilt also, ein Edelbordell aufzuziehen, um eine hochkarätige Klientel anzulocken.
Als alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, eröffnet der Salon Kitty, und durch Mund-zu-Mund-Propaganda mausert er sich in kürzester Zeit zu einem renommierten Etablissement in diplomatischen Kreisen. Er wird rund um die Uhr überwacht. Die Kameraaufnahmen dienen als Druckmittel, um die Kunden erpressen zu können.
Kitty, die Chefin, ist eine ambitionierte Wiener Puffmutter. Sie ist gebildet, kompetent und geht völlig in ihrer Arbeit auf. Sie liebt es, sich mit dem Besuch einer berühmten Persönlichkeit rühmen zu können. Der Besuch etwa des italienischen Außenministers Graf Ciano, ein Typ à la Mussolini, macht sie überglücklich. Ich nehme an, man könnte auch über sie ein spannendes Buch schreiben.
Es dauert nicht lang, bis Heydrich den Salon selbst besucht, um ihn zu inspizieren. Er kommt spätabends, meist volltrunken, und verzieht sich mit einem Mädchen nach oben.
Eines Morgens entdeckt Naujocks zufällig die Aufnahme vom Besuch seines Chefs. Aus Neugier hört er sich das Band an; ich weiß nicht, ob es auch einen Film dazu gab. Pflichtbewusst beschließt er, die Aufnahme zu löschen, allerdings nicht, ohne sich zuvor gut darüber amüsiert zu haben. Einzelheiten sind mir nicht bekannt, aber anscheinend brachte ihn Heydrichs Darbietung zum Lachen.
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In Heydrichs Büro steht Naujocks (Heydrich hat ihm nicht angeboten, sich zu setzen) unter einem gewaltigen Kronleuchter, dessen Spitze gleich einem Damoklesschwert über seinem Kopf schwebt. Und Naujocks ist wohl bewusst, dass sein Kopf an diesem Morgen nur noch an einem seidenen Faden hängt. Heydrich sitzt vor dem riesigen Wandteppich, auf dem ein gestickter Riesenadler prangt, der ein Hakenkreuz in den Klauen hält. Er schlägt mit der Faust auf die Marmorplatte, die auf einem Tisch aus Massivholz aufliegt, woraufhin das Foto von seiner Frau und den Kindern einen Satz macht.
«Wie zum Teufel konnten Sie veranlassen, meinen Besuch im Salon Kitty letzte Nacht aufzuzeichnen!?»
Auch wenn er bereits geahnt hat, was der Grund für diese morgendliche Vorladung ins Büro des Chefs war, wird Naujocks ganz anders zumute.
«Aufzuzeichnen?»
«Jawohl, versuchen Sie bloß nicht, es abzustreiten!»
Naujocks schlussfolgert blitzschnell, dass Heydrich keinen materiellen Beweis besitzt, weil er selbst dafür Sorge getragen hat, das Band zu löschen. Er setzt auf die erfolgversprechendste Strategie. Er kennt seinen Chef gut genug, um zu wissen, dass sein Leben auf dem Spiel steht.
«Aber ich streite es ab! Ich weiß nicht einmal, in welchem Zimmer Sie waren! Niemand hat mir Bescheid gesagt!»
Das lange Schweigen, das daraufhin folgt, stellt die Nerven des Superagenten auf eine Zerreißprobe.
«Entweder Sie lügen, oder Sie werden nachlässig!»
Naujocks fragt sich, welche Hypothese in den Augen seines Vorgesetzten wohl die schlimmere ist. Heydrich schlägt einen ruhigeren Ton an, der ihn umso mehr beunruhigt.
«Sie hätten wissen müssen, wo ich war. Das gehört zu Ihren Aufgaben. Außerdem ist es Ihre Pflicht, die Mikrophone und Tonbandgeräte auszuschalten, wenn ich da bin. Das haben Sie letzte Nacht vernachlässigt. Wenn Sie glauben, Sie können sich über mich lustig machen, Naujocks, überlegen Sie sich das besser zweimal. Abtreten.»
Naujocks, der Alleskönner, der in Gleiwitz den Ausbruch des Krieges herbeigeführt hat, wird wie ein
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