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Nazis auf die Tschechoslowakei unterrichten konnte, ebenso über den Angriff auf Polen, auf Frankreich im Mai 1940, auf Großbritannien während des Invasionsvorhabens im Juni 1940 und auf die Sowjetunion im Juni 1941. Leider waren die betreffenden Länder nicht in der Lage, angemessen auf diese Informationen zu reagieren. Doch von der Qualität seiner Auskünfte ist man in London zutiefst beeindruckt; A54 ist in Prag stationiert und übermittelt seine Nachrichten über den tschechischen Kanal, dabei lässt er äußerste Vorsicht walten und besteht auf einem einzigen Gesprächspartner. Mit ihm hat Beneš ein fabelhaftes Ass im Ärmel und zögert nicht mit Ausgaben, um seine wertvolle Quelle bei Laune zu halten.
Am anderen Ende der Kette befinden sich die kleinen Helfer des Widerstands, Leute wie Sie und ich, die allerdings bereit sind, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, indem sie Menschen verstecken, Material lagern, Nachrichten überbringen. Sie bilden eine unerlässliche tschechische Schattenarmee, auf die nach wie vor Verlass ist.
Gabčik und Kubiš mögen zwar nur zu zweit sein, um ihre Mission zu erfüllen, doch allein sind sie nicht.
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In einer Wohnung in Prag im Viertel Smíchov warten zwei Männer. Als die Klingel ertönt, fahren sie zusammen. Der eine erhebt sich, um die Tür zu öffnen. Ein für die damalige Zeit recht großer Mann tritt ein. Es ist Kubiš.
«Ich bin Ota», sagt er.
«Ich bin Jindra», antwortet einer der Männer.
«Jindra» ist der Name einer der aktivsten Widerstandsgruppierungen, die innerhalb der Turnbewegung Sokol auf die Beine gestellt wurde.
Dem Neuankömmling wird Tee serviert. Die drei Männer schweigen gewichtig, bis schließlich der Mann, der sich mit dem Namen der Widerstandsbewegung vorgestellt hat, das Wort ergreift:
«Sie sollten wissen, dass das Haus bewacht wird und jeder von uns etwas in der Tasche hat.»
Kubiš lächelt und holt eine Pistole aus seiner Jacke hervor (er hat allerdings noch eine weitere im Ärmel stecken).
«Ich habe ebenfalls nichts gegen Spielzeuge», sagt er.
«Woher kommen Sie?»
«Das kann ich Ihnen nicht sagen.»
«Warum nicht?»
«Unsere Mission ist geheim.»
«Aber Sie haben schon mehreren Leuten anvertraut, dass Sie aus England kommen …»
«Und?»
Schweigen, nehme ich an.
«Wundern Sie sich nicht über unser Misstrauen, es gibt genug Lockspitzel in diesem Land.»
Kubiš erwidert nichts, er kennt diese Leute nicht, vermutlich braucht er ihre Hilfe, doch er ist fest entschlossen, sich nicht vor ihnen zu rechtfertigen.
«Kennen Sie tschechische Offiziere in England?»
Kubiš lenkt ein und gibt einige Namen preis. Mehr oder weniger bereitwillig beantwortet er einige weitere heikle Fragen, dann schaltet sich der andere Mann ein. Er zeigt ihm das Foto seines Schwiegersohnes, der nach London gegangen ist. Kubiš erkennt ihn, oder er erkennt ihn nicht, aber er macht einen entspannten Eindruck, und das ist er in der Tat. Derjenige, der sich als Jindra vorgestellt hat, ergreift das Wort:
«Stammen Sie aus Böhmen?»
«Nein, aus Mähren.»
«Was für ein Zufall, ich auch!»
Erneutes Schweigen. Kubiš weiß, dass er auf dem Prüfstand steht.
«Und können Sie mir sagen, aus welcher Gegend?»
«Aus der Nähe von Třebíč», erwidert Kubiš widerwillig.
«Ich kenne die Gegend. Können Sie mir sagen, was am Bahnhof von Vladislav besonders ist?»
«Es gibt ein kunstvoll angelegtes Rosenbeet. Der Besitzer des Bahnhofs scheint Blumen zu mögen.»
Die beiden Männer entspannen sich allmählich. Kubiš fügt abschließend hinzu:
«Nehmen Sie mir mein Stillschweigen über unsere Mission nicht übel. Ich kann Ihnen nur den Codenamen verraten: ‹Anthropoid›.»
Bei den verbliebenen tschechischen Widerstandskämpfern ist der Wunsch Vater des Gedankens, und in diesem speziellen Fall liegen sie damit sogar richtig:
«Sind Sie gekommen, um Heydrich zu töten?», fragt der, der sich Jindra nennt.
Kubiš fährt zusammen:
«Woher wissen Sie das?»
Das Eis ist gebrochen. Die drei Männer schenken sich Tee nach. Alles, was von der tschechischen Widerstandsbewegung in Prag übrig geblieben ist, wird sich in Bewegung setzen, um die zwei Fallschirmspringer aus London zu unterstützen.
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Fünfzehn Jahre lang habe ich Flaubert verabscheut, weil er mir verantwortlich für eine gewisse französische Literatur erschien, die jeglicher Größe oder Phantasie entbehrt, sich auf die Abbildung aller Mittelmäßigkeiten beschränkt, sich wonnevoll
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