Hi, Society
»natürliche Reaktion hattest, anschließend unter Mordverdacht standest?« Ich reiße entsetzt die Arme in die Luft. »Hast du denn überhaupt nichts dazugelernt? War dir der Abend mit Philipp Margold im Orient nicht Lehre genug?«
»Dass diese Geschichte aber auch immer wieder herhalten muss!«, tut sie beleidigt. »Das ist doch Schnee von gestern!«
»Gut! Aber deine Hochzeit ist nicht Schnee von gestern. Oder hast du das mittlerweile auch schon vergessen, dass du in zwei Wochen heiratest?« Inzwischen quietsche ich so hoch, dass die Alraunen aus Harry Potter vermutlich vor Neid erblassen würden. »Die halbe Ringstraße ist wegen dir gesperrt. Es gibt keinen einzig verfügbaren Fiaker in ganz Wien, der nicht für deine Hochzeit engagiert wurde, Augarten Porzellan hat anlässlich eurer Vermählung ein eigenes Geschirr entworfen, meine Mum bäckt seit Wochen diese Unmengen an Keksen …«
»Keine Kekse!«, unterbricht mich Sophie kreischend. »Verflucht Elli, das habe ich dir gesagt!«
»Du hast meiner Mum gesagt, dass du ihr völlig freie Wahl lässt und dich über ihre Kekse freust«, stelle ich fest.
»Ja, aber doch bloß, weil ich sie nicht verletzen wollte!«
Was? Das glaube ich jetzt einfach nicht. Seit wann ist Sophie dermaßen sensibel?
»Außerdem ist sie deine Mutter. Du solltest das mit ihr klären!«
»Sag mal, spinnst du! Das Zuhause meiner Eltern ist vollgestopft mit Backzutaten. Mein Paps musste einen Kleinlaster mieten, um damit mehrere Hundert Kilo Bio-Marillen aus der Wachau zu holen.« Ich bin kurz davor zu explodieren. »Du sagst es ihr!«
»Elli! Ich kann es ihr unmöglich sagen.« Mittlerweile kniet Sophie flehentlich vor mir auf dem Boden.
»Wieso?«
»Weil ich die Tochter bin, die sie nie gehabt hat!« Sophie sieht betreten zu Boden.
»Wie bitte? Die Tochter, die sie nie gehabt hat?«
Schweigen!
»Okay ich mach’s!«, sage ich schließlich, »aber nur wenn du mir einen Gefallen tust!«
KAPITEL 24
»D
as nennst du einen Gefallen?«, wirft mir Sophie einen vorwurfsvollen Blick zu, während wir langsam die breiten Marmortreppen der opulenten Opernfeststiege hinunter stöckeln.
»Ein Castingtermin, bei meiner Modelagentur? Für diesen Typ mit dem Hundebabynamen? Mozart? Und dieser widerliche Mundgeruch-Typ als Sitznachbar?«
»Also für den Sitznachbarn kann ich nichts!«, stelle ich mit hochgezogenen Augenbrauen fest, wenngleich er ehrlicherweise jedes Mal neben uns sitzt, aber das werde ich ihr bestimmt nicht auf die Nase binden, schließlich bin ich es, die meiner Mum die Schocknachricht überbringen wird müssen, also habe ich mir zumindest knoblauchfreien Kulturgenuss verdient, wie ich finde.
»Das ist kein Klangerlebnis, das ist ein Zwangerlebnis, und überhaupt sehe ich nicht ein, warum ich Eriks Kulturprogramm absolvieren muss.«
»Weil du es dir wert bist!«, sage ich etwas gehässig in Anlehnung an ihren neuen Werbespot und mache mir im Geiste eine Notiz, gleich morgen früh meine Mum zu informieren. Ja, es wird bestimmt nicht ganz einfach, aber die Kekse kann man doch bestimmt einfrieren und sie hat doch immer diese Frauenbewegungs-Dings-Bums-Sachen, ja genau, zum Beispiel diese Gesundheitstage, die würden sich bestimmt über Kekse freuen. Und wenn nicht? Na dann sitze ich gleich nach dem Ablegen in einem telefonisch nicht erreichbaren Flieger, welcher eine Destination 12.414 km entfernt irgendwo in der Südsee anpeilen wird. Also wenn das kein ausgeklügelter Plan ist. Sie wird wohl kaum einen Flieger nach Kauai chartern? Nein wirklich, da bin ich ganz sicher!
Mal im Ernst, immerhin sprechen wir hier von der Südsee. Am anderen Ende der Welt –
»Das ist nicht Don Giovanni, das ist Don Seniori.« Sophie rollt genervt die Augen, während sie engagiert in ihrer Tasche kramt.
»Aber ich dachte, du liebst die Oper?«
»Ich liebe den Opernball!«
Sie macht eine dramaturgische Pause. »Eine Loge mit Blick auf das Parkett, ein Kleid von Valentino, ein paar Austern …«
»Einen Philharmoniker zum Nachtisch«, unterbreche ich und bemerke sogleich, wie sich ein paar weiß-lila schimmernde Damenköpfe pikiert zu mir umdrehen.
»Was ist das hier?«, fährt Sophie derweil gereizt fort und deutet mit dem Kopf in Richtung der mit Opernglas und filigranen Handschuhen bestückten, weißköpfigen Damenrunde direkt hinter uns mit ihrem Pausen-Sekt. »Das geheime Treffen der österreichischen Osteoporose-Gesellschaft?« Sie rollt die Augen. »Das
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