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Hi, Society

Hi, Society

Titel: Hi, Society Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolin Park
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wenigstens eine Form legaler Drogen ist hier erlaubt, denke ich, schnappe mir die Schokolade und zwinge mich zu lächeln, während ich am liebsten auf der Stelle zu heulen anfangen würde, weil ich nämlich gar nicht okay bin, so wie ich eben Miss All-America freudestrahlend erklärt habe. Nein, es ist eine Lüge, genauso wie die Tatsache, dass ich diesen Flieger hier unbedingt kriegen musste, weil meine Mutter eine lebensrettende Nierenspende braucht. Ich hoffe bloß, die indische Oma am Schalter, deren Enkelkind eben in Kalkutta zur Welt kommt, hat auch gelogen.
     
    Ich atme einmal tief durch, dann ziehe ich mir das mit einem fröhlich bunten Cover gezierte Magazin aus der Halterung im Vordersitz, blättere durch die Werbung und lese das Editorial, bis mein Blick auf meine Hand fällt. Auf meine rechte Hand. Auf den schmalen, goldenen Ring an meinem Finger, der sich Ehering nennt. Ich möchte auf der Stelle sterben! Es ist, als ob Tausende Nadeln gleichzeitig mein Herz durchbohren, ich kriege kaum Luft und in meinem Kopf herrscht absoluter Ausnahmezustand.
    Ich bin so fertig, dass ich gar nicht weiß, womit ich anfangen soll. Heulen oder Schreien, Sophie anrufen, meine Notfalltropfen holen, ihn erschießen?
    Ich bin so dermaßen geschockt, dass ich es noch nicht mal fertig bringe, das Schokotäfelchen zu öffnen, das vor mir auf dem Klappbrett liegt. Ich kann es nicht glauben, nicht verstehen … Wie konnte es bloß so weit kommen?
    Bloß nicht daran denken!
    Die Devise lautet Ablenkung. Jawohl. Die Vogue!
    Ich unterdrücke meine Tränen und zwinge mich zu lächeln. Nein, ich lasse mich davon nicht unterkriegen – nicht auf 17-Zentimeter-Sandaletten von Sergio Rossi. Kommt gar nicht in Frage! Keine Tränen, kein Bedauern. Ich werde es mit Haltung tragen, wie all die Frauen vor mir und all die Frauen nach mir. Sie wissen schon wie Jackie Kennedy, Königin Silvia … und die Frau, deren Ehering ich im Dorotheum ersteigert habe. Na super! Jetzt habe ich schon zwei Eheringe und keinerlei Verwendung dafür! Ob der Ring daran schuld ist, dass meine Ehe im Eimer ist? Vielleicht bringt er Unglück, ist mit einem Fluch belegt oder … (Gibt es eigentlich so etwas wie Ring-Kharma? Also das muss ich gleich mal checken in diesem Indischen Reiseführer.)
    Mist! Ich könnte schon wieder auf der Stelle losheulen. Im letzten Moment schaffe ich es, meinen Pashmina-Schal um den Mund zu wickeln und damit meine wimmernden Laute zu dämpfen, während hinter mir ein Dreijähriger lautstark nach seinem iPad verlangt, was mein Weinen schlagartig ins Unermessliche steigert. Die Tränen schießen nur so über mein Gesicht. Ich kann überhaupt nicht damit aufhören, so sehr ich auch versuche, mich zu fangen. Es tut so weh! Es ist so unfassbar, so völlig irreal, dass ich es noch nicht mal denken kann und doch ist es wahr. Alles aus. Zerplatzt der Traum! Einfach so. Ich bin wie diese Figur aus dem Kinderbuch. »Patsch! Da fährt es mit der Nase mitten in die Seifenblase und der schöne Spiegelball, der zerplatzt mit leisem Knall!«
    Der Knoten in meinem Hals wird immer fester, während ich so lautlos wie möglich in mein Taschentuch heule und mein Sitznachbar, auch bekannt unter Mister Ich-bin-ja-so-Beschäftigt in steifer Ignoranz in seine Zeitung starrt – als hätte er Angst, ich könnte ihm jederzeit mein gebrochenes Herz ausschütten! Oder noch schlimmer, meine Cola.
    Männer! Die sind doch wirklich alle gleich. Alarm: Gefühle! Nichts wie weg!
    Na gut, vielleicht habe ich ein klein wenig davon wirklich verschüttet. Aber mal im Ernst, es war kaum der Rede wert und zu meiner Verteidigung, er trägt eine scheußlich-braune Hose, also soll er sich bitte mal nicht so haben. Außerdem bin ich hier die betrogene Ehefrau! Also echt, im Grunde könnte er froh sein, dass ich so völlig abnorm ruhig auf diese Nachricht reagiere und hier nicht schon längst so was von Amok laufe, den Kapitän zur Landung in Paris zwinge und mir die vollständige Valentino-Sommer-Kollektion im Austausch gegen die Geiseln ausverhandle, denke ich und als ich aufsehe, bemerke ich sein mich entsetzt fixierendes Augenpaar.
    Wie? Nichts über für Gefühle, aber Gedankenleser, oder was?
    Für den Bruchteil einer Sekunde treffen sich unsere Blicke, aber noch ehe ich ihn höflich anlächeln kann, sieht Mr. Ignoranz auch schon wieder eilig zu Boden und irgendetwas sagt mir, dass er sich eben bewusst geworden ist, dass er einen ausweglosen 24-Stunden-Flug mit einer

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