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hinter ihr war?
Der Mann zog eine Pistole aus einem verborgenen Schulterholster.
»Mein Gott«, stieß Margaret hervor.
Dani fuhr herum. So schnell, dass der Mann nicht reagieren und Dani einen Schlag mit der linken Faust auf seiner Nase platzieren konnte. Er wurde herumgewirbelt, sein Gesicht drehte sich zur Kamera.
Selbst auf diesem unscharfen, alten Monitorbild konnte ich erkennen, wer das war: Riley. Vor Angst zog sich mir der Magen zusammen.
Ein weiterer Mann kam aus dem Fahrzeug. Er näherte sich Dani von hinten und trat ihr in die Kniekehle. Sie knickte ein, stolperte vorwärts. Riley holte mit der Waffe aus und traf Dani mit dem Kolben auf der Wange. Sofort spuckte sie Blut.
Margaret keuchte atemlos. »Wir müssen jemanden verständigen«, und griff so hastig nach dem Telefonhörer, dass sie dabei einen Stiftbecher umstieß. Die Stifte rollten vom Tisch und landeten klappernd auf dem Boden. »Das arme Mädchen! Ich kann nicht fassen, dass das niemand gesehen hat! Vielleicht haben sie sie längst umgebracht …«
Sam drückte auf die Gabel des Telefons. Margaret sah zu ihm auf. »Was soll das?«
»Hören Sie mir jetzt gut zu.« Er nahm ihr den Telefonhörer aus der Hand und legte auf. »Sie dürfen niemandem davon erzählen.«
»Aber … Ihre Schwester …«
Sam fasste mit einer Hand die Lehne ihres Stuhls, drehte sie schwungvoll zu sich herum und platzierte die andere Hand auf der anderen Lehne, schnitt der Frau so den Fluchtweg ab. »Das Mädchen ist gar nicht ihre Schwester«, log er und strickte sich schnell eine Geschichte zurecht. »Sie ist auf der Flucht vor der russischen Regierung. Die beiden Männer da sind russische Agenten. Wenn die erfahren, dass Sie die Szene beobachtet haben, werden die nicht lange fackeln und Ihnen und allen, die Ihnen lieb sind, fürchterliches Leid zufügen. Haben Sie mich verstanden?«
»Was? Sind Sie …?«
»Haben Sie mich verstanden?«, wiederholte Sam.
Margaret, die Augen noch größer, die Lippen jeder Farbe beraubt, nickte stumm.
»Löschen Sie die Aufnahmen«, forderte Sam. Sie rührte sich nicht. »Margaret?«
»Ja, okay.« Sie tippte fast wahllos auf der Tastatur herum. »Ich fasse es nicht.«
Sam sah mich an, während er weitersprach. »Margaret, wir müssen jetzt gehen. Ist mit Ihnen alles soweit in Ordnung?«
Sie schniefte und tippte nach wie vor. »Ja, ja, kommt schon alles in Ordnung. Ich meine … Ja.«
Sam nickte zur Tür. Ich trat zuerst aus dem Büro. Während wir uns entfernten, flüsterte er: »Genau deshalb wäre mein Plan besser gewesen.«
Da konnte ich nun wirklich nicht widersprechen.
7
Als wir eine halbe Stunde später bei unserem Haus ankamen, stoben wir alle in einem Anflug von geordneter Hektik auseinander. Nick war für den Laptop und alle Dokumente verantwortlich, die wir ausgedruckt hatten. Cas für unsere Erste-Hilfe-Ausrüstung. Sam für die Waffen. Und ich für die Lebensmittel und dafür, sicherzustellen, dass wir keine Hinweise und Spuren zurückließen.
»Weil du so aufmerksam bist und dir keine Details entgehen«, war Sams Begründung gewesen, als er die Aufgaben verteilt hatte.
Ich war gut vorbereitet, eine gepackte Vorratstasche wartete schon in der Waschküche, weshalb ich gleich nach oben lief und mit der Überprüfung in Nicks und Cas’ Zimmern anfing, um mir dann das Bad vorzuknöpfen.
Wir achteten immer darauf, nicht allzu viel herumliegen zu lassen, bloß Cas schien diese Regel ab und an zu vergessen. Oder er war schlichtweg zu faul, sie zu befolgen.
Das letzte verbliebende Zimmer in diesem Stockwerk war das Zimmer, das ich mir mit Sam geteilt hatte. Ich löste die drei Zeichnungen von der Wand oberhalb des Nachttischs. Die erste zeigte Cas und Sam beim Schachspielen, die zweite Nick beim Joggen, die letzte Dani und mich. Ich konnte die Szene weder zeitlich einordnen, noch sagen, ob das wirklich geschehen war, aber es fühlte sich wie eine echte Erinnerung an. Die Zeichnung zeigte Dani auf dem Boden sitzend. Sie hielt mich im Arm und streichelte mir über den Kopf.
Manchmal, wenn ich die Augen schloss, konnte ich sie fast flüstern hören.
»Anna?«
Beim Klang von Sams Stimme schreckte ich hoch. »Hallo«, sagte ich. »Ich bin fast fertig.«
Er nickte und warf einen Blick auf die Zeichnung in meiner Hand. Ganz kurz zeigte sich etwas auf seinem Gesicht. So etwas wie ein schlechtes Gewissen?
»Wir brechen in zehn Minuten auf«, sagte er, ohne mir in die Augen zu sehen, machte dann auf dem Absatz
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