Hier kommt Hoeneß!
dann Schulsprecher. Das war womöglich die beste Entscheidung seines Lebens. Denn so lernte er seine spätere Frau Susi kennen, die auf einer Mädchen-Realschule war. Die beiden Schulen brachten eine gemeinsame Schülerzeitung heraus und versuchten Anzeigen bei ortsansässigen Geschäften und Betrieben aufzutreiben. Denn die Zeitung war nahezu pleite. »Ein guter Freund von mir war Chefredakteur und hat die Zeitung gemacht, und ich hab das Geld reingeholt. Nachher war sie saniert«, sagt Hoeneß im Rückblick voller Stolz.
Mit seiner Freundin Susi haben sie im Sommer 1969 ein Schulfest auf die Beine gestellt, das manchem älteren Semester auch heute noch ein Begriff ist. Hoeneß hatte von der Bundeswehr ein riesiges Tarnnetz ausgeliehen und über den gesamten mehr als 600 Quadratmeter großen Schulhof gespannt. Hausmeister Michlberger half dabei, die vier bis fünf Meter hohen Masten aufzustellen und das Netz dort zu fixieren. In dem nun plötzlich überdachten Schulhof wurden Biertische aufgestellt. Livebands traten auf, und die Würstl kamen natürlich aus der elterlichen Metzgerei. »Wie Uli überhaupt an das Zelt rangekommen war, konnte sich keiner erklären. Das Fest war legendär, irre«, schwärmt Klassenlehrer Steinle noch heute, »für damalige Verhältnisse wirklich ein Wahnsinn.«
Am 18. November 1973 heiratete Hoeneß dann in Rottach-Egern am Tegernsee die Frau, die mit ihm vier Jahre zuvor das Fest organisiert hatte. Beide waren damals erst 21 Jahre jung. Und geschäftstüchtig. Sie verkauften die Fotos der Hochzeit exklusiv an eine Agentur. »Das war ein Riesenfehler. Totaler Schwachsinn«, ärgert sich Hoeneß noch heute, »damals bin ich zu sehr hinter der Kohle her gewesen.« Anders formuliert: Sie waren jung und brauchten das Geld.
Eine andere, für Hoeneß ebenfalls wegweisende Begegnung findet 1969 eine Woche vor Weihnachten statt, als die Eltern Besuch bekommen – nicht von einem Lehrer oder dem Schuldirektor, nein, vom Direktor des FC Bayern, von Robert Schwan. Der FC Bayern hatte den damals 17-jährigen Hoeneß oft genug beobachten lassen, Jugendnationaltrainer Udo Lattek hielt ihn für das »vielleicht größte Talent der Nachkriegszeit«. Nun sollte der Junge nach München geholt werden. Doch der Umworbene hatte Angebote von einem Dutzend Bundesligisten, auch vom TSV 1860 München. Schwan versprach ein Gehalt von 2000 DM im Monat, doch Hoeneß bat um Bedenkzeit. Rat holt er sich nicht nur bei Mama und Papa, sondern auch von dem jungen Sportlehrer Steinle. »Ich erinnere mich noch genau, dass wir damals an der Weitsprunggrube auf dem Sportplatz standen und er mir erzählte, er habe Angebote von Bayern und Köln. Die eigentliche Frage für ihn aber lautete: Sollte er einen Profivertrag mit einem höheren Einkommen unterschreiben oder vorerst Amateur bleiben, um an den Olympischen Spielen 1972 in München teilnehmen zu können?«
Außerdem wollte Hoeneß eigentlich studieren, ursprünglich Betriebswirtschaft – er sah darin eine notwendige Anregung. Denn würde er eindimensional denken und lediglich Fußball spielen, litten Geist und Körper. Dabei wollte seine Mutter Paula, dass er Landwirt oder Lehrer wird, auf »jeden Fall was G’scheits«, ermahnte sie ihn als Jugendlicher wieder und wieder. Als Hoeneß beim Abitur den Numerus clausus für die Universitätszulassung in München verfehlte, begann er ein Lehramtsstudium in Anglistik und Geschichte. Denn hatte er einmal ein Ziel vor Augen, verfolgte er es konsequent, Rückschläge führten da nur zu leichten Kursänderungen.
Der Gedanke an die einmalige Chance, ein Olympia-Abenteuer im eigenen Land miterleben zu können, ließ ihn nicht mehr los. Ganz der frühreife Geschäftsmann, realisierte er bereits damals die Vermarktungsmöglichkeiten in eigener Sache: »Ich hoffe, dass mir mein Entschluss Kreativität eingebracht hat und noch mehr einbringen wird. Ich hoffe, dass er sich nach den Spielen auszahlen wird.« Er war sein eigenes Anlageprojekt: Ein »Cleverle« nennen sie in Schwaben so einen Burschen. Er verzichtete auf die schnelle Mark und träumte eher von einer mittelfristigen Gewinnmaximierung. Auch Steinle riet ihm, sich Olympia nicht entgehen zu lassen. Also setzte sich Hoeneß bei dem Verein durch und gewann in allen Punkten. Er unterschrieb bei Bayern, durfte aber Olympia 1972 in München noch als Amateur bestreiten. Als Dankeschön erhielt er einen neuen BMW 2002, der vor der Metzgerei der Eltern abgestellt wurde. Aber
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