Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
mitbekommen.
Ich nicke nochmals.
»Niklas«, sage ich.
Bruno schaut mich nachdenklich an.
»Der passt nicht zu dir«, sagt er.
Wie bitte?
»Das, das ist …« Jetzt stammle ich.
Das ist doch wirklich unerhört!
Mir wird ganz heiß. Und auch etwas übel.
Ausgerechnet Bruno will wissen, wer zu mir passt und wer nicht!
»Du, du …«, schnaube ich plötzlich kopflos.
Du hast überhaupt keine Ahnung, wer zu mir passt, Bruno!
Du hast sogar gemeint, dass du zu mir passt!
Mein Vorgesetzter weicht einen Schritt zurück.
»Beruhige dich doch, Iris«, legt er mir zu allem Überfluss nahe.
»O nein! Ich beruhige mich nicht!« Jetzt brauchen die Kolleginnen nicht mal mehr ihre Bürotüren zu öffnen, um zu hören, was ich und Bruno im Flur veranstalten. »Wie kannst du so anmaßend sein! Du kennst Niklas doch kaum!«
»Stimmt. Ich kenne ihn kaum. Aber mein erster Eindruck von ihm war ein schlechter. Und ich finde so lange, dass er nicht zu dir passt, bis sich dieser Eindruck grundlegend geändert hat.«
Ein schlechter Eindruck!
So, so!
Auf Brunos Stirn glänzen kleine Schweißperlen, und sein Atem geht schwer.
Von wegen schlechter Eindruck.
Höchstwahrscheinlich ist Bruno einfach nur eifersüchtig!
»Ich glaube, ich möchte Niklas nicht weiter mit dir diskutieren, Bruno«, informiere ich ihn mit ruhiger Stimme, obwohl ich vor Empörung zittere.
Am liebsten würde ich Bruno hier und jetzt die Freundschaft kündigen. Aber ich muss ihm wohl zugutehalten, dass er aufgrund seiner Gefühle für mich Niklas nicht objektiv beurteilen kann.
Bruno will gerade etwas sagen, als zwei Verliebte die Treppe hoch eilen. Arm in Arm. Derartig eng umschlungen, dass man sich nur wundern kann, wie sie es schaffen, so die Stufen zu nehmen.
Strahlend machen sie vor uns halt.
»Hallo, Papa«, sagt Felix und merkwürdig beiläufig: »Hallo, Iris.«
»Hallöchen!«, ruft Melanie. Sie zieht neugierig und belustigt ihre feinen, goldroten Augenbrauen hoch. »Stören wir euch gerade? Ihr seht beide so … so aufgewühlt aus.«
Sie lässt das klingen, als erahne sie bei Bruno und mir ebenso wilde Leidenschaft wie bei ihr und Felix. Und als fände sie eine solche Leidenschaft bei Leuten in unserem Alter bemerkenswert und ulkig zugleich.
Ich blicke sie wortlos an und stelle mir kurz vor, wie ulkig sie es wohl fände, von Felix’ Liebeserklärung nach der Magenspiegelung zu erfahren. Und von seiner Hand in meinem Haar.
»Offen gesagt stört ihr tatsächlich«, sage ich. »Bruno und ich haben gerade eine gehörige Meinungsverschiedenheit.«
Bruno stöhnt verlegen auf.
Felix sieht mich erstaunt an.
Nun soll diese Melanie mit ihrer ganzen Coolness mal sehen, wie sie mit meiner ehrlichen Antwort auf ihre dreisten Andeutungen umgeht.
Ich lächle ihr erwartungsvoll zu.
Sie hebt schon wieder ihre schmucken Augenbrauen.
»Oh«, sagt sie erschrocken und wird sogar ein wenig rot. »Ich dachte tatsächlich …, ihr beide … na ja, jedenfalls habe ich wohl vollkommen danebengelegen. Schade.«
Hm …
Sie ist gar nicht so cool.
Vielleicht ist sie eher ziemlich naiv.
Wie könnte sie sonst so begeistert sein von der Idee, Bruno und ich gäben ein prima Paar ab?
»Was führt euch denn hierher?«, fragt Bruno und lächelt Melanie und Felix mühsam an. Deutlich steht ihm die Angst ins Gesicht geschrieben, dass Melanie als Nächstes wissen will, worum es in unserem gehörigen Streit denn geht.
Felix räuspert sich.
»Papa«, sagt er dann mit angespannter Miene.
Melanie dagegen sieht aus, als platze sie gleich vor Glück. Sie drückt sich fest an Felix’ Arm und legt ihren Lockenkopf an seine Schulter.
»Papa«, beginnt Brunos Sohn noch mal.
Melanie gibt ihm einen spaßhaften kleinen Stoß.
»Sag’s schon! Sag’s schon!«, drängt sie ihn aufgeregt wie ein kleines Kind vor der Bescherung.
Irgendwie gefällt es mir ganz und gar nicht, wie diese Frau Felix nötigt, etwas zu verkünden, was er offenbar nicht wirklich will. Womöglich geht es ja um etwas Wichtiges, was er sich noch in Ruhe überlegen möchte. Vielleicht wollen sie ihren Hundesalon und seine Tierfotografie geschäftlich zusammenführen. Oder sie wollen zusammenziehen.
»Was ist denn los, Felix?«, fragt Bruno, als ahne er nichts Gutes.
»Wir haben uns verlobt!«, quietscht Melanie und sieht Bruno hocherfreut an.
Ihren Schwiegervater in spe.
Der ist einige Augenblicke sprachlos.
Vor Entsetzen, vermute ich.
Und ich kann Bruno völlig verstehen! Diese Melanie
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