Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
umblicken. »Du bist selbstverständlich eingeladen«, sagt er.
Angenehm ist mir das nicht.
»Vielen Dank«, sage ich. Um ihn nicht zu beleidigen.
Der Ober eilt heran.
»Zusammen?«, fragt er.
Niklas nickt.
Während er die Rechnung begleicht und der Ober abräumt, nehme ich den Strauß Iris aus der Vase und lasse ihn kurz über dem Boden abtropfen. Ich seufze leise in mich hinein. Das Kaffeetrinken ist vollkommen anders verlaufen, als ich es mir gewünscht habe. Und das, obwohl Niklas aus seiner Sicht bestimmt alles getan hat, damit es ein Erfolg wird.
Ist es womöglich gemein von mir, ihn so abweisend zu behandeln, wenn er mir Blumen mitbringt und voller Vertrauen Pläne für unsere gemeinsame Zukunft schmiedet?
Niklas steht auf. Er zeigt auf den Hausprospekt, der einsam auf dem Tisch liegt.
»Möchtest du den mitnehmen?«, fragt er. »Dann kannst du ihn dir in Ruhe ansehen. Ich habe noch einen zweiten zu Hause.«
»Klar! Gerne«, sage ich und stecke die Broschüre in meine Handtasche.
Nun sieht Niklas wenigstens meinen guten Willen.
Und ich verpflichte mich trotzdem zu nichts.
Er lächelt.
Gott sei Dank.
»Prima«, sagt er. »Du weißt ja. Nur noch drei freie Häuser. Wir sollten uns rasch entscheiden.«
Mein Herz sinkt.
Was soll ich nur tun?
Er hat immer noch nicht verstanden, dass mir das alles zu schnell geht.
»Meine Eltern essen immer Punkt sechs«, sagt Niklas. »Höchste Eisenbahn für mich! Du kannst dir vorstellen, wie ungemütlich mein Vater wird, wenn sich seine Abendmahlzeit verzögert.«
Ich nicke zerstreut und staune, wie selbstverständlich Niklas plötzlich über die Unarten seines Vaters spricht. Vor allem aber bin ich mit der Frage beschäftigt, ob ich Niklas nun klipp und klar sagen soll, dass es mit dem gelben Haus nichts wird, wenn ich mich so rasch entscheiden muss.
»Ich rufe dich morgen bei der Arbeit an«, sagt Niklas, macht einen Schritt auf mich zu, umfängt mich mit seinen Armen und zieht mich an sich, so dass der Blumenstrauß zwischen uns gequetscht wird. »Ach, Iris«, haucht er in mein Haar.
Er lässt mich wieder los.
»Adieu«, ruft er lächelnd. »Nun muss ich mich aber spurten!«
Was er auch sofort tut.
Ich komme nicht mal mehr dazu, ihm auch nur adieu zu sagen, geschweige denn, etwas klarzustellen. Mit offenem Mund blicke ich ihm nach und kann nicht umhin, seine jugendliche Ausstrahlung zu bewundern.
Am Ausgang des Kaffeegartens macht er einen Augenblick halt und winkt mir glücklich zu. Ich muss lächeln. Sein Abgang ist so herzerwärmend. Genau wie sein Auftritt vorhin. So voller Gefühl. Und ohne Scheu, es zu zeigen. Ich winke einigermaßen bezaubert zurück.
Bin ich froh, dass ich vorerst nichts klargestellt habe.
Bestimmt ist es besser so. Fast hätte ich alles kaputtgemacht. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie schrecklich ich mich dann gefühlt hätte. So alleine. Und selber schuld!
Die Hauptsache ist doch, dass Niklas mich will.
Alles andere wird sich finden – ich muss einfach nur schön besonnen vorgehen.
Ich atme tief durch und schultere meine Handtasche. Nein, schüttle ich den Kopf, nein wirklich, meine Beziehung zu Niklas wird doch nicht an diesem gelben Reihenhaus scheitern.
Einundzwanzigstes Kapitel
E mma erwartet mich nicht zum Abendbrot.
Anstatt eine tröstliche Mahlzeit vorzubereiten, bei der sich zwei alte Freundinnen darüber austauschen können, wie es ihnen in Anbetracht der fiesen Umstände geht, hat Emma ihre Wohnung jeder Ordnung und Behaglichkeit beraubt.
»Emma! Was macht du denn da?«, entfährt es mir, als ich eintrete und sehe, wie sie das schrille Porträt ihres Katers von der Wand reißt. Sie dreht sich kurz zu mir um, dann pfeffert sie das Foto auf den Haufen anderer Bilder, der sich wüst in der Mitte des Flures türmt. »Das geht doch kaputt!«, rufe ich verstört.
O mein Gott! Im Wohnzimmer erblicke ich einen verschachtelten Stapel aus Stehlampen, Vasen und Büchern – und Emmas opulente Gardinen hängen nicht mehr vor den Fenstern, sondern schmücken in wirren Bahnen den Flachbildfernseher.
»Na und! Soll doch alles kaputtgehen!«, stößt Emma hervor.
Sie hat sich ihre niedlichen Locken mit einem Tuch nach hinten gebunden. Ihr ungeschminktes Gesicht sieht vollkommen erschöpft und absolut entschlossen aus. »Ich kann den ganzen Kram sowieso nicht mehr gebrauchen, wenn ich, wenn ich in irgendein Rattenloch ziehen muss!«
»Aber das Bild von Monk!«, rufe ich. Ich weiß doch, wie stolz sie auf das Foto
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