Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
ihres Haustiers ist. »Das kannst du auch in jeder anderen Wohnung aufhängen!«
Emma sieht mich an, als hätte ich etwas durch und durch Unsinniges von mir gegeben. Sie schnaubt laut.
»Dieser Kater ist sowieso viel zu verwöhnt«, sagt sie knallhart und für mich ohne erkennbaren Zusammenhang. Sie dreht sich nach Monk um und entdeckt ihn auf einem der Sessel, die bisher Teil der Wohnzimmereinrichtung waren. »Du wirst dich ganz schön umstellen müssen, mein Lieber. Schluss mit dem Luxus«, informiert sie ihn. Als hätte vor allem sein ausschweifender Lebensstil sie ruiniert. »Kein frisch geschabtes Rindertatar mehr für dich, keine teuren Zahnputz-Knabberkügelchen oder stundenlange Wohlfühlmassagen bei der homöopathischen Tiertante. Keine Nobel-Katzenpension, wenn ich im Urlaub bin. Aus und vorbei!«
Monk sieht seine Besitzerin so besorgt an, als hätte er jedes ihrer Worte verstanden. Aber vielleicht denkt er auch nur, dass sie den Verstand verloren hat.
»Emma«, sage ich und bemühe mich um einen besänftigenden Ton. »Wollen wir beide uns vielleicht in die …«, ich werfe einen bangen Blick in die Küche. Oh, oh! Emma hat ihre edlen Weinbestände aus dem Regal entfernt und zum Abtransport in mehrere Plastikeimer gestopft. Ihre Spitzenkaffeemaschine steht neben den anderen Exklusivgeräten wie zur Hinrichtung auf dem Küchentisch. »Also, in die Küche setzen. Du ruhst dich ein wenig aus. Ich mache uns schnell einen schönen Tee. Was meinst du?«
Mit einmal sieht Emma nur noch erschöpft aus.
»Einen Tee? Das wäre toll«, sagt sie und stapft sofort Richtung Küche.
Was die Aussicht auf eine Tasse Tee doch auszurichten vermag.
Offenbar ist Emmas Besessenheit von einem auf den anderen Moment verpufft.
Ich folge ihr, und sie lässt sich ohne weiteres auf einen der kostspieligen und trotzdem unbequemen Küchenstühle fallen.
»Soll ich dir diesen ayurvedischen Tee machen, ja?«, schlage ich vor. »Du weißt schon. Der, der den Kopf frei macht und fernöstliche Gelassenheit schenkt!«
Wie gut, dass ich mir gemerkt habe, was Emma zu den wunderbaren Eigenschaften ihres auserlesenen Lieblingstees erzählt hat.
»Nein, nein! Den will ich nicht«, winkt Emma ab, und das fanatische Glitzern ist zurück in ihren Augen. »Ich will was ganz Einfaches. Den Kamillentee, den du gekauft hast.«
Nanu. Sonst kann sie nicht fassen, wie ich so was trinken kann: eine No-name-Billigmarke aus dem Discounter.
»Sicher?«, frage ich einigermaßen beunruhigt, während ich Wasser in den stahlgrauen Designerkocher fülle, den Emma zum Glück noch nicht ausrangiert hat.
»Ja. Ich muss mich dran gewöhnen.« Sie scheint von der Größe ihres eignen Vorhabens erschüttert. »Ich habe mich zum einfachen Leben entschlossen, Iris. Weil der Luxus mir nur Schlechtes gebracht hat.«
»Oh.« Ich nehme die Teebecher aus dem Schrank und drehe mich erstaunt zu meiner besten Freundin um.
Einfaches Leben.
Warum muss Emma gleich von einem Extrem ins andere fallen?
»Der ganze teure Kram kommt weg«, sagt sie wie eine wahre Märtyrerin. »Ich habe jemanden, der das Zeug für mich bei eBay verkauft. Mit dem Erlös kann ich dann schon mal anfangen, meine Schulden abzuzahlen. Ich werde, ich werde wohl erst mal von Sozialhilfe leben müssen. Und meine«, ihre Stimme zittert mitleiderregend, »meine neue, einfache Lebensweise wird mir helfen, endlich meine inneren Werte zu kultivieren. Ja.«
Ich starre sie an.
»Emma, wie redest du denn plötzlich?«, frage ich kopfschüttelnd. »Hast du das irgendwo gelesen?«
»Nicht gelesen«, antwortet sie trotzig. »Gehört.«
Ich sehe sie fragend an.
»Erinnerst du dich an diesen Workshop, den, den wir letzten Winter besucht haben, Iris? ›Heil werden mit Engeln‹?«
»Jaja, ganz genau sogar«, sage ich. »Wir sind da hingegangen, weil du den Titel wahnsinnig albern fandest. Du hast dir einen Riesenspaß davon versprochen. Und du hattest recht. Wir haben uns im Anschluss kaputtgelacht.«
Emma sieht mich stumm an. Sie kaut angestrengt auf der Unterlippe.
»Die, die Heilerin dort, die hat doch gesagt«, beginnt Emma.
»Die Heilerin?«, frage ich und stelle die Tassen auf den Tisch. »Damals hast du sie ganz anders genannt. Quacksalberin, glaube ich. Und das vor der versammelten Teilnehmerschar.«
»Stimmt«, entgegnet Emma hitzig. »Weil sie gesagt hat, diese Engel würden uns nur beistehen, wenn wir ein einfaches Leben führen. Und uns ansonsten unsrem Unheil überlassen.«
Sie schaut
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