Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
schade, denke ich grimmig und nehme einen genüsslichen Schluck von dem Kaffee, den ich mir als Erstes gebrüht habe, noch bevor ich mich an meinen Schreibtisch gesetzt habe.
Emma hat ja so was von recht.
Ich muss endlich machen, was ich will. Ich muss mutiger werden.
Und nicht auf irgendwelche Garantien warten. Bis ich zu alt bin.
Ich drehe mich mit meinem Bürostuhl Richtung Fenster.
Ist mir egal, wenn Bruno reinkommt und mich in dieser eindeutig arbeitsfernen Position ertappt. Das frühlingshafte Grün des Parks schräg gegenüber ist der ideale Ruhepunkt für meine Augen, während ich Klarheit in meine Gedanken bringe.
Ich rühre kräftig in meiner Tasse, damit der Zucker sich schneller auflöst, von dem ich einfach so viel reingeschüttet habe, wie ich will. Dann nehme ich einen zweiten Schluck, der herrlich süß ist, und konzentriere mich.
Eigentlich ist es erstaunlich klar.
Ich will Niklas.
Ich will Kinder.
Und ein Haus.
Ich beuge mich vor. Wenn ich genau hinsehe, kann ich von hier aus die neue gelbe Reihenhaussiedlung erkennen.
Heute Abend werde ich mir das Haus noch mal unter besonderer Berücksichtigung seiner Vorzüge ansehen – schließlich werden wir uns ohnehin kein größeres leisten können. Dann werde ich Niklas bei unserem romantischen Picknick sagen, dass ich es ernsthaft in Erwägung ziehe.
Ich atme einmal tief durch.
Und morgen Nachmittag werde ich in einem kurzen Gespräch mit seiner Ex klären, dass ich ihm vertrauen kann.
Und in Bezug auf seine, seine etwas schwierige Familie …
Ich schlucke.
In Bezug auf seine etwas schwierige Familie hat er mir ja bereits einen sehr nützlichen Tipp gegeben – den ich einfach nur noch konsequenter umsetzen muss.
Ich nicke entschlossen.
Außerdem werden die Nienabers ja nicht oft da sein. Schließlich hat Niklas gesagt, dass er das Haus nicht wegen der Nähe zu ihnen ausgesucht hat.
Ich trinke den Rest meines Kaffees.
Am liebsten würde ich sofort losmarschieren und mit Niklas unsere Zukunft planen. So viel Lust auf Entscheidungen verspüre ich plötzlich.
Keine Ahnung, ob es an den klaren Gedanken liegt, die ich mir gemacht habe. Oder an der ungewohnten Zuckermenge.
Achtundzwanzigstes Kapitel
N och nie hat sich ein Arbeitstag so lange hingezogen wie dieser!
Punkt fünf stürme ich aus dem Büro und runter zum Ausgang wie ein Schulkind nach der letzten Stunde vor dem Sommerferien. Ich überhole sogar die Kollegin Schwarzberg auf der Treppe und bin das erste Mal eher als sie vor der Tür.
Draußen behalte ich mein flottes Tempo bei, denn ich habe mir etwas überlegt. Ich werde endlich mal Niklas überraschen. Immer hat er sich die romantischen Sachen einfallen lassen: Blumensträuße, Picknick, die Idee, zusammen ein Haus zu kaufen. Jetzt bin ich an der Reihe.
Beschwingt betrete ich die kleine Konfiserie neben dem Dom, die für ihre hausgemachten Trüffel berühmt ist. Ich habe sie zwar noch nie gekostet, aber sie werden bestimmt eine wunderbare Nachspeise bei unserem Picknick sein! Voller Vorfreude auf Niklas’ Gesicht atme ich den köstlichen Duft von Schokolade ein und lasse meinen Blick über die bunten Pralinenberge in der Vitrine und auf dem Tresen gleiten.
»Einen wunderschönen guten Tag«, sagt die junge Verkäuferin, die adrett in schwarzem Kleid mit weißer Schürze hinter dem Tresen erscheint.
Ja, denke ich, genauso einer soll es noch werden.
»Hallo«, sage ich gutgelaunt und nicke Richtung Trüffel. »Die sehen ja ganz köstlich aus.«
Sie lächelt, als sei sie Trüffel-Komplimente gewohnt.
»Was darf es denn Schönes sein?«, fragt sie ohne Interesse.
Egal. Ich werde mir den Spaß beim Aussuchen nicht verderben lassen.
»Hm.« Ich studiere die handgeschriebenen Schildchen vor den verschiedenen Trüffelsorten.
Himbeer-Soufflé … mhm … Whisky-Sahne, vielleicht … Kokosnuss, nein …
»Wollen Sie die Trüffel verschenken?«
Ich blicke zur Verkäuferin.
»Ja.«
»Wir haben auch Trüffel-Mischungen in hübschen Präsentkartons«, teilt sie mir beflissen mit.
»Ja?«
»Ja«, sagt sie. »Falls Sie sich nicht entscheiden können.«
Eigentlich keine schlechte Idee. Ich kann ja ohnehin nur raten, welche Geschmacksrichtungen Niklas mag.
»Okay«, sage ich.
Sie zeigt auf das nostalgische Regal neben dem Tresen, das mit unzähligen dekorativen Geschenkschachteln bepackt ist.
Ich gehe zu dem Regal und stelle mich davor. Die Verkäuferin stellt sich neben mich und sieht mich erwartungsvoll
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