Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
meine Schulter und nehme die Tasche mit den Trüffeln in die linke Hand, damit ich mich mit der rechten am Fenstersims festhalten kann.
Dann lehne ich mich wieder zum Fenster.
»… sehr gut sogar, da bin ich mir sicher«, sagt Niklas.
»So, so«, antwortet Isolde.
Sie klingt, als hätte sie große Zweifel.
Worum dreht sich dieses Gespräch?
»Ach, Mama«, sagt Niklas und lacht. »Auch wenn ich noch nie etwas gegessen habe, was sie gekocht hat, bin ich mir sicher, dass Iris eine gute Köchin ist. Nachdem, was sie so erzählt. Außerdem ist sie genau der Typ.«
Ich bin genau der Typ?
Wie meint er das denn?
»Na, hoffen wir mal das Beste«, sagt Isolde. »Du weißt ja, wie wichtig es mir ist, dass du etwas Vernünftiges zu essen bekommst, mein Junge.«
Oh!
Wie die sich aufspielt.
Ich unterdrücke ein empörtes Schnaufen und lausche gespannt, was Niklas dazu sagt.
Er lacht noch mal.
»Mama«, meint er. »Keine Bange, das wird Iris schon hinkriegen. Natürlich niemals so gut wie du.«
Ich schlucke.
Isolde kichert geschmeichelt.
»Nun gut«, sagt sie. »Auf jeden Fall lässt sie sich gut lenken. Das kleine Naivchen. Nicht wahr, mein Junge?«
Wie bitte?
Meine Hand verliert plötzlich ihren Halt, mein Fuß rutscht ab und ich plumpse mit den Knien voran in die staubige Gartenerde unter dem Fenster.
Mein Aufschrei kann ihnen nicht entgangen sein.
Sofort vernehme ich Schritte in der Küche.
Dann macht jemand das Fenster zu, legt den Griff um und macht es richtig auf.
Ich schließe die Augen.
Nein, denke ich, nein!
»Iris!« Es ist Niklas.
Ich spüre kalten Schweiß auf meiner Stirn.
»Iris«, sagt Niklas noch mal. »Das ist aber eine Überraschung!«
Überraschung! Pah!
Wäre ich nur nicht auf die blöde Idee gekommen, Niklas zu überraschen.
»Iris?« Niklas klingt besorgt. »Hast du dich verletzt?«
Ich öffne die Augen.
Es nützt ja nichts.
Langsam hebe ich den Kopf, bis ich Niklas’ Gesicht sehe.
Ich seufze laut.
»Nein.« Ich versuche aufzustehen.
»Warte!« Niklas schließt das Fenster. »Ich komme und helfe dir!«
Oh, tun mir die Knie weh!
Benommen taste ich nach meiner Handtasche. Sie baumelt noch an meiner Schulter. Und die Tasche mit den Trüffeln? Ich blicke mich um. O nein! Ich habe sie fallen lassen, der edle Präsentkarton ist rausgerutscht und liegt im Dreck.
Ich stütze mich an der Mauer ab und stehe vorsichtig auf. Niklas stürzt aus der Tür, nimmt die beiden Treppenstufen mit einem Satz und eilt an meine Seite.
»Was war denn das?« Er schüttelt den Kopf.
Mir ist plötzlich ganz zittrig.
Aber nicht wegen des Sturzes.
Ich schaue ihn an.
Meint er auch, ich lasse mich gut lenken? Meint er auch, ich sei ein kleines Naivchen?
Ich höre mein Herz rasen.
Was hätte er zu Isoldes gemeiner Bemerkung gesagt, wenn ich nicht ausgerechnet in diesem Moment weggerutscht wäre?
»Im Ernst.« Niklas’ Stimme hat plötzlich eine ungewohnte Schärfe. »Wie kommt es, dass du unter dem Fenster auf der Erde landest?«
O Gott, ich muss ihn fragen, was er Isolde geantwortet hätte.
»Du hast doch nicht etwa unter dem Fenster gestanden und gelauscht?«
Mein Herz pocht mit einmal so laut, dass es in meinen Ohren rauscht.
»Nein«, sage ich, ohne nachzudenken, und hole tief Luft. »Natürlich nicht.«
Stimmt ja. Ich habe nicht unter dem Fenster gestanden.
Niklas sieht mich an und schweigt.
»Wirklich nicht.«
Verdammt. Wie kann ich ihn nun noch fragen, was er zu meiner angeblichen Naivität gesagt hätte?
Niklas brummt irgendetwas und klingt wenig überzeugt.
»Ich bin auf der Treppe ausgerutscht«, erkläre ich hastig.
»Und dann hier gelandet?« Niklas zeigt auf den Boden. »Eigentlich hättest du dort liegen müssen.« Er zeigt auf den Weg unterhalb der Treppenstufen.
Ich hebe perplex die Schultern.
»Ich verstehe auch nicht, wie das gekommen ist.«
Niklas’ Blick gleitet zu den Trüffeln und der leeren Tragetasche.
»Gehört das dir?«, fragt er höflich.
Ich nicke und bemerke, wie mir dicke Tränen die Wangen runterrollen. Ach, wie konnte ich mich nur in eine so scheußliche Situation bringen.
Niklas hebt die Tasche und den Präsentkarton auf und reicht mir beides.
»Bitte.« Er klingt etwas freundlicher.
»Danke«, schluchze ich.
Egal. Egal, was Niklas denken mag …
Mein Magen zieht sich bange zusammen.
… werde ich ihn jetzt fragen, ob er mich etwa auch für ein kleines Naivchen hält.
»Oh, hallo, Iris!«, ertönt Isoldes Stimme.
Erschreckt blicke
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