Hier und jetzt
sich deshalb anders überlegt? Hatten Sie Angst, Sie könnten mir wehtun?”
„Ich dachte, Sie möchten bestimmt nicht, dass ich Sie hier draußen im Freien nehme, oder habe ich mich vielleicht geirrt?”
Claire war froh, dass er etwas gesagt hatte, worüber sie sich ärgerte. Damit konnte sie leichter umgehen. Energisch wollte sie zum Haus zurückgehen, doch Jacob versperrte ihr den Weg.
„Möchten Sie die ganze Nacht hier stehen und mich anstarren?” fragte sie.
„Das vorhin war ein Fehler”, meinte er nachdenklich. „Dadurch wird alles nur komplizierter.”
Das stimmte, doch es traf sie trotzdem. Sie sollte ihm Recht geben und darauf hinweisen, dass sie vernünftige Menschen waren, die trotz dieses Fehlers weiter zusammenarbeiten konnten. Wenn er sie nicht begehrte, war das nur gut.
Vor zehn Minuten noch hätte sie es sich gewünscht, dass ihr Verhältnis sich aufs rein Berufliche beschränkte. Doch jetzt hatte sich alles geändert. Jetzt wusste sie, wie wundervoll Jacob küsste und welche Leidenschaft er in ihr entfachen konnte. Sie sehnte sich danach, es wieder zu erleben.
Doch er gab den Weg frei und sagte dadurch ohne Worte, dass er ihr genau das gab, was sie sich gewünscht hatte … vor zehn Minuten.
„Ein Fehler …” Das hatte Jacob nicht sagen wollen. Es war ihm herausgerutscht, weil er noch unter Schock stand. Daran musste er denken, während er mit Claire vor dem Haus darauf wartete, dass sein Wagen vorgefahren wurde.
Zum Glück wollte sie offenbar nicht wie die meisten Frauen über alles reden. Das war einer der wenigen Punkte gewesen, die er bei Maggie nicht gemocht hatte.
Claire war ein wenig blass, als er ihr die Wagentür aufhielt. „Könnten wir das Verdeck öffnen?”
Mit der Frage hatte er nicht gerechnet. „Dann wird Ihr Haar zerzaust.”
„Ich kann mit einer Bürste umgehen. Wenn Sie es nicht möchten, sagen Sie es ruhig.”
„Ich öffne das Verdeck.” Der Fahrtwind war manchmal so laut, dass man sich nicht unterhalten konnte. Nun, das konnte ihm nur recht sein. Claire stieg graziös ein. Ihr Kleid rutschte etwas höher und enthüllte ein Stück ihrer Schenkel, und Jacob stellte sich vor, die er die zarte Haut küsste und …
Er hatte zwei Methoden, um Spannung abzubauen. Entweder trainierte er, oder er fuhr mit offenem Verdeck. Heute klappte das nicht, auch nicht, als er auf der Interstate Gas gab.
Das Schweigen, das er sich gewünscht hatte, trieb ihn zum Wahnsinn. Verdammt, er war schließlich nicht über Claire herge fallen. Er war behutsam vorgegangen, bis ihn das Verlangen mit voller Macht traf. Und dann hatte er sich sofort erschrocken zurückgezogen.
Einem Mann, der sich bei einer Frau nicht bezähmte, konnte man nicht trauen.
Sie näherten sich schon der Ausfahrt nach Garland, doch Claire schwieg noch immer.
„Wenn Sie Ihre Katze holen wollen, sollten Sie mir jetzt den Weg beschreiben”, sagte Jacob.
„Nehmen Sie die Ausfahrt nach Cates und fahren Sie dann . Richtung Valley Mills”, entgegnete Claire beherrscht. „An der dritten Kreuzung links. Delmar Street Nummer 1110.”
„Ich habe Sie nicht überfallen”, sagte er gereizt. „Sie waren sehr entgegenkommend. Wenn Sie auf eine Entschuldigung warten, müssen Sie … Was haben Sie gesagt?” Der Fahrtwind hatte ihre Bemerkung übertönt.
Als sie nicht antwortete, warf er ihr einen Blick zu. Sie blickte nach vorne. Der Wind zerrte an ihrem Haar.
„Sie lachen”, stellte Jacob finster fest.
„Tut mir Leid. Ich dachte … Ach, schon gut. Jetzt verstehe ich. Sie sind verärgert, weil Sie sich ein wenig haben hinreißen lassen.”
Ein wenig? Er hatte die Beherrschung verloren. Und er hatte gedacht, das wäre für Claire das Schlimmste, was überha upt passieren konnte. Es schien ihr aber nichts auszumachen.
Wenn sie sein Geld nicht wollte und von ihm weder Vernunft noch Beherrschung erwartete, was konnte er ihr dann bieten?
„Gibt es nun Probleme für uns?” fragte sie. „Bei der Zusammenarbeit, meine ich.”
„Nein. Ich habe Sie geküsst, Sie haben den Kuss erwidert. Wir sind erwachsen. Also gibt es keine Störung unserer beruflichen Beziehung.”
„Warum sind Sie dann so zornig?”
Gute Frage.
Hier roch es nicht mehr nach Wald und Wiesen, sondern nach Staub und Abgasen. Die Dunkelheit wurde durch die zahlreichen Lichter der Großstadt zerstört. Es gab keinen Frieden, genauso wenig wie in Jacobs Gedanken.
Er war nahe daran gewesen, mit ihr auf den Boden zu sinken, ihr das Kleid
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