Hier und jetzt
während die Gäste sie neugierig anstarrten wie Schaulustige, die sich am Ort eines Unglücks versammelt haben.
„Laura”, sagte Murchison gereizt, „wieso hast du nichts unternommen?”
„Ich wüsste nicht, was sie hätte unternehmen können”, sagte Claire herausfordernd zu Murchison.
Er sah sie an, als wäre sie eine Kakerlake.
„Achten Sie darauf, was Sie sagen”, warnte Jacob den Gastgeber und legte den Arm um Claire. Sie zitterte, was ihn noch zorniger machte.
„Jacob”, entgegnete Murchison, „Sie wussten doch, dass es wegen Ihrer Begleiterin Probleme geben könnte. Sie schulden mir eine Erklärung.”
„Und Sie schulden mir zwei Millionen Dollar.” Jacob wandte sich ab und führte Claire zu den Schiebetüren, die wegen des milden Wetters geöffnet waren.
„Sie können mich jetzt loslassen”, sagte Claire, sobald sie ein Stück von Murchison entfernt waren. „Mir geht es gut.”
„Aber mir nicht.”
6. KAPITEL
Jacob führte Claire auf die Veranda und weiter in den Wald, der an den Garten grenzte. Sie nahmen einen Weg, der von kleinen Lampen erhellt wurde.
Jacob drückte sie zwar an sich, doch er bot ihr Trost und Stüt ze und versuchte nicht, sie zu verführen. Trotzdem ergriff sie ein seltsames Verlange n, das sie hilflos machte. Ihr Herz klopfte schneller, in ihrem Bauch tanzten Schmetterlinge. Sie wusste, sie sollte sich von Jacob lösen. Das Zusammentreffen mit Sue Lawrence war unangenehm gewesen, hatte sie aber nicht so sehr erschüttert, dass Jacob sie stützen musste.
Die Geräusche der Party wurden durch die Bäume gedämpft und blieben hinter ihnen zurück. Über Claires Kopf funkelten die Sterne, zu ihren Füßen leuchteten Lampen wie Irrlichter, die Menschen auf trügerischen Grund locken.
Ihr schauderte.
„Ist dir kalt?”
„Nein.” Endlich konnte sie sich von ihm zurückziehen.
„Ich wusste nicht, dass die Lawrences hier sein würden”, sagte er gepresst.
„Woher auch? Murchison hat Ihnen bestimmt nicht die Gästeliste gezeigt.”
„Ich hätte aber mit der Möglichkeit rechnen müssen. Normalerweise bin ich nicht so unvorbereitet. Gab es andere Liebhaber?”
„Wie bitte?” Sie blieb stehen und sah ihn fassungslos an.
„Hatten Sie andere Liebhaber, als Sie mit Lawrence zusammen waren, oder bildete er sich das nur ein?”
Der Schmerz traf sie unvorbereitet. Hastig ging sie weiter. „Ich dachte, Sie würden mich aus Nettigkeit vor einer weiteren Szene retten. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie mich nur ungestört verhören wollen.”
„Ich bin kein netter Mann.”
Wirklich nicht? Immerhin hatte er ihr beigestanden, als Sue Lawrence die üblichen Anklagen erhob. Weshalb hatte er das ge tan, wenn er annahm, dass Sue die Wahrheit sagte?
Jacob hielt mühelos mit ihr Schritt. „Wieso haben Sie zugelassen, dass Sue Lawrence so mit Ihnen spricht?”
„Hatte ich eine andere Wahl?”
„Sie waren rücksichtsvoll zu ihr.”
„Ihr Sohn ist verrückt”, entgegnete sie scharf. „Natürlich fühlt sie sich deshalb elend. Es gefällt mir nicht, wie sie sich mir gegenüber verhält, aber sie kann mich nicht ernsthaft verletzen. “
„Und warum haben Sie dann gezittert?”
Wieso hatte er das bemerkt? „So, habe ich das?”
„Ja, Sie haben sich aufgeregt.”
„Und ich rege mich auch jetzt wieder auf. Das alles geht Sie nichts an, abgesehen von der Tatsache, dass Sie mich hierher ge bracht haben … was ich gar nicht wollte”, betonte sie.
„Ich habe mich schon gefragt, wie lange es dauert, bis Sie das erwähnen.”
„Hätten Sie auf meiner Begleitung bestanden, wenn Sie gewusst hätten, dass die Lawrences hier sein würden?”
„Möglicherweise, aber das wäre dann eine klare und bewusste Entscheidung meinerseits gewesen. Ich habe nicht die Absicht, noch einmal unvorbereitet zu sein. Nur deshalb stelle ich Ihnen Fragen, die Sie nicht beantworten möchten. Wie gestört ist Ken Lawrence eigentlich?”
Claire wollte einfach weitergehen, trat jedoch auf einen Stein und geriet ins Stolpern. Jacob stützte sie. Er hätte den Vorfall nutzen können, um sie zu umarmen, tat es jedoch nicht. Es ärgerte sie, dass sie darüber enttäuscht war. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich beantworte Ihre Frage, wenn Sie vorher meine beantworten.”
Das Licht reichte gerade aus, dass sie sein Lächeln sah. „In Ordnung. Was wollen Sie wissen?”
„Welche Rolle spielt es für Sie, ob ich Ken treu war oder ihn ständig betrogen habe?”
Er schwieg
Weitere Kostenlose Bücher