Hier und jetzt
nicht einfangen lassen und war geflohen, als die Sanitäter eintrafen.
Es war dumm von ihr, sich um ihre Katze zu sorgen. Sheba konnte eine Nacht auf sich selbst aufpassen. Doch wenn Claire sich nicht um die Katze sorgte, dachte sie wieder an Danny, der im Moment auf dem Operationstisch lag.
Die dicke Frau in dem grünen Kleid stieß einen gedämpften Schrei aus und presste die Hände vor den Mund. Der Mann lä chelte breit und klopfte dem Arzt auf den Rücken.
Gute Nachrichten.
„Claire, hast du meine Frage gehört?”
„Was?” Claire versuchte sich auf die Frau zu konzentrieren, die zu ihr gesprochen hatte.
Jacqueline Muldrow war groß und hager. Das schwarze Haar trug sie kurz geschnitten. Ihre Haut hatte die Farbe von Zartbitterschokolade. Jackie war alles andere als eitel.
Wahrscheinlich hatte sie sich noch nie geschminkt. Sie war seit der achten Klasse Claires beste Freundin, doch heute Abend war Jackie nicht als Freundin, sondern als Sergeant Muldrow hier, die vor sechs Jahren geholfen hatte, Ken Lawrence hinter Gitter zu bringen.
Claire hoffte inständig, dass ihr das wieder gelang.
„Tut mir Leid, Jackie, ich habe nicht zugehört.”
„Abgesehen von dem Brief, den du mir gegeben hast - hat Ken Lawrence seit seiner Entlassung irgendwie versucht, Kontakt zu dir aufzunehmen?”
„Nein. Danny hat gesagt…” Claire stockte kurz. „Er hat heute Morgen auf der Veranda eine Rose gefunden. Eine rote Rose. Ich habe es dir erzählt.”
„Meine Liebe”, erwiderte Jackie, „Männer streuen Blumen auf deinen Weg, seit du Brüste hast. Eine Rose auf deiner Veranda beweist gar nichts.”
„Aber es war eine rote Rose. Keine Nachricht, nur eine einzelne Rose. Das war er, und du weißt das, Jackie. Du weißt, dass er mir immer eine rote Rose gebracht hat.”
Jacob griff nach ihrer Hand. „Das Gericht interessiert es nicht, was der Sergeant weiß, Claire. Das ist kein Beweis.”
„Das weiß ich. Eine einzelne Rose ist kein Beweis, und der Brief war nicht mit der Hand geschrieben und hatte auch keine Unterschrift. Trotzdem war er es.” Sie hielt sich krampfhaft an seiner Hand fest. Ken hatte Danny fast umgebracht, und das war ihre Schuld. „Wenn Danny aufwacht, wird er Ken als Täter identifizieren.”
Jackie zuckte mit den Schultern. Jacob schwieg.
Claire biss sich auf die Unterlippe. Das ältere Ehepaar ging. Der Chirurg hatte sich schon zurückgezoge n. „Danny wird aufwachen”, sagte sie heftig.
„Er hat einen guten Chirurgen.”
Claire klammerte sich an den Strohhalm. „Er soll einer der Besten sein.”
Beim Eintreffen im Krankenhaus waren sie vom Arzt in der Notaufnahme informiert worden. Wegen eines Schädelbruchs und eines Lungenrisses hatte Danny sofort operiert werden müssen.
„Selbst wenn Danny aufwacht”, sagte Jackie, „wird er sich vielleicht nicht mehr an den Überfall erinnern. Kopfverletzungen ziehen manchmal merkwürdige Folgen nach sich.”
Claire versuchte, sich diese „merkwürdigen Folgen” nicht vorzustellen. Womöglich konnte Danny nicht mehr Auto fahren oder sich die Schuhe zubinden. Sie ließ Jacobs Hand los und stand auf. „Wir müssen abwarten.”
„Ich werde mit Ken Lawrence sprechen.” Jackie steckte das Notizbuch in eine Tasche des verknitterten Blazers. „Und ich werde sein Alibi überprüfen.”
Jacob erhob sich ebenfalls. Er war nur wenige Zentimeter größer als Jackie. „Wurde die Waffe gefunden?”
„Ich frage bei der Spurensicherung nach und informiere Sie. Machen Sie sich aber keine allzu großen Hoffnungen. Sogar die unvorsichtigsten Verbrecher achten darauf, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen.”
„Ken ist nicht unvorsichtig, sondern verrückt”, wandte Claire ein.
„Vorsicht.” Jackie hob warnend die Hand. „Lawrence ist der nahe liegende Verdächtige, aber wir dürfen andere Möglichkeiten nicht ausschließen. Danny könnte auch Feinde haben.
Oder er hat vielleicht einen Einbrecher überrascht.”
„Komm schon, Jackie, du weißt, dass es Ken war! Das war kein normaler Einbruch. Es wurde nichts gestohlen, und das Wohnzimmer war verwüstet.” Es sah ganz so aus, als hätte Danny mit Ken gekämpft. Dabei hatte sie ihn noch davor gewarnt.
„Hey.” Jackie drückte sie kurz an sich. „Sage ich dir, wie du für deine Klienten Geld zusammenkratzen sollst? Du machst deine Arbeit, ich mache meine. Wenn es Lawrence war, kriege ich ihn, keine Sorge. Trotzdem darf ich nicht einseitig ermitteln, sonst übersehe ich womöglich
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