High Heels und Gummistiefel
Schätzchen! Tittentorte auf der Miezen-Fete! Also, das nenne ich jenseits von Gut und Böse!«, sagte Chrissie mit aufrichtigem Mitgefühl in sein Handy.
Als er über den Küchentisch hinweg Jules’ ausdruckslosem, nichtsdestotrotz aber perplexem Blick begegnete, platzte er laut heraus. »Ich erklär’s dir später, Ju-Ju. Ist’ne lange Geschichte.«
Jules nickte, schob ihre Brille bis zur Nasenwurzel hoch und wandte sich wieder ihrem Toast zu. Die nächsten paar Minuten blieb Chrissie ungewöhnlich stumm und lauschte gespannt, dann sagte er: »Sekunde, Süßerchen. Ju-Ju?«
»Ja?«
»Hast du dieses bodenlange lila Teil noch, das du dir in Amsterdam gekauft hast?«
»Um ehrlich zu sein, ja. Hab ich seit Ewigkeiten nicht mehr getragen.««
»Also«, meinte Chrissie grinsend, »die Zeit ist gekommen, das gute Stück mal wieder an die frische Luft zu lassen. Weil nämlich du und ich, mein Herz«, verkündete er dramatisch, »ausgehen und in eine Atmosphäre eintauchen werden, die vor Klasse nur so kreischt! «
»Chrissie, wovon quatschst du da eigentlich?«
»In aller Kürze , Darling – und für dich auch , Darling«, sagte er ins Handy, »ich hatte soeben den spannendsten Geistesblitz aller Zeiten. Hör zu, Ju-Ju: Wir gehen auf den Ball! Freust du dich nicht?«
»Auf was denn für einen Ball?«
Chrissie seufzte und verdrehte die Augen. »›Auf was denn für einen Ball?‹, fragt sie«, sagte er ins Handy. »Bloß auf diesen absolut unfassbar noblen Ball in der Pariser Oper! Mit Smoking und allem Drum und Dran! Tausende von Gästen! Allem Anschein nach werden jede Menge Männer in voller Uniform da sein! Und dann Walzer tanzen! Das Ganze wird dir schlicht und ergreifend den Rest geben, Jules!«
»Hat Daze sich mit der königlichen Familie von Frankreich angefreundet, oder was?«
»Weißt du, ich glaube, so was haben die da drüben nicht mehr, Darling«, antwortete Chrissie langsam. »Denen haben sie doch die Köpfe abgehackt, oder? Nein, das ist so eine Riesen- Wohltätigkeitsnummer ... Wie war das, Darling?«, fragte er ins Telefon. »Ah, okay. Daze sagt, das Ganze wird von irgend so einem großen, berühmten Kadetten-College organisiert. Deshalb auch die leckeren Uniförmchen.«
»Und wieso gehen wir dahin?«, wollte Jules wissen und kaute ungerührt ihren Toast.
»Weil«, erläuterte Chrissie geduldig, »Daisy eigentlich mit Rrraoul auf diesen Ball gehen wollte – oh Gott, ich werde diesen Namen nie richtig aussprechen können. Diese Rrrs – die kriege ich einfach ums Verrecken nicht hin. Aber auf jeden Fall, die Sache ist die, Rrr... – verdammt, du weißt schon, wen ich meine – fungiert nicht mehr als Daisys Begleiter. Das erkläre ich dir auch gleich. Und jetzt ist Daze völlig von der Rolle und überlegt, ob sie trotzdem hingehen soll. Also, mir will scheinen, Darling«, fuhr er an das Handy gerichtet fort, »dass es für dein Dilemma eine geradezu lachhaft simple Lösung gibt. Ich bin vollkommen ungebunden, schade eigentlich, und Kazza hat bestimmt nichts dagegen – für uns ist das Ganze sowieso nur ein Tagesausflug. Also gehen wir beide als deine Begleiter hin! Jules und ich!«
Während Jules dasaß und über diese Eröffnung nachsann, waren Schritte auf der Treppe zu hören, und Isabelle kam in die Küche, Hand in Hand mit Tom.
»Aber hallo«, bemerkte Jules und lächelte ein wenig.
Chrissie schnappte hörbar nach Luft und wandte sich halb ab. »Daze, hör zu «, flüsterte er lautstark ins Handy, »ich muss dich gleich noch mal zurückrufen. Hier geht gerade was total-vollkommen-absolut Unglaubliches ab, und ich muss da im Augenblick unbedingt hundertprozentig dranbleiben. Aber pass auf, sieh zu, dass du Karten für uns bekommst, okay? Bis nachher. Küsschen!«
Er legte das Handy weg und eilte um den Tisch herum, um Tom und Isabelle in die Arme zu schließen.
»Meine Süßen, meine Süßen !« Freigiebig verteilte er Luftküsse an beide. »Isabelle, du siehst aus wie die Katze, die die Sahne... Und was dich betrifft, mein Lieber, also, na ja ... Und jetzt hört euch das an: Jules und ich gehen mit Daisy auf diesen fantastischen Ball in der Pariser Oper! Ist das nicht irre?«
»Oh ja«, pflichtete Isabelle ihm bei. »Ehrlich gesagt, wir gehen auch hin.«
Vor ein paar Tagen hatte Agathe angerufen, den Ball beiläufig erwähnt und angedeutet, dass Isabelle diesmal auf gar keinen Fall hingehen könne, um die Gefühle des armen Clothaire nicht zu verletzen. Einigermaßen
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