Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
vielleicht zufällig desertieren?«
Ein Stiefel traf ihn in die Rippen, und er krümmte sich und rang nach Luft. Ein zweiter Tritt zwang ihn, sich auf den Rücken zu wälzen. Sergeant Roderick Campbell betrachtete ihn mit einem gehässigen Blick, in dem die Mordlust glitzerte. Er setzte ihm den Lauf seines Gewehrs auf die Brust. Alexander starrte ihn stoisch und herausfordernd an.
»Macht schon, Sergeant. Drückt ab. Ihr könnt es doch gar nicht abwarten!«
Der Mann brach in Gelächter aus und verstummte dann abrupt.
»Das ist noch schwach ausgedrückt, Macdonald. Keine Sorge, ich werde Euch töten. Aber nicht heute. Ich warte auf den richtigen Zeitpunkt. Außerdem muss ich Euch gestehen, dass es mir Vergnügen bereitet, Euch leiden zu sehen.«
»Was wollt Ihr eigentlich von mir?«
»Das werdet Ihr zur rechten Zeit und am rechten Ort erfahren. Ich habe es nicht eilig«, flüsterte der Sergeant mit einem eigenartigen Unterton.
Campbell sah sich suchend um.
»Wo ist sie?«
Alexander hielt den Atem an. Gedämpft durch den dichten Pflanzenwuchs drangen die vertrauten Geräusche des erwachenden Lagers zu ihm. Was mochte Campbell hierhergeführt haben? Ob er ihre Flucht beobachtet hatte? Oder hatte Christina sie verraten?
»Wo ist sie?«
»Chistina ist im Zelt«, antwortete er unschuldig.
»Doch nicht sie, Schwachkopf! Ich rede von Soldat MacCallum. Haltet mich nicht für einen Idioten!«
Alexander blieb stumm. Campbell knurrte und versetzte ihm einen weiteren Tritt, so dass er aufschrie. Dann packten zwei Männer aus seiner eigenen Kompanie ihn bei den Schultern und zwangen ihn zum Aufstehen. Er spuckte Erde aus, dann reckte er das Kinn und hielt dem hasserfüllten Blick seines Sergeanten stand, der sichtlich frustriert war.
»Haltet ihn gut fest. Ich mache einen kleinen Rundgang. Weit kann sie ja nicht sein.«
Rette dich, Leticia! Lauf! Alexanders Magen zog sich zusammen, und sein Herz klopfte panisch. Der junge Mann versuchte sich loszumachen, doch vergeblich. Er biss einen der Soldaten in die Hand, und der Mann schrie auf und ließ ihn los. Dem anderen stieß er den Fuß in den Magen, so dass er sich krümmte und ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Doch Macpherson hob sein Gewehr und zog ihm den Kolben kräftig über den Schädel. Ein dunkler Schleier legte sich über sein Blickfeld, und die Beine gaben unter ihm nach.
Ein stechender Kopfschmerz zwang Alexander, die Augen geschlossen zu halten. Gras stach ihn ins Gesicht, und eine Stechmücke surrte um sein Ohr. Er stöhnte schwach und wälzte sich, immer noch ein wenig benommen, auf den Rücken. Stimmen, unter denen er die von Sergeant Campbell erkannte, drangen wie durch einen Nebel zu ihm. Dann traf ihn die Erinnerung wie ein Messerstich in die Brust: Leticia wartete auf der Lichtung auf ihn. Er stieß einen markerschütternden Schrei aus und riss die Augen auf, obwohl das grelle Licht ihn schmerzte.
Sergeant Campbell betrachtete ihn mit einem abscheulichen Grinsen. Die drei Soldaten, die ihn umstanden, hielten ihre Gewehrläufe auf Alexander gerichtet. Kurz herrschte Schweigen, während Campbell sich demonstrativ über die Lippen leckte und seinen Kilt zurechtrückte. Unsäglicher Zorn ergriff Alexander. Der junge Mann stöhnte noch einmal auf, rollte sich herum, so dass er auf die Knie kam, und richtete sich halb auf. Die Gewehre, die ihm drohten, ließen ihn kalt. Dieser Campbell-Bastard … er würde ihm das Fell abziehen! Mit einem fürchterlichen Gebrüll sprang er auf, stürzte sich mit dem Kopf voran auf Campbell und rammte ihn. Die beiden wälzten sich im Gras. Die Soldaten konnten nicht schießen, ohne dass sie Gefahr liefen, ihren Sergeanten zu treffen. Einer von ihnen rannte zum Lager, um Verstärkung zu holen.
Von rasendem Zorn erfüllt, schlug Alexander mit aller Kraft zu. Der Sergeant versuchte seinen Hieben auszuweichen und rief um Hilfe. Endlich reagierten die beiden Soldaten, die geblieben waren, und packten Alexander an Haaren und Armen. Schließlich bezähmte die Spitze eines Bajonetts, das einer von ihnen ihm an die Kehle setzte, die Wut des jungen Mannes. Schwer atmend kam er zur Ruhe und starrte Campbell hasserfüllt an. Der Sergeant fluchte und stand langsam auf. Er rückte seine Kleidung zurecht, wischte ein Blutrinnsal ab, das von seiner geplatzten Lippe herunterlief, und erwiderte Alexanders wütenden Blick. Dann bedeutete er den Soldaten mit einer Kopfbewegung, ihn festzuhalten.
»Wo ist MacCallum? Was habt Ihr
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