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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Zweifellos hatte man ihm eine Droge verabreicht, damit er schlief.
     
    Immer wieder erschienen die Bilder der Foltern und Orgien Alexander in seinen Träumen, aus denen er unter herzzerreißenden Schreien erwachte. Dann legte sich eine sanfte, tröstliche Hand auf ihn, damit er schwieg. So fantasierte er tagelang, während sein verbundener Körper heilte.
    In seinen wachen Stunden fiel ihm auf, dass die Indianerin nur Französisch mit ihm sprach, wenn sie allein waren. Von ihr erfuhr er, dass sie Tsorihia hieß, von Geburt Huronin und von der Witwe Godasiyo adoptiert worden war.
    »Godasiyo hat befürchtet, der Geist ihres toten Mannes könne weder Ruhe noch den astikein andahatey 37 finden, um wiedergeboren zu werden. Sie hat in Euch den uttha’yoni gesehen, den Wolf. In Euch hat sie die Seele ihres tapferen Kriegers erblickt, dessen Totem der Wolf war. Eure Augen haben zu ihr gesprochen, so wie sie zu dem Wolf gesprochen haben.«
    Während sie Alexander diese Erklärungen gab und ihn die Tradition der Irokesen lehrte, mischte sie in einer Tonschale Maismehl mit Honig. Diese Paste strich sie dann auf Stoffbandagen, die sie auf die Beine des Verletzten legte. Es war jeden Tag das gleiche Ritual, das bald zur Routine wurde, und Alexander begann, ungeduldig auf die Besuche der jungen Frau zu warten.
     
    »Wo steckt eigentlich der Chippewa?«, fragte er eines Tages, während sie ihre mit Honig verklebten Finger ableckte.
    »Die Häuptlinge des Rates haben ihn davongejagt. Er wollte Euch zurückhaben und hat sogar Godasiyo bedroht. Aber Godasiyo ist die Anführerin ihres Langhauses, also eine Clanmutter, und hat großen Einfluss beim Rat. Niyakwai hat ihr erzählt, Ihr hättet während Eurer Reise mit dem Wolf gesprochen. Der Wolf hat Euch erwählt … und Godasiyo möchte Euch behalten.«
    Alexander nickte und dachte an die Nacht zurück, als die Indianer und ihre beiden Gefangenen auf ein Wolfsrudel gestoßen waren, das am Flussufer dabei war, seine Beute zu fressen. Er hatte das Verhalten des Tieres merkwürdig gefunden und festgestellt, dass Niyakwai anschließend sein Verhalten ihm gegenüber geändert hatte. Also glaubte man, der Wolfsgeist schütze ihn.
    Er verzog ein wenig das Gesicht, als Tsorihia seine alten Verbände abnahm. Inzwischen löste sich die Haut nicht mehr zusammen mit den Stoffstreifen ab, aber es tat immer noch weh, wenn die Stellen, die immer noch hochrot waren, in Berührung mit der Luft kamen. Nachdem sie ihn frisch verbunden hatte, bot Tsorihia ihm einen mit Ahornsirup getränkten Maiskuchen an.
    In dem Langhaus war es dunkel, und der Rauch der kleinen Feuer hing im Mittelgang. Der Rauch zog durch Öffnungen ab, die man mit Hilfe von Brettern, die unter dem Dach angebracht waren, mehr oder weniger fest schließen konnte. Alexander saß, die junge Indianerin neben sich, auf einer mit Bärenfellen bedeckten Plattform.
    »Nach der Adoptionszeremonie werdet Ihr Godasiyos Mann sein«, meinte Tsorihia betrübt.
    »Ihr Mann? Ich dachte, ich würde… ihr Sklave …«
    Die junge Frau runzelte die Stirn.
    »Sklaven essen mit den Hunden. Glaubt mir, es ist besser, Godasiyos Mann zu sein.«
    Alexander schaute zu der Witwe, die mit anderen Frauen am Feuer saß und in einem hohlen Baumstamm mit einem Stein Mais stampfte. Nebenan unterhielten sich Kinder mit Puppen aus Maisstroh, die sie auf dem Rücken eines geduldigen Welpen reiten ließen. Tsorihias Miene verdüsterte sich, als sie sah, wie Alexander die Frau musterte, deren Lager er teilen musste, sobald er dazu imstande war. Nach dem kräftigen Körperbau des Mannes zu urteilen, würde das nicht mehr lange dauern, und das verbitterte sie.
    Die junge Frau verscheuchte diese Gedanken, breitete die Pelzdecke über den Verletzten und kroch auf allen vieren zu seinem Kopf, den sie in die Hände nahm. Ohne ein Wort strich sie über sein Haar und untersuchte es sorgfältig. Fasziniert ließ Alexander zu, dass sie all die kleinen Tierchen, die sich in den letzten Monaten dort angesiedelt hatten, entfernte. Aufgewühlt schloss er dann die Augen. Andere Zeiten… andere Hände… Genauso hatte Isabelle ihn berührt…
    »Vergesst niemals, dass Godasiyo immer noch die Macht über Euer Leben und Euren Tod hat.«
    Alexander betrachtete das halb im Schatten liegende Gesicht, das sich über ihn neigte. Die wie Obsidian glänzenden Augen schauten ihn traurig an.
    »Sie weiß, dass Ihr ein guter Krieger seid. Viele Zeichen an Eurem Körper verraten, dass Ihr einen

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