Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
zur Seite. Dann wandte er dem Zimmer den Rücken, tat ein paar Schritte in Richtung Fenster und verschränkte aufgewühlt die Arme. Er schloss die Augen. Isabelle hier zu begegnen, war wirklich das Letzte, mit dem er gerechnet hätte … Und das Letzte, was er sich wünschte.
Das Porzellan klirrte, als die junge Frau das Tablett abstellte, und er hörte ihre sanfte Stimme. Zu wissen, dass Isabelle einen anderen geheiratet hatte, war schon schlimm. Aber die beiden zusammen zu sehen, war mehr, als er ertragen konnte. Er wünschte, sie hätte das Zimmer sofort wieder verlassen.
»Guten Tag, Monsieur van der Meer. Bereitet Ihr eine neue Expedition vor?«, hörte er sie fröhlich fragen.
»Madame Larue, es ist mir immer ein Vergnügen, Euch zu sehen. Ich fürchte nur, das wird meine letzte Reise sein. Das Alter, versteht Ihr?«
»Aber Ihr sprüht doch vor Energie und scheint niemals krank zu sein!«
»Isabelle, ich stelle Euch Monsieur van der Meers neuen Partner vor, Jacob Solomon. Er ist Amerikaner … aus New York, glaube ich?«
»Yes, New York, Sir. Sehr erfreut, Madame Laroue .«
»Sehr erfreut, Monsieur.«
Alexander konnte erraten, dass sich ein Lächeln auf Isabelles Mund malte. Die junge Frau hatte es schon immer amüsant gefunden, wenn jemand ihren Namen verballhornte.
»Und das ist… Monsieur Macdonald«, fuhr Pierre fort. »Er tritt in den Dienst der beiden Herren.«
Alexander hatte keine andere Wahl. Er drehte sich um und sah der Realität ins Auge. Er entflocht seine Arme, hob den Kopf und hielt sich so gerade, wie er konnte. Sein Herz klopfte so heftig, dass er meinte, seine Brust müsse zerspringen. Seine Knie wankten ein wenig, sodass er sich auf die Lehne des Sessels, der links von ihm stand, stützen musste.
Isabelles Lächeln verflog, und ihr wich das Blut aus dem Gesicht. Die junge Frau schwankte, wich einen Schritt zurück und stieß gegen den Schreibtisch. Ihre Hand berührte das Tablett, und die Tassen klirrten auf den Untertassen.
»Madame Larue«, sagte Alexander und verneigte sich steif.
Panik ergriff Isabelle. Am liebsten wäre die junge Frau verschwunden, hätte die Beine in die Hand genommen und wäre von diesem Ort geflüchtet, an dem diese furchtbar eisigen blauen Augen sie musterten.
»Monsieur Macdonald …«, brachte sie nicht ohne Mühe heraus. Sie spürte den fragenden Blick ihres Mannes.
Sie kämpfte die Tränen nieder und streckte ihm die Hand entgegen, wie es der Anstand gebot. Alexander zögerte nur kurz, aber lange genug, um Pierres Argwohn zu erwecken. Als sich ihre Finger berührten, lief beiden ein Prickeln durch den Körper. Alexanders zitternde Lippen streiften die Hand der jungen Frau, und er sog ihren Duft ein. Dann ließ er sie los, als hätte er eine glühende Kohle berührt.
»Monsieur … Macdonald hat soeben einen Vertrag für drei Jahre unterzeichnet«, erklärte Pierre gedehnt, wobei er den Zeitraum betonte.
»Drei Jahre …«, murmelte Isabelle.
»Ein Vertrag … ist doch nur ein Stück Papier, oder, Madame?«, versetzte Alexander und starrte die Frau hart an. »Ich habe ihn der Form halber unterschrieben, weil das Gesetz es so verlangt. Aber das Wort, das ich Monsieur van der Meer gegeben habe, ist viel mehr wert als ein Tintenklecks. Was meint Ihr dazu?«
Verwirrt sah Isabelle zwischen Pierre, der die Stirn runzelte und die Zähne zusammenbiss, und Alexander hin und her.
»Ich glaube, Monsieur, dass oft eine Unterschrift unsere Verpflichtungen deutlicher festhält als Worte, zumindest in den Augen des Gesetzes. Dies ist die einzige Möglichkeit, beide Parteien zu zwingen, ihre Pflichten zu erfüllen, auch wenn etwas … Unvorhergesehenes geschehen sollte.«
»Etwas Unvorhergesehenes … ja.«
Alexanders Blick richtete sich auf das Mieder aus feinem, blaugrünem Baumwollstoff, das Isabelles Haarfarbe vorteilhaft betonte. Dann ließ er ihn über ihre runden Hüften gleiten, die durch einen nicht allzu voluminösen Reifrock anmutig verbreitert wurden. Anschließend schweiften seine Augen zu ihrer zarten Taille und richteten sich fast unverschämt auf ihr Dekolleté. Der Stoff lag eng an und ließ die Rundung ihrer Brüste hervortreten … die er so oft liebkost hatte. Endlich löste er den Blick von ihrer Brust und sah ihr ins Gesicht, das jetzt wieder rosiger geworden war, und verhielt bei ihren zitternden Lippen.
»Wann brecht Ihr auf?«, erkundigte sie sich nervös.
»Am ersten Mai, Madame Larue«, antwortete der Hollandais, der die
Weitere Kostenlose Bücher