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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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gewesen, hatte aber von dieser Frau und ihren guten Werken gehört.
    Charlotte wurde in einen Saal getragen, in dem Dutzende von belegten Krankenbetten an den Wänden standen.
    »Es war ein Unfall …«, stotterte Isabelle und unterdrückte ein Schluchzen. »Sie wollte ihr Kätzchen retten.«
    »Kommt, Madame Larue«, flüsterte die Nonne neben ihr. »Kommt… Ihr könnt nichts mehr für sie tun. Meine Schwestern kümmern sich um sie.«
    Isabelle warf dem jungen Mädchen, dessen sich zwei Nonnen angenommen hatten, einen letzten Blick zu und folgte der Frau in den dunklen Flur, der zum Ausgang führte. Ihr graues Kleid schien über das gewachste Parkett zu schweben. Nur das leise Knarren der Holzbohlen wies darauf hin, dass die Nonne wirklich ein Mensch war.
    »Ich danke Euch für Eure Güte, Madame«, sagte die Nonne, drehte sich zu ihr um und nahm ihre Hand. »Mildtätige Seelen gibt es nie genug.«
    Isabelle drückte das Kätzchen an ihre Brust, die vor Kummer ganz verkrampft war. Die Ordensfrau seufzte und schüttelte ihre schwarze Gazehaube, deren Bänder auf ihr Obergewand aus weißem Batist fielen. Sie trug weder Nonnentracht noch die typische gestärkte Haube, die beide im Alltag zu unpraktisch waren. Ein goldenes, mit einem flammenden Herzen und Lilienblüten geschmücktes Kruzifix hing an ihrem Hals.
    »Ich fürchte, das Kind wird die Nacht nicht überleben, Madame. Sie scheint mir sehr schwer verwundet zu sein. Sicherlich hat der Tritt des Pferdehufs schwere innere Verletzungen verursacht.«
    »Sie wird … nicht durchkommen?«
    »Wir sollten uns nicht allzu große Hoffnungen machen, Madame. Es tut mir sehr leid. Aber Gott wird sich ihrer Seele annehmen, falls Er beschließt, sie zu sich zu holen.«
    »Würdet Ihr mir Bescheid geben, wenn sie sich erholt? Und sollte sie … dann übernehme ich die Kosten für ihre Beisetzung.«
    Die Nonne lächelte kaum wahrnehmbar, nickte und verließ den Raum. Das Kätzchen miaute und kratzte Isabelle, als es Zuflucht an ihrem warmen Hals suchte. Die junge Frau setzte sich wieder in die Berline und ließ zu, dass das Tierchen sich in ihr wollenes Umschlagtuch kuschelte.
    »Da bist du jetzt wohl eine Waise, mein Kätzchen«, murmelte sie mit feuchten Augen und streichelte das ebenholzschwarze Fell. »Charlotte … möchtest du wohl bei uns wohnen? Du wirst dich gut mit Arlequine verstehen.«
    Wie zur Antwort begann das Tierchen ihr die Finger zu lecken.
    Der schreckliche Unfall hatte Isabelle aufgewühlt. Als sie das Hospiz verließ, befahl sie Basile, der ebenfalls noch erschüttert war, direkt in die Rue Saint-Gabriel zurückzufahren. Ihr Bergamotte- und Jasminöl konnte ruhig warten; es hätte den Gestank aus dem Krankensaal, der an ihr haftete, ohnehin nicht überdecken können.
    Im Haus war es still. Sie setzte das Kätzchen auf die glänzenden Tonplatten des Küchenbodens. Wie immer rief der köstliche Duft der köchelnden Suppe, der im Raum hing, Kindheitserinnerungen in ihr wach. Wie oft hatte sie Sidonie zugesehen, wenn sie leckere kleine Gerichte oder knuspriges Gebäck zubereitete! Ihr jüngster Bruder Ti’Paul hatte sich gern zu ihnen gesellt. Er hatte sogar kleine Bissen gemaust, wenn die Dienerin ihnen den Rücken zuwandte. Aber die beiden Kinder ließen sich nichts vormachen; sie wussten genau, dass ihre »Mamie Donie« ihnen mit Absicht immer einen Rest Karamell oder Honigguss in einer Schüssel übrig ließ.
    Ti’Paul schrieb Isabelle noch ab und zu und erzählte ihr von seinem Leben in Paris, wo er sich inzwischen gut eingelebt hatte. Die junge Frau lächelte bei dem Gedanken, dass sie ihn wahrscheinlich gar nicht mehr wiedererkennen würde, sollte sie ihm auf der Straße begegnen. Mit seinen achtzehn Jahren war Ti’Paul jetzt ein Mann. Er fehlte ihr sehr. Das Kätzchen miaute und rieb sich an ihrem Knöchel. Dann wagte es sich ein paar Schritte in die Küche hinein. Aber dann ließ ein Fauchen das Tier erstarren, und sein Fell sträubte sich.
    »Arlequine«, schimpfte Isabelle und hob das verängstigte Kätzchen auf. »Was für eine ungehobelte Art, einen neuen Kameraden zu empfangen! Diesen Winter wird es schon genug Mäuse für euch beide geben!«
    Unzufrieden sprang Arlequine vom Fensterbrett und huschte in den Korridor. Isabelle zögerte noch einen Moment und setzte das Kätzchen dann auf den Boden.
    »Willkommen in deinem neuen Zuhause, Charlotte! Hast du Hunger?«
    Sie gab Milch in eine Untertasse, stellte sie ihr hin und liebkoste das

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