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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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lauschte. Es war Vollmond, und der Speicher hatte zwar keine Fenster, doch er konnte seine Anziehungskraft spüren; er konnte bei Vollmond nie schlafen.
    Sollte er in New York bleiben in der Hoffnung, entweder seine Stellung zu verbessern oder zumindest irgendwann zum Kampfeinsatz zu kommen? Oder Schadensbegrenzung betreiben und Richardsons neuen Auftrag annehmen?
    Sein Vater würde ihm zweifellos zu ersterer Vorgehensweise raten; ein Offizier hatte die besten Chancen, wahrgenommen und befördert zu werden, wenn er sich im Kampf hervortat, nicht in der zwielichtigen – und etwas verrufenen – Welt der Spionage. Dennoch … Die Eintönigkeit und die Einschränkungen der Armee störten ihn sehr, nachdem er sich wochenlang frei bewegt hatte. Und er hatte sich nützlich gemacht, das wusste er.
    Was konnte schon ein einzelner Leutnant bewirken, erdrückt unter der Masse der höheren Dienstränge, vielleicht mit der Befehlsgewalt über eine eigene Kompanie versehen, aber trotzdem verpflichtet, selbst Befehle zu befolgen, niemals frei, sich auf sein eigenes Urteilsvermögen zu verlassen … Er grinste zu den Dachsparren auf, die dicht über seinem Gesicht schwach zu sehen waren, und dachte daran, was sein Onkel Hal wohl über das Urteilsvermögen rangniederer Offiziere zu sagen haben würde.
    Doch Onkel Hal war so viel mehr als nur Berufssoldat; er sorgte sich leidenschaftlich um sein Regiment: um dessen Wohlergehen und Ehre, um die Männer unter seinem Kommando. William hatte sich eigentlich noch keine längerfristigen Gedanken über seine Zukunft in der Armee gemacht. Der Amerikafeldzug würde ja nicht lange dauern – und dann?
    Er war reich – zumindest würde er reich sein, wenn er die Volljährigkeit erreichte, und das würde bald geschehen, auch wenn es ihm wie eines dieser Gemälde vorkam, die sein Vater so mochte und deren Perspektive das Auge in eine unmögliche Unendlichkeit lenkte. Doch wenn er sein Geld erst hatte, konnte er sich ein besseres Patent kaufen, wo immer es ihm gefiel – vielleicht einen Hauptmannsrang bei den Lanciers … Es würde keine Rolle spielen, ob er sich in New York irgendwie distinguiert hatte.
    Sein Vater – jetzt konnte William ihn hören, und er zog sich das Kissen über den Kopf, um ihn auszusperren – würde ihm allerdings predigen, dass der Ruf eines Mannes oft an seinen unbedeutendsten Handlungen hing, an den alltäglichen Entscheidungen, die er ehrenhaft und verantwortungsvoll traf, nicht am Drama heldenhafter Schlachten. William interessierte sich aber nicht für alltägliche Verantwortlichkeiten.
    Es war jedoch viel zu heiß, um unter dem Kissen zu verharren, und mit einem gereizten Stöhnen warf er es auf den Boden.
    »Nein«, sagte er laut zu Lord John. »Ich gehe nach Kanada.« Dann ließ er
sich in sein feuchtes, klumpiges Bett zurückfallen und verschloss die Augen und Ohren vor jedem weiteren klugen Rat.
     
    EINE WOCHE SPÄTER WAREN DIE NÄCHTE SO KÜHL GEWORDEN, DASS WILLIAM für Miss Beulahs Herdfeuer und ihren Austerneintopf dankbar war – und Gott sei Dank so kalt, dass sie die verdammten Moskitos schlagartig reduziert hatten. Die Tage waren jedoch immer noch sehr warm, daher fand es William geradezu angenehm, als man ihn und seine Männer dazu abkommandierte, den Strand nach einem vermeintlichen Schmugglerversteck abzusuchen, von dem Hauptmann Hanks Wind bekommen hatte.
    »Ein Versteck mit was?«, fragte Perkins, dem wie üblich der Mund halb offen hing.
    »Hummern«, antwortete William sarkastisch, bedauerte es jedoch, als er Perkins’ verwirrte Miene sah. »Ich weiß es nicht, aber Ihr werdet es wahrscheinlich erkennen, wenn Ihr es findet. Trinkt es aber nicht, sondern holt mich.«
    Schmugglerboote brachten fast alles nach Long Island, doch es war nicht sehr wahrscheinlich, dass das jüngste Gerücht eine Ladung Bettwäsche oder Porzellan betraf. Vielleicht war es Brandy, vielleicht Ale, doch mit ziemlicher Sicherheit war es etwas Trinkbares; Alkohol war bei Weitem die profitabelste Schmuggelware. William teilte die Männer jeweils zu zweit ein und schickte sie los. Er sah ihnen nach, bis sie sich ein ordentliches Stück entfernt hatten, dann seufzte er tief auf und lehnte sich an einen Baum.
    Die einzigen Bäume, die in Strandnähe wuchsen, waren verkrüppelte Kiefern, doch der Seewind strich angenehm durch ihre Nadeln und rauschte ihm beruhigend in den Ohren. Er seufzte noch einmal, diesmal vor Vergnügen, weil ihm erst jetzt wieder auffiel, wie sehr er

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