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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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festsaß, irgendwo unter der Leber. Er fürchtete, dass sie in der Nähe der Pfortader steckte, und hatte daher nicht gewagt, mit allzu viel Druck danach zu suchen, da eine Blutung mit großer Sicherheit zum Tode geführt hätte.
    Ich war mir jedoch einigermaßen sicher, dass die Kugel Henrys Gallenblase und seinen Gallengang nicht verletzt hatte. Angesichts seiner allgemeinen Symptomatik vermutete ich, dass die Kugel den Dünndarm durchbohrt hatte, die Eintrittswunde aber gleich wieder zugesengt hatte, denn sonst wäre der Junge innerhalb von Tagen an der Peritonitis gestorben.
    Möglich, dass sie sich in der Darmwand verkapselt hatte; das wäre das beste Szenario. Möglich, dass sie im Darm selbst steckte, und das wäre gar nicht gut, obwohl ich erst sagen konnte, wie schlimm, wenn ich es sah.
    Doch wir hatten Äther. Und die schärfsten Skalpelle, die mit Lord Johns Geld zu kaufen waren.
     
    NACH EINER DISKUSSION ZWISCHEN DEN BEIDEN ÄRZTEN, DIE LORD JOHN quälend lang erschien, blieb das Fenster zum Teil offen stehen. Dr. Hunter beharrte auf der wohltuenden Wirkung frischer Luft, und Mrs. Fraser pflichtete ihm wegen der Ätherdämpfe bei, doch sie sprach fortwährend von etwas, das sie Keime nannte, weil sie sich sorgte, dass diese zum Fenster hereinkommen und ihr »Operationsfeld« kontaminieren könnten. Sie redet, als betrachtete sie dies wie ein Schlachtfeld, dachte er, doch dann warf er einen Blick auf ihr Gesicht und begriff, dass es in der Tat genauso war.
    Er hatte noch nie eine Frau erlebt, die so aussah, dachte er, trotz seiner Sorge um Henry fasziniert. Sie hatte sich ihr empörendes Haar nach hinten gebunden und ihren Kopf sorgfältig in ein Tuch gewickelt wie eine Negersklavin. Jetzt, da ihr Gesicht so bloßlag, dass die zierlichen Knochen hervortraten, mit ihrer gebannten Miene, den gelben Falkenaugen, die unablässig hin und her huschten, war sie die unweiblichste Frau, die ihm je begegnet war. Sie hatte das Aussehen eines Generals, der seine Männer vor der Schlacht auf ihre Posten wies, und er spürte, wie sich das Knäuel der Schlangen in seinem Bauch ein wenig löste.

    Sie weiß, was sie tut, dachte er.
    Da heftete sie ihre Augen auf ihn, und er richtete sich auf, weil er instinktiv Befehle erwartete – zu seinem äußersten Erstaunen.
    »Möchtet Ihr bleiben?«, fragte sie.
    »Ja, natürlich.« Er fühlte sich ein wenig kurzatmig, doch seiner Stimme war kein Zweifel anzuhören. Sie hatte ihm offen gesagt, wie Henrys Chancen standen – nicht gut, doch es gab eine Chance -, und er war fest entschlossen, bei seinem Neffen zu bleiben, ganz gleich, was geschah. Falls Henry starb, würde zumindest jemand bei ihm sein, der ihn liebte. Obwohl er eigentlich fest entschlossen war, nicht zuzulassen, dass Henry starb.
    »Dann setzt Euch dort drüben hin.« Sie wies kopfnickend auf einen Hocker auf der anderen Seite des Bettes, und er setzte sich und lächelte Henry ermutigend zu. Henry sah zu Tode verängstigt, aber entschlossen aus.
    Ich kann so nicht mehr leben, hatte er am Abend zuvor gesagt und sich endlich entschlossen, der Operation zuzustimmen. Ich kann es einfach nicht.
    Mrs. Woodcock hatte ebenfalls darauf beharrt, zugegen zu sein, und nach kurzer Unterweisung hatte Mrs. Fraser erklärt, sie könne Henry den Äther verabreichen. Diese mysteriöse Substanz stand nun auf der Kommode, und ein schwacher, widerlicher Geruch stieg von ihr auf.
    Mrs. Fraser reichte Dr. Hunter etwas, das wie ein Taschentuch aussah, und hob sich ein weiteres an das Gesicht. Es war ein Taschentuch, wie Grey sah, doch an seinen Ecken waren Fäden befestigt. Diese band sie sich hinter dem Kopf zusammen, und Hunter folgte pflichtschuldigst ihrem Beispiel.
    Da Grey an die zügige Brutalität der Armeechirurgen gewöhnt war, erschienen ihm Mrs. Frasers Vorbereitungen extrem umständlich: Sie wischte Henry mehrfach mit einer Alkohollösung über den Bauch, die sie angemischt hatte, und redete mit leiser, beruhigender Stimme durch ihre Räubermaske auf ihn ein. Sie spülte sich die Hände ab – und ließ Hunter und Mrs. Woodcock das Gleiche tun – und die Instrumente, sodass das ganze Zimmer zu riechen begann wie eine billige Destillerie.
    Doch ihre eigentlichen Bewegungen waren durchaus zügig, begriff er im nächsten Moment. Gleichzeitig bewegten sich ihre Hände mit solcher Sicherheit und – ja, Anmut, das war das einzige Wort -, dass sie wie ein Möwenpärchen durch die Luft zu gleiten schienen. Kein hektisches

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