Highlander meiner Sehnsucht
noch warten?
Nachdem Lachlan mit seinen Männern fertig war, schritt er entschlossen über den Burghof und die Außentreppe empor. Das Holz erzitterte unter seinen wütenden Schritten. Sie wich etwas zurück, da sie nicht wusste, was sie erwartete. Würde er sie ebenfalls bestrafen? Hart schluckte sie den plötzlichen Kloß in der Kehle hinunter.
»Geh zurück in …« Er hielt inne, dann fuhr er sanfter fort: »Du solltest noch im Bett bleiben.«
Angesichts dieses Versuchs, seine natürliche Vorliebe für das Erteilen von Befehlen zu zügeln, hob Flora überrascht eine Augenbraue. »Ich fühle mich schon viel besser«, versicherte sie.
Er tat so, als habe er sie nicht gehört, nahm sie beim Ellenbogen und führte sie geradewegs wieder in die Burg hinein. So viel zu seinem Versuch, nett zu sein, dachte sie. Diese neue Seite an ihm hatte nicht lange angehalten.
Vor dem großen Saal blieb sie stehen und versuchte, seinen Griff abzuschütteln. »Wirklich, mir geht es gut.«
Seine Augen wurden schmal, und sie sehnte sich danach, ihm das Stirnrunzeln aus dem Gesicht zu streicheln, damit er sie wieder so ansah wie in jener Nacht. Sanft und mit Zärtlichkeit im Blick.
»Du wärst beinahe ertrunken und dann beinahe erfroren. Du warst stundenlang bewusstlos. Du brauchst Ruhe.«
Er machte sich Sorgen um sie. Die Erkenntnis hüllte sie wie eine warme, flauschige Decke ein. Vielleicht konnte sie ihm ja sein mangelndes Feingefühl verzeihen – dieses Mal. Sanft legte sie ihm die Hand auf den Arm. »Es geht mir gut. Bitte, ich würde gern mit dir reden.«
Forschend hielt er ihren Blick gefangen, als wolle er sich vergewissern, dass sie die Wahrheit sprach. Schließlich nickte er und führte sie durch den großen Saal in das dahinter liegende Arbeitszimmer. Den Ort, wo sie beinahe …
Energisch schüttelte sie die Erinnerung ab. »Gerade hörte ich, was du da draußen gesagt hast.« Nervös kaute sie auf der Unterlippe, weil sie nicht wusste, wie sie fortfahren sollte. Es war ihre Schuld, dass diese Männer bestraft wurden. Sie musste einfach etwas unternehmen. »Ist es wirklich nötig, diese Männer einzusperren? Sie hatten sich doch nur einen kurzen Moment lang umgedreht, und sie erwarteten nicht, dass jemand aus der Burg fliehen wollte.«
Er schloss die Tür hinter sich und wandte sich mit hartem, unergründlichem Gesichtsausdruck zu ihr um. »Zu barbarisch für dich, Flora?«
Sie hörte den bitteren Unterton und wusste, dass er ihre Absicht falsch deutete. So hatte sie ihn einmal bezeichnet, doch nun tat sie das nicht mehr. »Nein, natürlich nicht«, rief sie hastig. »Ich meinte nur …«
»Glaubst du, es gefällt mir, meine Männer zu bestrafen? Ich kenne die meisten von ihnen schon, seit sie Kinder waren. Doch niemand darf ungesehen das Tor passieren, egal in welcher Richtung. Niemand. Die Männer, die zugelassen haben, dass du das tatest, müssen bestraft werden. Aufmerksam Wache zu halten ist ein entscheidender Bestandteil der Sicherheit einer Burg. Muss ich dir wirklich erklären, wie wichtig das ist? Jede Nachlässigkeit könnte uns für einen Angriff verwundbar machen. Zwei Tage im Kerker werden unangenehm und eine harte Lektion für sie
sein, doch es wird ihnen kein Leid zugefügt. Die Alternative wäre Auspeitschen. Wäre es dir lieber, wenn ich das anordnen würde?«
Kläglich schüttelte sie den Kopf. »Nein, natürlich nicht.«
Er machte eine kleine Pause und musterte nachdenklich ihr Gesicht. »Ich glaube, dich bedrückt weniger die Frage, ob die Strafe gerechtfertigt ist, sondern vielmehr der Grund dafür.«
Er hatte recht. Sie fühlte sich schuldig wegen der Rolle, die sie bei dem Debakel gespielt hatte. Ihr war klar, dass er keine Wahl hatte. Für so eine ernsthafte Verfehlung musste es Konsequenzen geben. Und der Heftigkeit seiner Entgegnung nach zu schließen, war es deutlich, dass er diese Aussicht nicht gerade genoss. Aber er war Chief. Er musste schwierige Entscheidungen treffen und sie durchsetzen – auch wenn es ihm nicht gefiel. Das war ein Teil seiner Stärke, erkannte sie.
»Werde ich auch bestraft?«
Überraschung blitzte in seinen Augen auf. Mit einem Räuspern wandte er sich von ihr ab und konzentrierte sich auf die kalte Feuerstelle. »Ich denke, du hattest schon Strafe genug.«
Etwas in seiner Stimme machte sie nachdenklich, eine Gefühlstiefe, die sie unvorbereitet in die Brust traf. Ihre Hand ruhte immer noch auf seinem Arm, und sie machte einen Schritt auf ihn zu.
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