Hilfe, die Googles kommen!
sieht, denkt sich: »Was für ein Depp. Der hätte ja wenigstens mal das Haus streichen können.« 82
Und die ganze Panik nur, weil die tatsächlichen Zusammenhänge zu komplex sind, um sie dem Durchschnittsbürger in hirngerechten Happen, also in Bild -Schlagzeilen, zu kredenzen. Bei fast allen Internet-Themen, bei denen eine klare Farbzuweisung in Schwarz und Weiß schwierig ist, zeigen die Massenmedien, dass sie kein Grau in ihrem Tuschkasten haben. Was bleibt, ist die übliche Wahrheitsreduktion auf ein panikgeeignetes Mindestmaß. Und so bündeln die großen Boulevardblätter ihre Sachkenntnis in mannsgroßen Lettern auf den Titelseiten: » GOOGLE, DU SAU! «
Da es aber gemeinhin bekannt ist, dass großformatige Zeitungen eher kleinformatige Ansichten vorhalten und jegliche Panikmache zumindest einer weiteren Überprüfung bedarf, wendet man sich als aufmerksamer Leser den »seriöseren Medien« zu. Man greift also zu Fokus , Spiegel und vielleicht noch Stern und erhält endlich das, was man für sein gesteigertes Interesse verdient, also die Schlagzeile: »Google, du Sau.« Die intellektuellen Speerspitzen des investigativen Qualitätsjournalismus wie Die Zeit oder Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung gehen ihrem Anspruch gemäß noch viel, viel weiter und stellen in epischer Spaltenbreite die Frage, die schon lange gestellt werden musste: »Ist Google eine Sau?« Beantwortet wird das freilich nicht konkret, sondern eher philosophisch abstrakt, weil man dem Abonnenten ja nicht das Denken abnehmen möchte.
Speziell im Schtriehtfjuh-Fall geriet bei aller Angst vor der entblößten Hauswand die eigentliche Sauerei der Googels in den Hintergrund: Google spähte im Rahmen seines Straßenshootings als »Kollateralschaden« drahtlose Netzwerke aus – laut Unternehmensleitung völlig unbeabsichtigt. Na klar! Kann ja mal passieren. Kennt doch jeder. Man läuft beim Sightseeing durch München, und schwuppdiwupp belauscht man Schwabinger Altbaubewohner durchs offene Fenster. So ist der Mensch halt, und auch Google ist nichts Menschliches fremd.
Ist Google also eine Sau? Ja, und was für eine! Der Aufschrei über die ausgespähten Netze war aber vor allem beim Volk nicht mehr als ein kleiner Rülpser nach Brezn und Bier: »Mir doch egal. Wir ham kein WLAN . Nur so nen Router.«
Autos, die Fotos schießen – die kann man sehen und halb wegs verstehen. Grund genug, dagegen zu protestieren. Funk wellen hingegen, die abgehört werden, sind unsichtbar und abstrakt, dem Laien also letztlich wurscht. Daher gehen Bürger gegen große Bauprojekte auf die Straße, aber gegen Vorratsdatenspeicherung noch nicht mal vor die Tür. Die Mehrheit hätte an Weihnachten außerdem wohl lieber den Innenminister auf dem verkrümelten Sofa sitzen als die Familie Google. Dabei bringen die Googles die wesentlich schöneren Geschenke mit. In Zeiten, in denen hier wie da ein sehr laxer Umgang mit Privatsphäre und persönlicher Freiheit gepflegt wird, kann man sich eigentlich nur wünschen, im nächsten Leben als Juchtenkäfer wiedergeboren zu werden. Dessen Lebensraum ist verhältnismäßig sicher. Es sei denn, die Bahn kommt.
# 67 Hat nichts mit Unterwasserballett zu tun.
# 68 Nur den Anachronismus, dass wir immer noch peinlich unterregulierte Finanzmärkte auf der einen und hoffnungslos überregulierte Campingplätze auf der anderen Seite haben, konnte ich mir bisher auch mit Google nicht hinreichend erklären.
# 69 Noch größer ist allerdings die Gefahr, keine Liege mehr zu bekommen, weil Gerüchten zufolge viele Senioren diese schon vor dem Ableben mit Handtüchern reserviert haben.
# 70 Ich habe das mal gegoogelt: Ich bin mit ihm weder verwandt noch verschwägert.
# 71 Sie sagen, es gab dafür eigentlich nie eine Veranlassung? Was, wenn Sie eines Tages in die Fänge eines Psychopathen geraten, der Sie in Stücke schneiden möchte, wenn Sie ihm nicht den Torwart der Nationalmannschaft bei der WM ’74 nennen können? Aus dieser Situation kommen sie heute im Gegensatz zu früheren Zeiten locker mit jedem handelsüblichen Smartphone raus. Gut, für den Fall, dass Sie keinen Empfang haben sollten, merken Sie sich einfach ab jetzt, dass es »die Katze von Anzing« Sepp Maier war.
# 72 Eine interessante und dem Internetzeitalter gerechte Variante dieser Spielshow könnte »Wer googelt sich reich?« sein. Dabei tragen die Kandidaten einen Internet-Wettkampf in mehreren Runden aus. Neben Disziplinen wie Speed-Googeling,
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