Hilfe, ich habe Urlaub
ich an einen Kurort in Kalifornien denken, wo ich mal eine Woche zugebracht habe, aber das ist ein Kapitel für sich.
Rückblickend muß ich sagen, wenn man sein Gepäck schon verloren hat, dann ist eine Fahrt auf dem Sepik noch das Beste, was man unternehmen kann. In dieser Gegend ist alles so ungezwungen und locker, daß es in ganz Kalifornien dagegen so steif zugeht wie auf einer Krönungszeremonie. Wir waren zehn Passagiere - die überwiegende Mehrheit Australier -, als wir an Bord des Flußdampfers »Melanesian Explorer« gingen. Das Schiff war komfortabel und sauber, aber es hatte doch etwas von der »African Queen«. Ich sage das, weil wir am Abend in Madang vom Abendessen zurück an Bord kamen, um am nächsten Morgen, als wir nach dem
Aufstehen mit einer Tasse Kaffee an Deck schlenderten, festzustellen, daß wir überhaupt noch nicht abgelegt hatten. Humphrey Bogart war immer noch dabei, den Motor zu reparieren.
Die Kabinen an Bord hatten eine Klimaanlage und waren laut Prospekt mit Duschen
ausgestattet, aber ich sah nur eine Toilette. Als ich meinen Mann darauf hinwies, sagte er:
»Schau doch mal nach oben.« Seit der Sache mit der Schlange im Nationalpark hatte ich das tunlichst vermieden. Ich richtete also mit gemischten Gefühlen die Augen zur Decke und war platt: Aus der Decke ragte tatsächlich eine kleine Düse, die es ermöglichte, gleichzeitig auf der Toilette zu sitzen und zu duschen, wenn man es eilig hatte.
Wundersamerweise hatte ich keine Probleme, meine Zeit auf der Explorer rumzukriegen. Ich las, schlief, und eines Abends forderte mich ein Moskito nach dem Essen zum Tanzen auf.
Eine Bemerkung über Moskitos und ihre Opfer: Es gibt zwei Sorten Menschen auf der Welt.
Die einen ziehen Mücken an, die anderen nicht. Ich gehöre nicht nur der ersten Gruppe an, sondern habe darüber hinaus das Gefühl, daß sämtliche Moskitos eine Fachzeitschrift abonniert haben, aus der sie den Aufenthaltsort von Leckerbissen wie mir erfahren. Dann buchen sie sich einen Linienflug erster Klasse und treffen bald dort ein, wo ich gerade bin.
Manche Leute glauben, Mücken seien alle gleich. Das sind sie nicht. In Alaska haben die Mücken Rotorblätter wie Hubschrauber. Damit stehen sie fünf Zentimeter von Ihrem Gesicht entfernt in der Luft und brummen wie ein Seemannschor beim Einstimmen.
Im Südpazifik sind die Moskitos so groß, daß Fluglotsen sie auf dem Radar sehen können.
Dabei sind sie erstaunlich leise. Wenn Sie merken, daß Ihre Haut immer blasser wird, werden Sie gerade angezapft. Es ist wie Blutspenden beim Roten Kreuz, bloß denken die Mücken nicht daran, Ihnen nach jedem Liter eine Ruhepause zu gönnen.
Auf unserer Fahrt den Fluß hinunter legten wir bei kleinen Dörfern an und besichtigten »Haus Tambarans«, ein großes zweistöckiges Gebäude. Hier blühen die Talente der Sepikbewohner durchaus nicht im Verborgenen - Holzschnitzarbeiten, Schmuck, primitive Masken und
Bildergeschichten, und alles von der Hand einheimischer Künstler, die eine Art zu handeln haben, die es sonst nirgends auf der Welt gibt.
Ich nahm die urwüchsige Skulptur einer Mutter mit Kind zur Hand und fragte: »Wieviel?«
Der Eingeborene lächelte und erwiderte in perfektem Englisch: »Erster Preis: dreihundert Dollar. Zweiter Preis: achtzig Dollar.« Er wartete gespannt auf meine Entscheidung.
Manchmal, wenn wir abends mit Taschenlampen in einen Ort kamen, weil es dort keinen
Strom gab, oder wenn ich den Männern zusah, wie sie einen neuen Einbaum aushöhlten,
während ihre Kinder nackt im Fluß planschten, spürte ich ein starkes Bedürfnis, diese friedliche Welt vor Fernsehwerbung für Hämorrhoidensalben und McDonald’s zu bewahren. Nach einiger Zeit hörten wir von selbst auf, uns über die Unannehmlichkeiten aufzuregen, und ließen uns auf die neue Lebensweise ein. Ich war nicht mehr erstaunt darüber, in einem Flughafen als einzige Frau nicht gerade ein Kind zu stillen. Wenn das Flugzeug vollbesetzt war und noch ein
»Vielflieger« mitwollte, der nichts als ein paar Gräser um die Hüften trug und mich mit Zähnen anlächelte, die rot vom Betelkauen waren, rückte er eben einen Sack Zwiebeln in den Mittelgang und setzte sich neben mich. (Ich glaube, Papuas würden ihre eigene Mutter in die Gepäckablage stopfen, wenn das der einzige freie Platz wäre.)
Auf einem Marktplatz fragte mich eines Tages ein Papua, ob ich verheiratet sei. Das sei ich allerdings, versicherte ich ihm. Ich konnte es kaum fassen,
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