Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hilfe, ich habe Urlaub

Hilfe, ich habe Urlaub

Titel: Hilfe, ich habe Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erma Bombeck
Vom Netzwerk:
könnten.
    Ich habe in meinem ganzen Leben keine Menschen gesehen, die so von ihren jeweiligen
    Steckenpferden geritten wurden. Auf den bloßen Zuruf »Wal gesichtet!« leerte sich der ganze Speisesaal, und das Schiff neigte sich gefährlich nach einer Seite.

    Von morgens bis abends trafen sich Gruppen in abgedunkelten Räumen, um sich Dias von Seelöwen bei der Paarung anzusehen. Beim Frühstück kritzelten sie indianische
    Steinzeichnungen in ihre Notizbücher, und im Salon hörten abends die Sportfischer begeistert zu, wenn aus Tagebüchern von Fischfangexkursionen vorgelesen wurde.
    Alle halbe Stunde versammelte sich die eine oder andere Gruppe, um eine Seehundkolonie zu sehen, eine Angelschnur auszuwerfen oder irgendwo Felsen umzudrehen.
    Können Sie sich vorstellen, wie es ist, in der Mitte von alldem der einzige oberflächliche Mensch zu sein? Eine Frau, die beim Blick durch den Feldstecher nur die eigenen Wimpern sah?
    Die Dolly Varden für eine Country-Western-Sängerin und nicht für eine Forelle hielt und dachte, mit dem dunkeläugigen Junco wäre einer der Passagiere gemeint und nicht ein
    nordamerikanischer Fink.
    Aber das wirklich Traurige an der ganzen Sache war, daß niemand Tiere zu sehen bekam, niemand irgendwelche Naturschönheiten erblickte und niemand Fische fing. Es war so, als trieben wir in einem Niemandsland der Meere dahin.
    Am Morgen des dritten oder vierten Tages ging ich los und suchte den Fitneßraum. Ich folgte den Richtungsangaben eines Mitglieds der Besatzung und öffnete vorsichtig eine schmale Tür, auf der »FITNESS« stand. Der Boden war vollständig mit Matratzen ausgelegt. Mitten im Raum lagen zwei Mitglieder der Besatzung mit freiem Oberkörper, die ich aus tiefem Schlaf geweckt hatte, und schnauzten: »Was wollen Sie denn?« Schnell zog ich die Tür wieder zu.
    Dieses Erlebnis weckte meinen Kampfgeist.
    »Weißt du, was ich machen werde?« fragte ich meinen Mann. »Ich marschiere jetzt direkt ins Quartier des Kapitäns und halte ihm diesen Katalog unter die Nase und sage: >Hören Sie mal gut zu…«<
    »Das wirst du nicht tun«, entgegnete mein Mann sanft. »Falls du dich beschweren willst, kannst du dich außerdem hinter Frau Syckle anstellen, die nicht aufgehört hat zu schreien >Ich will Bären sehen<, seit sie an Bord dieses Schiffs gekommen ist. Die Sportfischer zetteln eine Meuterei an, um ihren Betreuer loszuwerden, und Joan hat den Kapitän heute früh gegen einen Feuerlöscher geschubst. Alles, was ich verstehen konnte, war: >Nein, Sie verstehen es eben nicht.< Ich habe für diese Reise meine gesamten Ersparnisse ausgegeben! Hier sind alle allmählich sauer - wenn dich das tröstet.«
    Eines Abends lag ich in meiner Koje und las, als plötzlich die Schiffsglocke läutete - genau fünfmal. Ich war selbst von meiner Reaktion überrascht. Ich war erleichtert und sagte zu mir selbst: »Gott sei Dank, wir sinken.« Ich griff mir die Schwimmweste, machte die Tür auf und sah den ersten Offizier vorbeirasen. In diesem Augenblick knallten direkt vor unserer Tür die Sicherheitstüren zu, so daß er nicht weiterkam. Er drehte sich um und lief zum anderen Ausgang.
    »Müssen wir das Schiff räumen?« schrie ich ihm hinterher.
    »Hoffentlich nicht!« schrie er zurück.
    Enttäuscht sank ich wieder in meine Koje zurück. Das war mal wieder einer von den Tagen, wo nichts klappt.
    Später gab es eine Mitteilung, daß jemand im Fitneßraum geraucht (wo sonst, wenn nicht dort?) und so den Rauchmelder ausgelöst hatte, worauf die Schiffsglocke den Alarm »Alle Mann von Bord« gab. Das war meine letzte Hoffnung gewesen, von diesem Kahn zu kommen, bevor ich vor Langeweile starb.

    Es wurde schnell klar, daß die Schönheiten Alaskas uns verborgen bleiben sollten. Beim Iliasi Pass hatte man uns einen Blick auf frische Lavaströme versprochen, falls das Wetter gut sei. War es nicht. Man köderte uns mit der Aussicht darauf, Tlingit-Kunst in einem Museum in Klawock zu kaufen. Es hatte geschlossen. Wir sollten nach Cordova fahren, um die Brücke zu sehen, die eine Million Dollar gekostet hatte. Zweihundertfünfzigtausend Dollar davon hatten Gletscher mitgerissen. Stündlich wurden die Sportangler mißmutiger, die Amateurzoologen fielen in eine Depression, und die Pflanzenfreunde begannen zu trinken.
    Morgens bei unseren Besprechungen benahmen sich die Passagiere wie neunzig Geschwister, die alle besser ein Einzelkind geblieben wären. Ungefähr am zwölften Tag kündigte der

Weitere Kostenlose Bücher