Hilflos in deinen Armen
Gegner auswich und beidhändig mit seinem Breitschwert ausholte, stürzte sich diese Gestalt über das verendende Pferd auf d’Artage, packte ihn beim Knöchel und zerrte ihn aus dem Sattel.
Fluchend rappelte er sich hoch und hieb derart wuchtig auf den Angreifer ein, dass er ihn fast in zwei Stücke schlug. Erst als er den blutüberströmten Körper mit dem Schild beiseitestieß, sah er, dass es Frederic war. Über den Kampflärm hinweg hörte er Bayards Kriegsschrei. Weithin übertönte er das Getöse, die Rufe und Befehle, das Klirren der Schwerter, als die Söldner auf die Männer von Averette trafen.
Der Puls dröhnte d’Artage wummernd in den Ohren, als er Kampfstellung einnahm und Bayard entgegensah, der mit gezückter Klinge, die linke Flanke vom Schild gedeckt, auf ihn zukam. Auf seinen Zügen lag eine solch unbändige Wut, ein solcher Hass, eine solche Entschlossenheit, dass d’Artage ahnte: Einer von ihnen beiden würde den Tag nicht überstehen.
Das wusste auch Bayard. Wenn es nach ihm ging, sollte d’Artage derjenige sein, der den Abend nicht mehr erlebte. Er hasste den Aufrührer ohnehin schon wegen seiner Umsturzpläne, aber jetzt auch noch mit ansehen zu müssen, wie er den armen Frederic niederschlug, das setzte allem die Krone auf. Das reichte, um den Schurken ohne Skrupel und Gewissensbisse ins Jenseits zu schicken.
„Ihr seid ein Kind des Todes, d’Artage“, rief er und verdrängte die Trauer über Frederics glücklosen Versuch, seinen Ritter und Lehrmeister zu retten. Der Junge hätte sich heraushalten sollen; d’Artage war kein sonderlich guter Kämpfer, Bayard wäre schon mit ihm fertig geworden. Soweit er sich erinnerte, verfügte d’Artage über wenig Übung und über Kampferfahrung schon gar nicht. „Schade eigentlich, dass Ihr eines schnellen, leichten Todes sterben sollt“, fügte er noch hinzu und ging zum Angriff über.„Wenn je einer den Tod des Verräters verdient hat …“
„Dünkelhaft wie sämtliche Söhne von Raymond de Boisbaston“, spöttelte d’Artage verächtlich, während die zwei begannen, einander lauernd zu umkreisen. „Esel und Großmäuler seid Ihr. Ihr und Euer feiner Bruder, Ihr meint wohl, Ihr wäret die einzig wahren Kämpfer! Ja, und warum? Weil ich Euch in dem Glauben ließ! Wozu sollte ich Euch schon vorzeitig verraten, wozu ich fähig bin? Aber falls es Euch mal nach Italien verschlägt, fragt nach Carlo del Ponti. Der ist ein Meister seines Faches und hat mir so manchen Kniff beigebracht. Jedenfalls besser, als es Euch Euer Vater, dieser Tropf, je lehren könnte. Ein Hornochse war er, Euer Alter, ein Halunke, ein Verbrecher. Und Ihr schlagt ganz nach ihm.“
„Wer der Bessere ist, das werden wir gleich sehen“, konterte Bayard, dem nicht entging, dass sein Gegner jedes Mal, wenn er mit dem rechten Bein einen Ausfallschritt machte, die rechte Schulter ein wenig sacken ließ. Dazu drehte er sich etwas, sodass sein Oberkörper besser vom Schild abgedeckt war.
An sich eine gute Schutzhaltung, jedoch nicht ganz gefahrlos, bedeutete sie doch, dass d’Artage bei jedem Hieb einen zusätzlichen Schritt tun musste.
„Ihr seid geliefert, Ihr und Euer Bruder“, höhnte d’Artage, den Blick fest auf Bayards Klinge geheftet. „Sein Weib allerdings nicht. Adelaide. Jedenfalls noch nicht sofort. Erst führe ich sie mir zu Gemüte und treibe ihr die hochmütigen Flausen aus.“
Bayard lachte trotzig. „Damit ist endgültig klar, dass Ihr ein Hanswurst seid. Ihr könntet den Damen zu Averette nichts beibringen.“
„Aber Ihr, was? Lady Gillian brauchte doch ganz bestimmt ein wenig Unterweisung in gewissen Dingen, oder? Heraus mit der Sprache, Bayard! Wie ist das, wenn man mit so einem abartigen Wesen ins Bett steigt?“
Bayard kochte vor Zorn, beherrschte sich aber. Sollte der Kerl doch faseln, so viel er wollte. Den Morgen jedenfalls sollte er nicht mehr erleben, zumal Bayard noch etwas an seiner Kampfesweise aufgefallen war: d’Artage wurde allmählich müde, sein Atem schwerer, seine Haltung verkrampfter. Typisch für einen, der sich nicht regelmäßig übte und sich taktisch nicht auf dem Laufenden hielt. Dann setzte man Rost an wie ein schlampig gepflegtes Schwert, bewegte sich langsam und schwerfällig wie ein überfütterter und selten gerittener Gaul.
Bayard ermüdete seinen Gegner noch weiter durch eine Reihe von Finten. Wie beabsichtigt wich d’Artage den angetäuschten Hieben zwar jedes Mal aus, musste aber andauernd hin und her
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