Hilflos in deinen Armen
Armand erledigt habe, werde ich mich unseren Truppen im Norden anschließen, und dann bin ich bald in Westminster, ganz nah beim neuen König.“
„Wer sollte das denn sein?“
„Weiß ich noch nicht“, lachte d’Artage. „Aber einen Besseren als John finden wir allemal.“
„Besser für Euch, meint Ihr. Zumindest hofft Ihr darauf, stimmt’s? Trotz Eurer Schleimerei kamt Ihr bei John nicht an. Woher nehmt Ihr da die Gewissheit, das wäre bei seinem Nachfolger anders? Zumal der ja vermutlich weiß, dass man Euch nicht über den Weg trauen darf? Jeder Hof hat eben seine Verräter.“ Den Schild wieder angehoben, ging Bayard zum Gegenangriff über. Der Schmerz von der Pfeilwunde war vergessen.
„Ich bin kein Verräter!“, schrie d’Artage wütend, während er zurückwich. „John taugt nichts als Herrscher. Ihr wisst doch selbst, dass es stimmt, Bayard. Wer einigermaßen Grips im Schädel hat, der erkennt doch gleich, dass John ein gieriger Hohlkopf ist. Der sorgt irgendwann dafür, dass dieses Land vor die Hunde geht und bald von den Franzosen regiert wird. Kommt zu uns! Schließt Euch uns an! Lasst uns diesen Tölpel zum Teufel jagen, und ich verspreche Euch reichen Lohn!“
Bald ist es so weit!, dachte Bayard. Sein Gegner redete zu viel, vergeudete dadurch noch mehr Kraft. Auch wurde er noch langsamer und konnte kaum das Schwert ruhig halten. Jetzt brauchte Bayard nur noch auf den günstigsten Moment zu warten. „Selbst wenn ich einräumen würde, dass er ein Stümper auf dem Thron ist – ein Umsturz führt zu Bürgerkrieg und Anarchie.“
„Besonders in solch unruhigen Zeiten kann es ein kluger Mann weit bringen.“
„Abstürzen aber auch! Wie Ihr es ja offensichtlich für Armand oder mich im Sinn habt. Und für die Ladys auf Averette.“
„Wenn Ihr bei uns mitmacht, bin ich bereit, Gras über die Fehler der Vergangenheit wachsen zu lassen.“
„Soll ich mir etwa den eigenen Bruder zum Feind machen?“
Sein Gegner schüttelte den Kopf, damit ihm nicht der Schweiß in die Augen rann. „Bringt Ihn dazu, ebenfalls bei uns mitzumachen. Ihr wärt unschätzbare Verbündete.“
„Was habt Ihr mir denn zu bieten? Oder darf nur Euer Herr und Meister solche Versprechungen machen? Vielleicht sollte ich mich direkt an den wenden.“
„Wenn Ihr mich umbringt, werdet Ihr nie erfahren, wer es ist.“
„Das hat mein Knappe mir schon verraten“, schwindelte Bayard.
„Unsinn, das geht gar nicht. Ich hab’s ihm nie gesagt.“
„Wir wissen mehr, als Ihr denkt, Richard.“
Wie er geplant hatte, beobachtete er ein Aufflackern von Verunsicherung in den Augen seines Kontrahenten, ein Stocken in der Fußarbeit. Der Moment war gekommen. Blitzschnell hob Bayard das Schwert und schlug zu.
Alles geschah mit einer solchen Geschwindigkeit, das d’Artage den Hieb nicht abwehren konnte. Mit aller Kraft trieb Bayard die Klinge vorwärts, bis sie auf den gegnerischen Harnisch traf und seitlich abglitt.
Da aber schlug d’Artage zurück und traf Bayard am Arm, härter, als der es erwartet hätte. Der Hieb durchschlug zwar den Kettenpanzer nicht, doch konnte Bayard ein hässliches Knacken hören: der Armknochen war gebrochen. Ein unerträglicher Schmerz zwang ihn dazu, die Klinge fallen zu lassen.
Sofort trat Richard d’Artage auf das Schwert und holte aus. Den Schild wie einen Rammbock benutzend, stürzte sich Bayard auf seinen Gegner und stieß ihn so heftig zu Boden, dass er selber gleich hinterdreinkippte und auf dem Gestürzten landete, dessen Schwert dabei beiseitegeschleudert wurde.
Den Mund weit aufgerissen, schnappte d’Artage nach Luft, derweil Bayard nach seinem Schwert tastete. Verzweifelt packte d’Artage Bayards Schild am oberen Rand und zerrte es hin und her. Mit einem Schmerzensschrei riss Bayard den Arm aus den Lederriemen, aber genau in diesem Moment rammte d’Artage den Schild aufwärts und traf Bayard hart am Kinn.
Vor Schmerz noch ganz benommen, sah er, wie sein Gegner nach seinem eigenen Schwert griff, wälzte sich zur Seite und rappelte sich auf. Wo lag bloß sein Schwert? Der Kontrahent war längst wieder bewaffnet und taumelte auf ihn zu, die Klinge schon über dem Kopf geschwungen. Genau in diesem Moment schlossen sich Bayards Finger um den Griff seiner Waffe. Im Nu hatte er sich herumgeworfen und richtete die Klinge aufwärts gegen die Brust von d’Artage. Der roch jedoch den Braten und prallte zurück. Sein pfeifender Atem klang so, als rühre er nicht allein von
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