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Hilflos in deinen Armen

Hilflos in deinen Armen

Titel: Hilflos in deinen Armen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARGARET MOORE
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Frederic wieder an den Ausgangspunkt zurück, damit der Knappe einen neuen Versuch unternehmen konnte. „Kriege kosten eine Stange Geld – für Sold, Waffen, Schiffe. Am besten schwächt man den Feind, indem man ihm die Ritter wegschnappt und gegen Lösegeld freigibt. Wenn du einen Widersacher gefangen nimmst und verschonst, wird er es sich gut überlegen, ob er dich ein zweites Mal angreift. Bringst du ihn um, handelst du dir einen toten Ritter ein und eine ganze Familie, die dich bis ans Lebensende mit Hass verfolgen wird.“
    Seinem Lehrling leuchtete das offenbar nicht ein. „Wenn man den Feind am Leben lässt, murkst er einen aber vielleicht beim nächsten Waffengang ab.“
    „Richtig, das lässt sich nicht ausschließen. Schon deswegen muss man bewaffnete Auseinandersetzungen möglichst vermeiden.“ Angesichts der beleidigten Miene seines Knappen versuchte Bayard es mit einem anderen Ansatz. „Was meinst du – wie beliebt machst du dich wohl bei Turnieren, wenn du andauernd auf die Köpfe der Kontrahenten losgehst?“
    Der Junge schnaubte abfällig. „Das wird sie das Fürchten lehren.“
    „Ganz genau!“, bekräftigte Bayard. „Und eines Tages stellst du fest, dass du überhaupt keine Freunde oder Verbündete hast.“
    Das gab dem jungen Mann zu denken, als gehe ihm allmählich auf, dass es durchaus seine Vorteile haben konnte, den Gegner zu verschonen.
    Bayard setzte noch eins drauf. „Das Hauptargument ist“, betonte er, „dass der Kopf ein viel kleineres Ziel bietet und leicht zu verfehlen ist. Holst du den Rivalen aber nicht aus dem Sattel, kann er dich gleich wieder attackieren. So, jetzt das Ganze noch einmal, und diesmal zielst du auf den Schild.“
    „Na gut, meinetwegen“, murrte Frederic. Er wendete sein Pferd und legte die Lanze ein.
    Beim zweiten Anlauf zielte er auf den Schild und erwischte ihn auch fast genau in der Mitte. Als dabei die leichtere Lanze mit weithin hallendem Krachen an der massiven Holzplatte zersplitterte, stieß Bayard einen Jubelruf aus. Die Stechpuppe wurde um die eigene Achse gewirbelt, und der Sandsack sauste auf Frederic zu, der sich wegduckte, um ihm auszuweichen. Entsetzt sah Bayard, wie der Junge dabei aus dem Gleichgewicht geriet, weil er sich zu weit nach rechts lehnte. Obwohl der wuchtige Sandsack ihn verfehlte, kippte der Junge aus dem Sattel und krachte mit einem hässlichen Laut auf den Boden, wo er regungslos liegen blieb.
    Fluchend rannte Bayard los. Wenn er was abgekriegt hat … oder tot ist …
    Er ließ sich neben dem am Boden Liegenden auf die Knie nieder, schob ihm das Visier hoch und sprach ihn an. Zuckend hoben sich die geschlossenen Lider in dem blassen Gesicht. Gott sei Dank, er lebte noch! Trotzdem war’s möglich, dass er sich schlimm verletzt hatte.
    „Bin ich tot?“, fragte Frederic benommen.
    Erleichtert, dass der Junge zumindest wieder bei Bewusstsein war, lehnte Bayard sich zurück und schaute nach Blut oder Anzeichen von gebrochenen Knochen. „Tut dir was weh?“
    Frederic rappelte sich hoch. „Nein, ich …“ Erstaunt blinzelnd starrte er die Burgmauer an. „Wieso dreht sich alles um mich?“
    „Weil dir schwindlig ist.“
    „Ach ja, das wird’s sein“, bekräftigte der Junge. „Schwindelgefühl. Lässt aber schon nach.“
    Bayard zog ihm den Helm ab, legte ihn auf den Boden, half Frederic auf und packte ihn sich dann wie ein Kind auf die Arme.
    „Lasst mich runter!“, rief der Knappe entrüstet und schon merklich lebhafter. „Ich bin doch kein Säugling!“
    „Sei still!“
    Lady Gillian musste her. Als Burgherrin kannte sie sich bestimmt ein wenig mit der Heilkunde aus. Und falls nicht, wusste sie doch, wo man einen Medikus oder Feldscher auftreiben konnte.
    Mit düsterer Miene schritt Gillian über den Burghof. Eigentlich hätte sie ans Abendessen denken müssen, aber nach wie vor ging ihr die Gerichtsversammlung durch den Kopf, und ihre Bestürzung über das, was danach in der Turmstube geschehen war, hatte sich noch nicht gelegt.
    Da fiel es schwer, sich auf Erbsen, Linsen und Schinken zu konzentrieren. Was wäre wohl passiert, wenn sie sich nicht von Sir Bayard losgerissen hätte? Hätte er sie wohl tatsächlich geküsst? Oder hatte er sie bloß einschüchtern wollen?
    In den Arm genommen hätte er sie bestimmt nicht. Sie war eben nicht der Typ, der auf die Männer wirkte. Wenn er überhaupt etwas für sie empfand, dann wohl höchstens Zorn und Missmut, und bei solchen Gefühlen war einem weiß Gott nicht

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