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Hilflos in deinen Armen

Hilflos in deinen Armen

Titel: Hilflos in deinen Armen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARGARET MOORE
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alle die Geste sehen konnten, fasste sie seine Hand. „Ihr habt das Beste in ihm gesehen, nicht das Schlimmste. Auch mir sind böse Fehleinschätzungen unterlaufen.“
    Ihre Blicken trafen sich, und in diesem Augenblick gemeinsamen Schreckens, Mitgefühls und Verstehens wurde das Band zwischen ihnen noch stärker. Ganz gleich, ob sie es wollten oder nicht.
    Dann entzog er ihr seine Hand, und schweigend beendeten sie ihr Mahl.
    Später am selben Abend ging Gillian unruhig in ihrem von einer flackernden Kerze erleuchteten Gemach auf und ab. Draußen am Himmel hing die Sichel des Mondes. Man konnte hören, wie sich die Wachen bei einer Begegnung gegenseitig gedämpft die Losung zuriefen. Ansonsten herrschte Stille.
    Und Einsamkeit. Wie schon so oft in ihrem Leben. Von Einsamkeit verfolgt, als wäre sie eine der sagenhaften Prinzessinnen, die man in einen Turm gesperrt hat.
    In ihrer Kindheit, wenn sie es nicht mehr aushielt und auch nicht ins Dorf ausreißen konnte, kletterte sie immer hinauf bis oben auf den Bergfried. Dort kauerte sie sich hinter eine der Zinnen und redete sich ein, eine böse Hexe habe Averette verzaubert und ließe sie, Gillian, nicht mehr heraus. Eines Tages aber würde sie eine Möglichkeit finden, den Bann zu brechen, und dann winkte ihr die Freiheit.
    Mehr noch: Wunderschön und reizend würde sie sein, sogar noch schöner als ihre Schwestern. Nicht mehr die mausgraue Gillian, das Mauerblümchen.
    Nach dem Tode des Vaters und nach dem gemeinsam mit den Schwestern abgelegten Gelübde hatte es so ausgesehen, als habe der Zauber sich tatsächlich gelüftet. Sie war frei – so frei, wie man als blaublütig Geborene nur sein konnte, auch wenn man nicht schön und liebreizend war. Glücklich und zufrieden war sie gewesen, begeistert darüber, dass sie nun Herrin zu Averette sein sollte.
    Dann war Bayard eingetroffen. Anfangs hatte er ihr nur Ärger und Verdruss bereitet, dann aber dafür gesorgt, dass sie sich geachtet fühlte, bewundert und schließlich auch begehrenswert.
    Begehrenswert auf eine Weise, dass auch ihr eigenes leidenschaftliches Sehnen entflammte und sie sich dauernd an einen Ausspruch von Lizette erinnert fühlte: „Wir haben uns zwar Ehelosigkeit gelobt – aber nicht ewige Keuschheit!“ Typisch Lizette, dass sie darüber auch noch gelacht hatte.
    Sie hatten sich nicht ewige Keuschheit gelobt.
    Natürlich, so hatte sie damals gedacht, würde sie keusch bleiben. Wer hätte sie, seit James tot war, denn schon begehren sollen? Wer sah in ihr denn etwas anderes als die unscheinbarste der drei Schwestern?
    Die Hände in den weiten Ärmeln ihres Nachtgewandes verborgen, trat sie ans Fenster, sah hinauf zum nächtlichen Himmel und blickte sodann hinüber zum Dorf, das bereits in tiefer Dunkelheit lag.
    So gern sie auch auf Averette bleiben wollte: Sie wusste, wen sie begehrte. Und wer – falls ihr Gefühl sie nicht trog – auch sie begehrte.
    Den Zigeuner-Galan , der seinen Spaß hatte und sich dann die Nächste vornahm. Der Liebe bot und Liebe nahm, ganz ohne Verpflichtung. Falls sie jetzt zu dem ginge, was würde er wohl sagen? Was würde er tun?
    Heirat war ausgeschlossen, eine andere Beziehung sündhaft, aber ihr Herz verlangte, dass sie dem heftig in ihr tobenden Verlangen nachgab. Dass sie an Liebe nahm, was sie bekommen konnte – falls er damit einverstanden war.
    Und wenn nicht?
    Wenn er tugendhafter, stärker, ehrenhafter war als sie? Was dann?
    Wie sollte sie das wissen? Um das zu erfahren, musste sie ihn erst aufsuchen.
    Traute sie sich das zu? War sie beherzt genug, stark genug, entschlossen genug, um das zu bitten, was sie sich von ganzem Herzen wünschte? War sie bereit, die Folgen zu tragen?
    Oder stand zu viel auf dem Spiel?
    Einmal mehr um den Schlaf gebracht, erhob Bayard sich vom Lager. Er war so in Aufruhr, dass er das Starren gegen die Bettvorhänge nicht mehr aushielt.
    Draußen pladderte der Regen wieder gegen die steinernen Mauern. Wo mochte Frederic bloß stecken? Gehörte er tatsächlich zu der Bande, die den Burgvogt gefoltert, umgebracht und verstümmelt hatte? Und falls Frederic bei diesen Halunken war – machte er mit, oder war er Gefangener? Würde man wohl am kommenden Morgen Hinweise finden, oder würde der Regen sämtliche Spuren verwischen? Sodass selbst einer wie Robb nichts mehr fand?
    Ein leiser, vertrauter Laut unterbrach seine Grübeleien. Er wandte sich halb um und sah, wie sich die Tür zu seiner Kammer öffnete. Leise. Vorsichtig.
    Rasch

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