Hill, Susan
überlegt, rasch nach Hause zu fahren und sich umzuziehen, weil sie nicht wusste, ob ihre Arbeitskleidung zu der Kleiderordnung im Embassy Room passte, aber als sie kurz vor Viertel vor sieben hereinkam, entspannte sie sich. Die Bar war stilvoll und topmodern, was bedeutete, dass alles erlaubt war, von Jeans und Jacketts bis zum diamantbesetzten kleinen Schwarzen und zu schlichten Leinenanzügen. Das gleiche Summen der Gespräche erfüllte den Raum, das sie in ihrem Lieblingscafé so genossen hatte, als ihr Cat Deerborn zufällig über den Weg gelaufen war. Beide Lokale erinnerten sie an das modische London, während sie gleichzeitig fest in Lafferton verankert war.
Das Embassy war nicht Chrom und Neon, wie sie erwartet hatte, sondern helles Bugholz und leuchtend pinkfarbener Tweed, ansprechend und gemütlich. Es erinnerte sie an einige Bars in Barcelona, wo sie an einem ihrer Wochenendtrips mit Don gewesen war. Die Bar war voll, junge Leute, die nach der Arbeit herkamen, vermischten sich mit Paaren, die vor dem Essen noch einen Aperitif trinken wollten, dazu ein paar ältere Golf- und Bridgespieler. Niemand wirkte unpassend, alle sahen entspannt aus.
Aidan Sharpe war noch nicht da. Mit einiger Schwierigkeit fand Freya einen Ecktisch für zwei und bestellte einen nicht-alkoholischen Cocktail namens »Sunshine Moonshine«, der in einem schalenförmigen Glas serviert wurde, mit Eis, Strohhalmen, Schirmchen und aufgespießten Erdbeeren und sowohl sehr fruchtig wie auch leicht bitter schmeckte.
Sie lehnte sich auf dem gebogenen Stuhl zurück und spürte eine plötzliche, intensive Sehnsucht nach Simon, wollte hier mit ihm sitzen, lachen, reden, es genießen, Zeit verbringen, bevor sie irgendwo anders zum Essen gingen. Ihr letztes Treffen vor dem Revier lag schon zu lange zurück. Er hatte mit der Leitung der Drogensache alle Hände voll zu tun, und wenn er nicht in Besprechungen saß, war er unterwegs. Mehrmals war Freya an seiner Bürotür vorbeigekommen und hatte gezögert, wollte aus keinem anderen Grund hineingehen, als ihn zu sehen, mit ihm zu reden; mehrfach hatte sie zum Telefon gegriffen, um seine Privatnummer zu wählen, hatte aber immer aufgelegt. Sie wollte ihn einladen, mit ihr essen zu gehen, und wusste, dass sie genau das nicht tun durfte, er könnte das in die falsche Kehle bekommen; sie wollte mit ihm unbedingt alles richtig machen. Sie hatte gewartet, hatte sich zurückgehalten, hatte geschwiegen und musste daher jetzt eine Stunde mit einem steifen Alternativtherapeuten in den Fünfzigern verbringen, der eine Fliege trug.
Aus welcher Richtung er auch gekommen war, sie hatte ihn nicht gesehen, daher schrak sie zusammen, als er neben ihr auftauchte und ihr, mit einer Geste, die sie irritierte, die Hand küsste.
»Es tut mir Leid … Meiner letzten Patientin wurde schwindelig, und ich musste sie nach Hause bringen. Gefällt es Ihnen hier? Ich finde es ziemlich interessant.«
Freya wären verschiedene Adjektive für den Embassy Room eingefallen, doch »interessant« hätte nicht dazugehört. Sie wettete im Stillen mit sich, dass er einen Gin Tonic bestellen würde. Und gewann.
»Ich nehme an, Sie sind ziemlich ausgebucht … Akupunktur scheint in Mode zu sein.«
»Oje, ich hoffe nicht. Heute modern, morgen unmodern.«
»Wie die Bar hier.«
»Nein, meine Liebe, ich glaube, der Embassy Room wird Bestand haben, genau wie mein Beruf.«
Sein Drink kam. Die Kellnerin, die gefälschte Markenjeans und Stiefel zu einem weißen Hemd trug, lächelte kühl, bevor sie den Nachbartisch abwischte. Aidan Sharpe beugte sich vor, um nach seinem Glas zu greifen. Dabei rutschte sein Jackettärmel hoch. Freyas Magen verkrampfte sich. Die Uhr an seinem Handgelenk war aus Gold, hatte römische Ziffern und unten ein zusätzliches, mitternachtsblaues Zifferblatt, das die Mondphasen anzeigte.
Ihr fiel ein, dass sie die Uhr unterbewusst schon einmal wahrgenommen hatte, am Abend der Dinnerparty bei den Serraillers, die Bedeutung aber nicht erfasst hatte.
Sie schaute auf und direkt in Aidan Sharpes seltsame, ausdruckslose, intensiv starrende Augen.
Am Nebentisch stand ein Paar auf, stieß dabei einen Stuhl um, der gegen Freya fiel, und durch die Entschuldigungen und das allgemeine Hin und Her löste sich der Moment auf, doch sie hatte keinen Zweifel daran, dass er ihren Blick auf die Uhr und ihre plötzliche Erkenntnis bemerkt hatte.
»Die Bar könnte ebenso gut in London sein«, sagte Freya. »Lafferton holt definitiv
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