Hill, Susan
beruflicher Natur. Sie hatte kein Interesse daran, eine engere Beziehung mit ihm einzugehen. Andererseits, was hatte sie an diesem Abend sonst schon zu tun? Außerdem gab es keinen Grund, warum sie Arbeit und Entspannung nicht in gewissem Maße miteinander verbinden sollte.
»Das wäre sehr nett. Vielen Dank. Wo sollen wir uns treffen?«
»Es gibt eine neue Bar im Ross Hotel.«
»Den Embassy Room? Davon habe ich gehört … war aber noch nicht da.«
»Gut. Wie wäre es um Viertel vor sieben?«
Nathan schaute sie interessiert an, als sie den Hörer auflegte. Freya schüttelte den Kopf.
»Nein, nein. Hat was mit Arbeit zu tun.«
»Na klar doch.«
»Genau – geht um Mr Fliege, Nathan.«
»Verstehe. Trotzdem, schicke Hütte.«
»Hab ich auch gehört.«
»Schwätzen Sie ihm einen von diesen Cocktails mit den kleinen Schirmchen ab.«
»Mal sehen. Jetzt geh ich erst mal Tee trinken.«
»Dachte schon, Sie würden nie darauf kommen.«
Nathan sprang auf seinen Schreibtisch und auf der anderen Seite wieder herunter.
»Ich sag Ihnen was, Sarge – ich führ Em dahin aus und frag sie dort.«
»Warten Sie, bis ich mir den Laden angeschaut habe.«
»Ja, gut, wenn ich’s schon mache, dann muss es was Tolles sein, verstehen Sie?«
Nathans Affengesicht strahlte vor Aufregung. Freya spürte einen plötzlichen Stich von – was? Neid? Einsamkeit? Dem Gefühl, übergangen zu werden?
»Glückliche Em«, sagte sie.
Nathan sprang vor ihr die Treppe hinunter, nahm zwei Stufen auf einmal.
43
D as Wartezimmer war leer, die Zeitschriften ordentlich gestapelt, und der Computer der Sprechstundenhilfe war abgedeckt. Karin setzte sich. Es war sehr still, sehr sauber, aber aus irgendeinem Grund, trotz der hübschen, wenn auch nichts sagenden Aquarelle, kam ihr der Raum eher leblos als friedvoll vor.
Sie war angespannt, was ihre Rückenschmerzen verstärkte.
Die Uhr war elektrisch, der Teppich dick, die Fenster waren doppelt verglast, wodurch der Raum seltsam still wirkte.
Weil sie Cats Patientin war und weil er Karin kannte, hatte Aidan Sharpe ihr sofort einen Termin nach Ende der offiziellen Sprechstunde gegeben, wofür sie dankbar war. Aber jetzt, wo sie hier war, fühlte sich Karin unwohl. Sie war so unbekümmert ihren Weg gegangen, hatte die Tatsachen ignoriert, sich zu einer positiven Gemütsverfassung gezwungen, sich geweigert, das Vorhandensein irgendwelcher Schatten zu akzeptieren, ganz zu schweigen davon, in sie hineinzuschauen. Jetzt holte sie das alles ein.
Die Sonne hatte den Raum verlassen. Karin wäre am liebsten aufgestanden und gegangen. Ach, um Himmels willen.
»Mrs McCafferty, tut mir so Leid, dass Sie warten mussten.«
Sie stand auf. »Karin«, sagte sie, obwohl sie auf der Dinnerparty der Serraillers nicht viel miteinander gesprochen hatten.
»Kommen Sie herein.«
Jedes Behandlungszimmer, in dem sie während der Wochen ihrer Erforschung alternativer Therapien gewesen war, hatte eine warme, einladende, zwanglose Atmosphäre gehabt – viele wirkten wie »echte« Räume in ganz gewöhnlichen Häuser, wie das helle, friedvolle, mit Blumen gefüllte Wohnzimmer, in dem ihre Geistheilerin arbeitete. Sie mochte das. Krankenhäuser und Arztpraxen waren so kalt, so karg, so kahl. Der Tomographieraum, das Sprechzimmer der Onkologin, das Wartezimmer der Strahlentherapie – aus allen hatte sie weglaufen wollen.
Aidan Sharpes Sprechzimmer verunsicherte sie. Obwohl an den farblosen Pastelltönen nichts Ungewöhnliches war, vermittelte es überhaupt kein entspannendes, beruhigendes Gefühl.
Unsicher blieb sie stehen.
Er trug einen weißen Kittel, zugeknöpft bis zum Hals.
»Cat hat mir die Tomographieergebnisse geschickt. Wie ich höre, haben Sie Rückenschmerzen?«
»Ja.« Nein, wollte Karin sagen. Ihre Kehle wurde eng.
»Kommen die Schmerzen stoßweise oder sind sie ständig vorhanden?«
Er hatte eine Mappe in der Hand und blickte auf ein Blatt Papier, das er herausgezogen hatte. Vermutlich ihre Tomographieergebnisse.
»Sie lassen selten nach, sind aber unterschiedlich stark, je nachdem, was ich tue.«
»Sind sie stärker, wenn Sie stehen, sitzen oder liegen? Sind sie schlimmer, wenn Sie sich bewegen oder sich nicht bewegen?«
»Ich kann mich besser davon ablenken, wenn ich mich bewege.«
»Verstehe. Gut. Wenn Sie jetzt bitte hinter den Vorhang gehen, alles bis auf die Unterwäsche ausziehen und den dort hängenden Kittel überziehen würden?«
Der Raum hatte so still gewirkt, aber als sich
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