Hill, Susan
auf.« Sie lehnte sich zurück und schaute sich um, anscheinend ganz entspannt, während sie gleichzeitig scharf nachdachte. Der Juwelier hatte gesagt, dass Mondphasenuhren heutzutage schwer zu bekommen waren – schwer, aber nicht unmöglich, und sicherlich war die von Angela Randall gekaufte kein Einzelstück. Durch jahrelange Erfahrung hatte Freya gelernt, dass Zufälle eine größere Rolle im Leben spielen als fast alle anderen Faktoren, und genau darum musste es sich hier handeln – um einen Zufall. Aber sie musste auch eine andere Erklärung zulassen und hatte ebenfalls gelernt, auf ihren Instinkt zu hören, wenn auch ihm nicht immer zu folgen, und diese Lektion war ihr stets zustatten gekommen. Seit seinem Erscheinen auf dem Revier riet ihr Instinkt zur Vorsicht gegenüber Aidan Sharpe.
Sie wandte sich ihm wieder zu. Er saß sehr aufrecht, sehr still, hielt seinen Drink in der Hand und sah sie an, mit einem Lächeln auf den Lippen, aber nicht im Gesicht und mit Sicherheit nicht in den Augen. Seine Hände waren bleich, die Finger lang, die Nägel sauber geschnitten und seltsam blutleer.
»Warum sind Sie nach Lafferton gekommen?« Seine Stimme hatte sich verändert. Er klang amüsiert.
»Aus persönlichen Gründen … Und ich hatte genug von London. In der Met kann es ganz schön heftig zugehen und ziemlich schmutzig.«
»Sie werden vielleicht merken, dass Lafferton keine ländliche Idylle ist.«
»Die will ich auch nicht. Und Sie haben Recht, hier gibt es die üblichen Probleme … frustrierte Jugendliche, Kleinkriminelle, Drogen. Aber die ganze Atmosphäre ist eine Erleichterung nach London.«
»Sie scheinen Beschäftigung gefunden zu haben.«
»Privat, meinen Sie?«
Wieder dieses schwache Lächeln.
»Ich habe ein paar Freunde gewonnen. Anschluss gefunden.«
»Ich kann mir vorstellen, dass die Immobilienpreise eine angenehme Überraschung waren.«
»Himmel, ja. Ich habe für mein Haus um einiges weniger bezahlen müssen, als ich für meines in Ealing bekommen habe. Tut gut, mal Geld auf der Bank zu haben.«
»Ealing? Na, so was! Da habe ich während meiner Ausbildung gewohnt. Kennen Sie die Woodfield Road?«
»Ja.«
»Ich nehme an, Sie haben irgendwo außerhalb Laffertons gekauft … Es gibt so viele hübsche Dörfer in der Umgebung.«
»Nein, in der Altstadt. Ich wollte mittendrin sein.«
»Sie hätten es nicht besser treffen können … Diese Straßen rund um die Kathedrale sind perfekt. Die Apostel?«
»Sanctuary Street.«
»Eine der hübschesten. Lafferton hat aus den Fehlern anderer Orte gelernt. Man hat das Ganze unter Denkmalschutz gestellt, bevor jemand auf die Idee kam, den Dachstuhl auszubauen oder Alufenster einzusetzen. Das war eine gute Investition. Werden Sie bleiben?«
»In der Altstadt?«
»In Lafferton.«
Freya zuckte unverbindlich die Schultern. Aidans Blick hatte ihr Gesicht während des dahinplätschernden Gesprächs nicht ein Mal verlassen.
»Ich würde Ihnen gern einen weiteren Drink bestellen. Wie nennt sich dieses dekorative Etwas?«
»Nein, vielen Dank. Ich fürchte, ich muss gehen.«
»Wirklich?«
Sie konnte seinen Ton nicht deuten. Zweifelnd?
»Papierkram.«
»Wie viele Patienten könnte ich zusätzlich behandeln, wie viel mehr Verbrechen könnten aufgeklärt werden, wenn dieser Papierkram nicht wäre.« Er griff nach der Rechnung, und sie bahnten sich einen Weg durch die Menge zur Kasse. Freya drehte sich um, während sie wartete, bis er bezahlt hatte, und sah über eine Reihe von Köpfen hinweg den von Simon Serrailler, größer als die meisten, blonder als alle. Er hatte sie höchstwahrscheinlich nicht bemerkt.
Aidan Sharpe legte ihr die Hand an den Ellbogen und führte sie hinaus. Sein Griff war fest.
»Vielen herzlichen Dank. Jetzt weiß ich, wie der Embassy Room wirklich ist.«
»Hat es Ihnen Spaß gemacht?«
Aber seiner Stimme war kein Spaß zu entnehmen.
»Viel Spaß.«
Sie drückte auf den Schalter zum Öffnen ihrer Autotüren und stieg rasch ein. Es wurde dunkel, aber die Bar wurde außen von hellem Licht angestrahlt, das die Menschen wie Motten anzog.
Freya schaute in den Rückspiegel, sah Aidan Sharpe regungslos neben seinem dunkelblauen BMW stehen und sie anstarren, ein Starren, das sie noch lange spürte, nachdem sie es nicht mehr sehen konnte.
Zu Hause knipste sie alle Lampen an und schloss die Vorhänge. Im Wohnzimmer war es warm. Sie legte ihre Post und den Aktenkoffer auf den Tisch und goss sich ein Glas Wein ein. Auf dem
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