Hill, Susan
Einzelheiten pädophiler Webseiten derart ab, dass sie sich ausklinkte und stattdessen weiter über Angela Randall nachdachte, sich vornahm, am nächsten Morgen beim Rundfunk anzurufen.
Dem Vortrag folgten Fragen. Freya hatte nichts zu fragen, und die meisten interessierten sich für technische Details. Aber die letzte Frage weckte ihre Aufmerksamkeit, nicht wegen des Inhalts, sondern wegen des Fragestellers, Detective Chief Inspector Simon Serrailler, der das Vorstellungsgespräch mit ihr geführt hatte, aber seit ihrer Ankunft in Lafferton im Urlaub gewesen war. Wieder dachte sie, wie jung er für seinen Rang zu sein schien und wie ungewöhnlich es war, dass er fast nordisch blondes Haar, aber dunkle Augen hatte.
Am Ende des Seminars kam er auf sie zu.
»Schön, dass Sie kommen konnten. Nicht sehr erfreulich, oder?«
»Grausig. Ein- oder zweimal musste ich abschalten, fürchte ich.«
»Wir verlieren Sie also nicht an die neue Einheit?«
»Ähm … nein.«
»Gut. Vielleicht kommen Sie morgen mal in mein Büro, erzählen mir, wie Sie sich eingelebt haben.«
»Mach ich, Sir, vielen Dank. Es gefällt mir sehr gut.«
DCI Serrailler lächelte, wandte sich aber ab, als ihm jemand auf den Arm tippte.
Die Straßen von Bevham waren hell erleuchtet und voller Menschen, die noch letzte Einkäufe machten: eine Kapelle der Heilsarmee spielte Weihnachtslieder, und unter dem riesigen Christbaum auf dem Marktplatz sangen viele mit. »Als ich bei meinen Schafen wacht«, klang es leise durch Freyas Autofenster.
Weihnachten. Familienzusammenkünfte, Heim und Herd … das vorige Weihnachtsfest war das letzte gewesen, das sie und Don gemeinsam verbrachten, fast schweigend, Feindseligkeit und Trübsal zwischen ihnen wie ein stürmisches Meer. Am Nachmittag war sie durch die Straßen von Putney gewandert und froh gewesen, einen indischen Eckladen zu finden, der geöffnet hatte und zwischen dessen voll gepackten, nach Gewürzen riechenden Regalen sie für eine Weile Zuflucht finden konnte. Dieses Jahr hatte sie die Einladung, Weihnachten mit der Familie ihrer Schwester auf deren Farm in Cumbria zu verbringen, freundlich abgelehnt und freute sich darauf, ihre neue Haustür hinter sich zu schließen und allein zu sein, mit etwas Einfachem zu essen, einer guten Flasche Wein, neuen CDs und Romanen und dem Fernseher. Im Rückblick schien ihre kurze Ehe nur aus gegenseitigem Anbrüllen und vorübergehenden bissigen Waffenstillständen bestanden zu haben.
Bei den drei nur langsam umschaltenden Ampeln auf der High Street dachte sie wieder an Angela Randall, während sie die Aladin-Höhle aus buntem Licht, Gold und Silber betrachtete. Wo war sie jetzt, in dieser Minute, in dieser fröhlichen, hektischen, glücklichen Jahreszeit? Freya dachte an das makellose, unpersönliche, fröstelige kleine Haus und die seltsame Stille, die nüchterne Einrichtung, die sterile Atmosphäre; Barn Close 4 hatte den Geruch eines Hauses, in das Liebe, Freundschaft und Lachen nie eingedrungen waren. Und das teure Geschenk in Goldpapier? Das Geschenkkärtchen, Für Dich, mit all meiner hingebungsvollen Liebe, von Mir.
Was der DI auch sagen mochte, Freya Graffham wusste, dass sie diesen Fall nicht auf sich beruhen lassen konnte. Sie wollte ihre Zähne in etwas Eigenes schlagen und ihren Abdruck hinterlassen, das war ihr klar. Aber darum ging es noch am wenigsten.
Sie fuhr aus der Stadt hinaus, über dunkle Straßen, auf Lafferton und ihr Zuhause zu, ihr Kopf voll mit Gedanken an die vermisste Frau und einem tiefen Unbehagen.
10
A ls der blau- und cremefarbene Bus an der Haltestelle am Marktplatz hielt, durchlebte Debbie Parker einen Augenblick totaler Panik, die ihr den Magen zusammenkrampfte und ihr den Schweiß wie ein Band um den Hals ausbrechen ließ.
Täglich fuhren drei Busse von Lafferton nach Starly und Starly Tor. Dieser, um Viertel vor zehn, war der erste, und ihr blieb noch eine Stunde, die sie vor ihrem Termin totschlagen musste. Sie hatte alles sorgfältig geplant. Zunächst einmal würde sie herausfinden, wo genau Davas spiritueller Zufluchtsort lag, und dann irgendwo Kaffee trinken. Wenn danach noch Zeit war, gab es all die kleinen Läden, in denen man stöbern konnte. Starly war nicht viel mehr als ein Dorf, das um den Tor herum entstanden war, doch viele Therapeuten und Heiler hatten sich dort niedergelassen, wie Debbie aus dem Tor Community Newsletter erfahren hatte, der im Bioladen auslag. Tagelang hatte sie darin gelesen und die
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