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Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Saskia Beyer
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es stört mich nicht. Im Gegenteil. Ich fühle mich zart und zerbrechlich wie Liv Tyler als Elfenkönigin. Ein verrücktes Gefühl.
     
Die S-Bahn hält am Savignyplatz. Ein kleines, blondes Mädchen, ganz in Rosa, steigt mit seiner Mutter ein und lächelt Daniel an. Und er lächelt zurück, macht Faxen, und spielt plötzlich verrückt. Die Kleine lacht und auch ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Wie gut er bei kleinen Kindern ankommt. Aber leider bei jungen, sehr schlanken und faltenfreien Müttern nicht minder!
Mein 39-jähriges Gesicht spiegelt sich in der schmutzigen Scheibe, Graffities jagen vorbei, und ich frage mich ernstlich, ob ich nicht nur die elfenfarbene Haut mit den Sommersprossen, sondern auch die Veranlagung zum unschönen Doppelkinn von meiner Oma Else väterlicherseits geerbt habe. Irgendwie werden meine Sommersprossen von Jahr zu Jahr zahlreicher. Und großflächiger. Sind das etwa Altersflecken?!
Was will dieser Kerl von mir ? Mein Selbstbewusstsein ist wieder bei einer schwächlichen fünf angelangt. Was unter anderem an dem miserablen Zustand meines geplagten Gewissens liegen dürfte.
Daniel könnte doch eine Jüngere, länger Gebärfähige haben. Aber nein, er will mir sein Sperma schenken! Und weiß es noch nicht einmal.
„Ich weiß es“, fängt Daniel mit ernster Miene an.
„Du …weißt es?“ Ich bin wirklich schockiert. Befinde ich mich in einem dieser amerikanischen Filme, in denen der Held Gedanken lesen kann?
„Ich weiß es einfach.“
Charlottenburg rast an mir vorbei.
Die Sonne sticht, ich schwitze. Was nur werde ich Tobias sagen? Dass ich bei Jacky war?
Da sie seit Stunden nicht an ihr Handy geht, ernenne ich sie zum perfekten Alibi.
„Ich fühle mich mit dir … wohl, auch wenn wir nicht reden“, sagt er und streicht sich eine störrische Strähne aus dem Gesicht.
Wieder sage ich nichts. Und spüre es. Ich fühle mich auch wohl. Er nimmt meine Hand. Und meine Muskeln, die sie zurückziehen könnten, versagen den Dienst.
Das blonde Mädchen grinst, seine Mutter lächelt.
Die S-Bahn fährt in Wannsee ein.
Ich sterbe vor Hunger. Daniel hält meine leblose Hand und erst jetzt spüre ich meine Finger wieder. Ich bewege sie, als hätte ich Gicht.
     
Gut, dass Berlin so groß ist. Die Wahrscheinlichkeit, hier einem Freund oder Kollegen von Tobias zu begegnen, geht gen Null.
„Hallo Nora, du hier?“
Ich erstarre und drehe mich um.
Glücklicherweise ist es Nino. Mein Eisverkäufer, der Daniel abschätzend mustert. Daniel lächelt ihn an, und sein Charme zaubert sogar italienischen Machos ein Lächeln ins Gesicht. Nino zwinkert mir zu und geht, den Daumen heimlich nach oben haltend, weiter.
Und nach dieser Schrecksekunde geht es mir plötzlich besser. Nino hat mich gesehen, als es mir schlecht ging. So schlecht wie noch nie in meinem Leben. Weil Tobias mir vorgegaukelt hatte, ein rassiger Zuchtbulle zu sein. Ein halbes Jahr lang! Während ich mich gefühlt habe wie eine vertrocknete Erbse, die widerlich schmeckt und nicht einmal fähig ist, sich fortzupflanzen!
Und irgendwie ist der schlechtgewissige Kloß im Magen plötzlich auf die Größe einer kleinen Eiskugel geschrumpft. Und ich hoffe, er wird noch weiter schmelzen.
     
Daniel zaubert Cremes und Törtchen aus seinem Rucksack, und ich falle ausgehungert darüber her. Daniel ist ein begnadeter Koch, und der Hauch Zimt gibt dem Nachtisch tatsächlich eine betörende Note.
Dass ein junger Mann so fantastisch kochen kann, lässt mich einiges vermuten. Entweder, dass er a) früher nie etwas Schmackhaftes zu essen bekommen hat, b) eine richtig tolle Mutter hat, also eine perfekte Schwiegermutter und Omi für mein Kind!, oder c) ein sehr sensibler, kreativer Typ ist.
Ich bete für die nette Schwiegermutter und die Kreativität. Denn Letzteres wäre für unseren gemeinsamen Nachwuchs wirklich von Vorteil, und die Schwiegermutter als Babysitter ist hiermit bereits fest eingeplant.
Meine Mutter als Oma wird ein Totalausfall. Da bin ich mir inzwischen leider sehr sicher. Sie kann mit Kindern, wie ich jetzt weiß, leider ziemlich wenig anfangen. Ich frage mich ernstlich, wie sie wohl früher zu mir war. Und ob ich davon irgendwelche Langzeitschäden davongetragen habe? Ich meine solche, die mir bisher noch nicht bekannt sind?
Tobias` Mutter Hilde ist das genaue Gegenteil. Sie liebt Kinder und wünscht sich nichts sehnlicher als einen Enkel. Auch wenn sie vermutlich nicht gerade viel von ihm haben wird. Sie ist eine Frau mit

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